Trinkwasser? Überbewertet!

Trinkwasser? Überbewertet!

Es ist schon eine komische Zeit, in der wir Leben.

Wir haben auch in Deutschland erlebt, dass mehrjährige Dürren möglich sind und zu Diskussionen führen, was wichtiger ist: Trinkwasser? Wasser für die Landwirtschaft? Für die Industrie?

Die Schwarz-Gelbe Landesregierung hat sich mit der Überarbeitung des „Landeswassergesetzes“ (LWG) auf den ersten Blick klar entschieden und gibt Trinkwasser den Vorzug:

„Das Gesetz schreibt unter anderem den Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung vor anderen Grundwasser-Nutzungen etwa durch Landwirtschaft oder Getränkeindustrie fest.“ (Quelle: Zeit)

Das ist auf den ersten Blick toll. Auf den Zweiten schon nicht  mehr. Denn Schwarz-Gelb wäre nicht Schwarz-Gelb, wenn man nicht für seine Buddies in der Industrie was in Petto hätte:

Da sind zunächst die Landwirte, seit jeher sehr CDU-nah orientiert. Für die schwächt man den Gewässerschutz.

„So streichen CDU und FDP mit dem neuen Gesetz mehrere Regeln, mit denen beispielsweise Bäche wirkungsvoller vor Düngemitteln und Pestiziden geschützt werden können. Unter anderem kann der schützende Gewässer-Randstreifen künftig nicht mehr von fünf auf zehn Meter verdoppelt werden.“ (Quelle: WDR)

Und dann ist da noch die Kiesindustrie. Die vor allem am Niederrhein ein echtes Problem. Hier wird in großer Menge landwirtschaftliche Nutzfläche vernichtet um Löcher zu graben. In einem solchen Ausmaß, dass sogar schon der Kreis Wesel sich genötigt sieht, dagegen zu klagen:

„Der Kreistag hat am Donnerstagnachmittag mit großer Mehrheit dafür gestimmt, gegen den von der schwarz-gelben Landesregierung im Sommer beschlossenen Landesentwicklungsplan (LEP) zu klagen. Das hatten zuvor schon die Räte in Alpen und Kamp-Lintfort beschlossen. Nur die FDP will den Weg vor die Gerichte nicht mitgehen. Die Klage richtet sich gegen die Ermittlung des Bedarfs an Kies und Sand.“ (Quelle: RP)

Das Problem ist nämlich: Die Kiesindustrie will einen Anspruch darauf haben, dass jeweils für die kommenden 25 Jahre festgelegt wird, wie viel sie wo abbagern darf. Das Kuriose ist: Nicht der Bedarf an Kies gibt das Tempo vor. Sondern das Tempo den Bedarf:

Um so schneller die Kiesindustrie baggert, um so mehr Flächen bekommt sie zur Verfügung – unabhängig vom echten Bedarf.

Zurück bleiben zumeist Baggerseen. Die laufen dann mit Grundwasser voll. Das dann nicht mehr geschützt im Boden liegt, sondern Verdunstung ausgesetzt ist und Verschmutzung durch Eintrag über die Oberfläche.

Bisher war daher in Wasserschutzgebieten die Auskiesung verboten. Nicht mehr, seit es das neue LWG gibt:

„Ebenfalls für heftige Diskussionen sorgt eine Entscheidung zu Kiesabgrabungen in Wasserschutzgebieten. Bislang war dort laut Gesetz die „oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen verboten“. Deshalb erlaubt das schwarz-gelbe Gesetz künftig solche Grabungen grundsätzlich. „Wir bekommen derzeit immer mehr Schreiben aus der Bauwirtschaft, dass das Material knapp wird“ sagte Heinen-Esser zur Begründung.“ (Quelle: WDR)

Im Klartext:

CDU und FDP gefährden massiv das Grundwasser und damit die Trinkwasserversorgung in NRW. Zu Gunsten einer Industrie, die – warum auch immer – selbst bestimmen darf, was und wie viel sie gerne abgraben würde.

Um dem Ganzen jetzt die Krone aufzusetzen, fordert jetzt ausgerechnet die CDU Wesel, deren „Mutter“ wir das Gesetz ja zu verdanken haben, ein „Moratorium“.  Das ist auf den ersten Blick kurios, auf den zweiten nicht:

Die Auskiesung ist Teil des „Landesentwicklungsplanes“. Der muss vom RVR beschlossen werden. Dazu gehört auch eine öffentlichkeitswirksame Diskussion. Deren Eröffnung die CDU und SPD-Fraktionen im RVR zunächst verschoben haben. Die nächste Öffnung wäre im Dezember möglich. (*)

Auch da werden wir sehen, wie die CDU versuchen wird, den Landesentwicklungsplan und damit die Auskiesung und damit die Gefährdung riesiger Mengen Grundwasser, aus der Öffentlichkeit zu haben. Das Ziel ist klar: Bis zur Landtagswahl im Mai soll der Eindruck entstehen, die Union sei gegen ausufernde Auskiesung, die sie mit ihrer eigenen Änderung des LWG erst möglich gemacht hat.

Und ich wette eine Kiste hopfenhaltiger Kaltgetränke, das sofort nach der Landtagswahl, falls die Union in NRW die Regierung weiter anführt, der eigenen Widerstand gegen Ausgrabungen in der Größe und vor allem in Wasserschutzgebieten, sofort zusammenbricht.

Denn was ist schon Trinkwasser, wenn es doch um viel Kies geht.

 

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(*) Zur Klarstellung: ich will auch nicht, dass der LEP verabschiedet wird. Ich will eine neue Landesregierung, gerne Grün-Rot, die die Maßstäbe neu vorgibt, das LWG ändert um den Gewässerschutz zu erhöhen und die Gier der Kiesindustrie in ihre Grenzen verweist.

 

Was bisher geschah:

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