Die Bahn, der Bund und die Überraschung, die keine ist….

Die Bahn, der Bund und die Überraschung, die keine ist….

Auf Tagesschau.de kann man seit gestern einen „spannenden“ Artikel lesen.

 

Scheller nennt ein Beispiel: „Die durchschnittliche Lebensdauer einer Brücke ist 122 Jahre, und hier fällt natürlich Instandsetzungsaufwand an: Die Tragfähigkeit lässt nach, es müssen Einzelteile erneuert werden.“ Die Bahn muss eine solche Brücke ständig mit kleineren Reparaturen instand halten – auf ihre Kosten. Tut sie das nicht, verfallen Gleise, Weichen und natürlich auch Brücken viel schneller. Wird etwa eine Brücke dann so baufällig, dass nur noch ein Abriss übrig bleibt, ist die Bahn finanziell nicht mehr in der Pflicht – dann zahlt der Bund einen Neubau. Aus Sicht des Bundesrechnungshofpräsidenten ein „systemischer Nachteil“. Die Bahn versuche, möglichst Eigenmittel zu sparen und abzuwarten, bis die großen Bauwerke verschlissen sind oder nicht mehr funktionieren.

Ah ja. Das ist ja eine ganz neue Erkenntnis. So neu, dass einige Politiker schon seit Jahren sich darüber ärgern – ohne das es in Berlin einer wahrhaben will. Witziger Weise habe ich selbst erst am 16.11.2018 in einer Podiumsdiskussion zum Thema Verkehr genau darauf wieder aufmerksam zu machen versucht.

Und noch eine „Überraschung“:

Das Ziel einer Vereinbarung zwischen Bund und Bahn war ursprünglich, den Investitionsstau bei der Infrastruktur abzubauen – also an Gleisen, Weichen oder Brücken. Als die Bahn vor 20 Jahren zur Aktiengesellschaft umgebaut wurde – zu 100 Prozent im Besitz des Bundes – sollte das Unternehmen moderner, schneller und pünktlicher werden.
Aber keines dieser Ziele sei erreicht worden, so Scheller, und darunter leide als erstes die Zuverlässigkeit.

Natürlich ist das so. Wenn ich Infrastruktur privatisiere, geht es auf ein Mal um Gewinn. Wie ziehe ich möglichst viel Geld aus dem Unternehmen während ich möglichst wenig einiges Geld aufwende. Das ist nun mal so im Kapitalismus. Wenn man jetzt Bereiche privatisiert, die per Definition nicht Gewinnoptimierbar sind, ohne das die Allgemeinheit darunter leidet, dann darf man sich auch nicht wundern. Und ja, das gilt für Kommunikation, Medizinische Versorgung und eben den Öffentlichen Personenverkehr gleichermaßen.

Können wir mal aufhören, überrascht zu tun?

„Huch? Die Privatisierung von Krankenhaus A verschlechtert die Pflegestandards im Haus?

„Huch? Die Privatisierung der Telekommunikation hat gar nicht zu flächenddeckend schnellem Internet geführt?“

„Huch? Die Privatisierung des Öffentlichen Personenverkehrs hat gar nicht zu schneller, besser, günstiger geführt?“

Gut, dass gestern Nikolaus war. Denn wer beim Lesen des Artikels wirklich noch geglaubt hat, durch die Privatisierung der Bahn würde sich für deren Kunden was positiv verändern, der glaubt wahrlich noch an den Nikolaus. Und die Kunden sind nicht nur die, die mit der Bahn fahren. Sondern auch die Steuerzahler, die so oder so für die Kosten aufkommen.

Im Modell der Bahn und anderer dann halt für viel höhere Kosten, als es sein müsste.

 

Ein Gedanke zu „Die Bahn, der Bund und die Überraschung, die keine ist….

  1. Eine Idee hinter der Privatisierung ist vom Wettbewerb auch durch bessere Leistung zu profitieren und planwirtschaftliche Ineffizienz zu umgehen. Das kann mit Quasi-Monopolen oder Oligopolen, in denen der Konsument keine freie Wahl der Alternativen hat (oder bestenfalls: „dann fahre ich Auto“) nur schlecht funktionieren, wie von dir beschrieben. Die Regelung über Rahmenverträge oder dann wettbewerbsverzerrende staatliche Beteiligungen deckt kaum mal alles ab.

    Vermutlich spielt da heute aber auch die Marktöffnung hinein? Über Verstaatlichung/begrenzte Privatisierung im Rahmen von EU, CETA, TTIP und Co. zu reden, fällt umso schwerer.

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