Flaschensammler wegen 1,44€ angeklagt – und eine Frage fehlt

In der SZ ist mal wieder ein Artikel, nach dem einem die Wut den Hals anschwillen lässt:

In München hat die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen jemanden erlassen, der Pfandflaschen aus dem Glascontainer geangelt hat.

Die Staatsanwaltschaft erließ daraufhin Strafbefehle wegen Diebstahls. Der zuständige Richter wies die Strafbefehle aber mit der Begründung ab, dass der Schaden zu gering sei. Nur 1,44 Euro betrug das Pfand und damit der Wert der 18 Glasflaschen. Verloren wäre das Pfand ohnehin gewesen. Niemand sortiert Pfandflaschen aus dem Altglas, vielmehr werden alle gleichfarbigen Gläser gemeinsam eingeschmolzen. Welcher Wert dabei 18 einzelnen Flaschen zukommt, ließe sich nicht klären, entschied das Gericht. Ein äußerst geringer Wert, vermutete jedoch der Richter, und stellte das Verfahren ein.

Quelle: SZ

Jetzt mal losgelöst von der Frage, ob das eine „echte“ Straftat ist oder der Rechtsstaat hier völlig Amok läuft (wie z. B. bei Schwarzfahrern): Bin ich eigentlich wirklich der Einzige, der beim Lesen solcher Nachrichten unablässig folgende Frage im Kopf hat:

Wie kann es sein, dass in einem der reichsten Länder der Erde, in einem Land, dass sich Sozialstaat nennt, Menschen so arm sind, dass sie im Müll der Gesellschaft nach Objekten im Wert von 8 bis 25 Cent wühlen müssen?

Wieso zum Teufel redet da  eigentlich niemand drüber?

 

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(*räusper* Und über die Abschaffung der PET-Flaschen, die ein einziges ökologisches Desaster sind. Das ist aber ein Thema für ein anderes Mal.)

Fucking Amazing :-)

In Australien hat Tesla die größte Batterie der Welt installiert, um das Stromnetz zu stützen – vor allem im Bezug auf Schwankungen im Grünen Strom. Jetzt ist aber was passiert, dass so nicht vorhergesehen war:

Unvorhergesehen ist, praktisch am anderen Ende des Landes, ein wichtiges Kohle-Kraftwerk offline gegangen. Das führte zu massiven Problemen im Stromnetz und das wiederum zu einer interessanten Geschichte: Denn eigentlich gibt es Generatoren, die in so einem Fall anlaufen und das Netz stützen. Tatsächlich aber hat Teslas Batterie diesesn Job übernommen:

What happened next has stunned electricity industry insiders and given food for thought over the near to medium term future of the grid, such was the rapid response of the Tesla big battery to an event that happened nearly 1,000km away.

Even before the Loy Yang A unit had finished tripping, the 100MW/129MWh had responded, injecting 7.3MW into the network to help arrest a slump in frequency that had fallen below 49.80Hertz.

Interessant ist, dass das schneller passierte, als aktuell im Netz messbar:

But in reality, the response from the Tesla big battery was even quicker than that – in milliseconds – but too fast for the AEMO data to record.

Das ist in mehreren Punkten bemerkenswert. Zuerst natürlich, weil mal wieder Tesla und mal wieder Elon Musk was geschafft haben, was angeblich nicht geht. Dann aber auch, weil es ein dermaßen lautes Zeichen ist, dass die herkömmliche Betrachtung von Stromnetzen, insbesondere aber auch die Mega-Kohlekraftwerke, heute eher Problem als Lösung sind.

Ich muss sagen, ich bin immer wieder beeindruckt.

Amazon: Wenn die Maschinen die Kontrolle übernehmen

Ich bin seit 1999 Kunde bei Amazon und erlebe einen sehr spannenden Wandel, der auch irgendwie symptomatisch für vieles andere um mich herum ist. Insbesondere was das Thema einkaufen angeht. Und manchmal bin ich einfach nur erstaunt, so wie heute.

Die Idee war, über das Zweitkonto, dass ich für „berufliche Zwecke“ verwende, einen Drucker zu bestellen. So weit so gut war das auch alles kein Problem. Nur das ich eine Mail bekam mit dem wenig beruhigenden Hinweis

„Ihre Zahlung wurde abgelehnt“

Und im Text dann:

leider können wir Ihre hinterlegte Bankverbindung nicht für die Zahlung dieser Bestellung verwenden. Um Ihre Bestellung weiter bearbeiten zu können, bitten wir Sie, Ihre Zahlungsart für diese Bestellung auf Kreditkarte umzustellen.

Dafuq?*)

Erstens ist das „Firmenkonto“ gut gefüllt und zum anderen will ich meine private Kreditkarte gar nicht verwenden. Also mal die Hotline bemüht.

Dort war man sehr daran interessiert mir klar zu machen, dass das nichts, gar nichts mit meiner Solvenz zu tun habe. Sondern „das System“ würde von Zeit zu Zeit entscheiden einen Zahlungsweg zu wählen, bei dem das Geld schon sicher sei. Das könnte 1 bis 2 Mal passieren, danach wäre wieder alles gut.

Eingreifen, so erklärte mir die Supporterin, könnte man „in das System“ nicht.

Das bemerkenswerte ist, dass eigentlich alles gegen eine solche Maßnahme seitens einer Software sprechen sollte: Von dem Konto ist nie eine Rechnung zurückgebucht worden. Artikel wurden auch nicht zurück geschickt. Und die Liefer-Adresse ist… sagen wir mal unauffällig bis sehr gut, denn sie ist das Rathaus meiner kleinen Stadt.  Es scheint also als Erklärung nur zu greifen, dass die Software hinter Amazon der Meinung ist, dass das alles ZU gut ist um wahr zu sein.

Interessant ist auch, dass man hin nimmt, Kunden die weniger gewohnt sind final zu erschreckenb. Ich meine „Ihre Zahlung wurde abgelehnt“ klingt ja erst mal grauenvoll.

Ebenfalls interessant ist, dass auch die Mitarbeiter volle Kanone auf „das System“ vertrauen. Und nicht ansatzweise hinterfragen was da passiert. Machen wir Kunden übrigens auch nicht, wir fragen auch nicht was zum Teufel die Computer da eigentlich entscheiden und auf Grundlage welcher Daten und ob die Entscheidung richtig ist.

Wir freuen uns nur, das alles so billig ist.

 

 


*) Die Wahrheit ist, dass ich natürlich weiß, warum das passiert ist. Bzw. ich gehe davon aus, dass ich es weiß: Ich habe mich erstmalig mit einem Tablet angemeldet, dass keine Cookies akzeptiert und das VPN hat Amazon vorgetäuscht, ich säße in Osteuropa. Das dürfte letztlich der Grund gewesen sein.

Der selbstverursachte Untergang der dt. Autoindustrie

Im Moment wird ja, vor allem im Schatten des Diesel-Gate, über den Untergang der deutschen Autobauer philosophiert. Und was das alles an Arbeitsplätzen kosten würde!

Tatsächlich muss man sich die Frage stellen, ob ein solcher Untergang nicht nur selbstverschuldet, sondern gesamtgesellschaftlich überfällig ist:

Schönes Beispiel dafür, dass es vielleicht wirklich Zeit für was Neues ist, ist natürlich Tesla. Aber man muss gar nicht über den großen Teich gucken – auch in Deutschland bilden sich neue Unternehmen und manchmal ist das extrem witzig zu beobachten. Denn was denkt Ihr, wer in unserem Land Vorreiter z. B. bei den E-Transportern ist?

Genau. Die Post.

Heute in der Rheinischen Post ist ein Artikel über das Bakery Vehicle One, dass jetzt in Düsseldorf fahrt auf nimmt. Das Fahrzeug an sich kommt von Streetscooter, die heute ein Tochterunternehmen der deutschen Post sind. Und der Bedarf so explodiert, dass die Post im April erst den Bau des zweiten Werks und schon im Juni ein Joint Venture mit Ford bekannt gab.

Was passiert war?

Die deutschen Hersteller waren sich ihrer Marktmacht zu sicher und haben den Bedarf der Logistiker (Paketdienste, Deutsche See, Bäckereiketten etc) einfach ignoriert. Bzw. mit Dieseln beantwortet. Die waren aber nicht gefragt: Zum einen drohen Fahrverbote in Großstädten. Zum anderen aber steigen die Kraftstoffpreise und sinkt das Verständnis der Kunden.

Und was macht man, wenn aus der Entscheidung „To Buy or To Build“ faktisch nur ein „To Build“ wird? Man schaut sich um, findet Unternehmen die sich mit disruptiver Technologie auf den Markt wagen und man macht einfach.

Das gerade VW mit dem sehr beliebten „Bus“ und auch Mercedes hier nach wie vor nix anbietet zeigt, wie wenig marktbezogen hier gehandelt wird. Die jetzt herauskommenden Absprachen und die Betrügereien bei den Dieseln sind da das berühmte Tröpfchen im Fass.

In sofern… kein Mitleid.

Und was die Arbeitsplätze angeht: Überlegt mal wie viele Arbeitsplätze durch Automation zu Grunde gegangen sind. Und das wird so weiter gehen. Statt also am alten Status Quo fest zu halten, sollte man vielleicht neue Jobs in neuen Branchen und Betrieben schaffen. Dafür braucht man keine Dinosaurier.

Der kurze Moment der Hoffnung

Aktuell kann man wieder sehr schön sehen, warum eine GroKo nicht gut für das Land ist:

Vorige Tage noch war ich froh gemut, dass die Bundesregierung die Zeichen der Zeit erkannt hat und eine Verkehrswende einleitet. Genährt hat diese Hoffnung eine Studie des Bundes(!)umweltministeriums, nach der ein Großteil der Menschen in Deutschland sich eine andere, als die PKW-zentrierte, Verkehrspolitik wünscht.

Aber nichts währt ewig und schon heute macht die SZ jede Hoffnung zu nichte:

Noch im November hatte der zuständige Staatssekretär im Verkehrsministerium, Enak Ferlemann, unter Verweis auf die steigenden Nutzerzahlen im Nahverkehr auch höhere GVFG-Zahlungen in Aussicht gestellt. Der Betrag von derzeit etwa 330 Millionen Euro, den der Bund jährlich für Großprojekte im Rahmen des GVFG zur Verfügung stellt, solle aufgestockt werden. Inoffiziell war die Rede von 70 Millionen Euro mehr. Keine Riesensumme und trotzdem eine fast historische Zäsur in der deutschen Verkehrspolitik: Denn seit 1997 hat der Bund diese Zahlungen für den Nahverkehr nicht erhöht. (…)

Doch nun wird klar: Die Wende bleibt aus. Berlin wird die Mittel nun doch nicht erhöhen. Die Bundesregierung friert die Mittel stattdessen sogar auf Jahre hin ein. Aus dem Paket von Grundgesetzänderungen, das die Regierung zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen vorgelegt hat, geht hervor, dass die Mittel bis 2025 nicht erhöht werden können. Dort ist die Förderhöhe von 332 Millionen Euro festgeschrieben. Änderungen sind erst in acht Jahren möglich. Dann könnte die Zahlung sogar ganz eingestellt werden.

Da möchte man sich Haare raufen und laut schreiend im Kreis laufen. Denn das passt ja hervorragend dazu, dass der Bund weiter nur Mittel in homöopathischen Dosen für die Fahrradinfrastruktur zur Verfügung stellen möchte:

Autobahnen dagegen kosten, wenn man Statista glauben will, mal eben locker 10 Millionen Euro pro km.  Das wäre bei einem angenommenen Mittelwert von 1 Million Euro pro km Radschnellweg das 10-Fache.

Das ist auch der Grund, warum ich nur von guten Nachrichtchen sprechen möchte. Denn nach der Logik würde ja bei 25 Millionen für Radschnellwege 250 Millionen für Autobahnen geplant sein. Wenn man davon ausgeht, dass der Bund den Radverkehr wirklich ernsthaft als Alternative zum Autofahren aufwerten will.

Irgendwie beschleicht mich dieses „das kann doch alles nicht wahr sein“-Gefühl. Denn es ist doch mittlerweile unübersehbar, dass die Menschen in Deutschland das Auto nicht mehr als Mittelpunkt des Lebens und der Fortbewegung sehen:

Der Führerschein verliert bei jungen Menschen immer mehr an Bedeutung. Experten gehen davon aus, dass die Zahl der Fahrschüler in den kommenden Jahren deutlich einbrechen wird. Gründe dafür sind die demografische Entwicklung, ein gutes Mobilitätsangebot in den Städten und der Attraktivitätsverlust des Autos als Statussymbol.

Man ist geneigt, der Bundespolitik hier eine böse, besser: autofixierte, Absicht zu unterstellen. Anders kann man eigentlich nicht mehr erklären, warum die Vorschläge aus Berlin immer wieder die eigentlich guten Ansätze einer Verkehrswende ad absurdum führen – und damit das Auto weiter pushen.

Does Not Compute

Als ich ein kleiner Junge war und zur Schule ging, da lernte ich mal das Bäume CO2 aufnehmen und Sauerstoff abgeben. Ich lernte auch, dass Bäume und Pflanzen „nebenbei“ auch noch das eine oder andere mehr aus der Luft filtern. Und ich Begriff Baum -> gute Luft -> glücklicher Stefan. Vermutlich war ich deswegen so gerne im Wald.

Und heute?

Da reden wir über die schlechte Luft in Stuttgart und wollen Fahrverbote. Und holzen Bäume ab. Und in der „Grünen Hauptstadt“ werden künstliche Moosfelder angelegt. Für bessere Luft.

Ich höre nur niemanden sagen: Ey kommt, lasst uns Parkplätze zu Grünflächen machen. Bäume pflanzen, die uns mit guter Luft und Sauerstoff versorgen, die im Sommer Schatten geben und die Kinder im Herbst mit buntem Laub erfreuen.

Irgendwie kriege ich das nicht in meinen Birne. Da stimmt doch was nicht.

Verkehrspolitik auf dem rechten Weg?

Gestern hatte ich noch im Nachbarblog über die Entwicklungen im Radverkehr in NRW und Kontext Deutschland berichtet. Heute mache ich das Internet auf und finde zahlreiche weitere Nachrichten die darauf hindeuten, dass sich in Deutschland was  ändert:

Die Grünen in NRW fordern ein „NRW-Ticket“, dass endlich das Tarifchaos auflöst. Ich bin ja schon froh, dass es zwischen Voerde und Dinslaken keine „Grenze“ mehr gibt – die Älteren werden sich erinnern. Diese Grenzen gibt es aber ja z. B. zwischen VRR und VRS – wer nach Köln will, weiß wovon ich rede.

Der Vorschlag der NRW-Grünen ist jetzt ein Jahresabo für ganz NRW für 730Euro im Jahr. Das wäre eine gute Ergänzung zur Bahncard 100 und würde sicherlich dazu führen, dass mehr Menschen auch z. B. zwischen Duisburg oder Düsseldorf nach Köln pendeln. Die Züge sind da, die Hemmschwellen noch zu hoch.

Tatsache ist aber, dass es hochgradig sinnvoll ist, den Verkehr weiter zu vernetzen. Dazu muss man sich nur mal vor Augen halten, wie wenige wir zum Beispiel unsere Autos eigentlich nutzen. Wir legen 5-stellige Beträge auf den Tisch und dann stehen diese Luxusobjekte fast 95%(!) ihrer Zeit nutzlos rum. Nutzlos, aber nicht ohne Wirkung, denn wenn man sich mal die großen Städte anschaut, sieht man den enormen Flächenbedarf.

Die Zeit analysiert das wunderschön und listet mal auf, warum das so ist: Die Durchschnittsgeschwindigkeit ist auf 20 km/h gesunken, was viele sogar zum Umstieg auf das Rad bewegt. Daneben stellen die Autos freie Flächen zu, die anderweitig genutzt werden könnten. Und fahren sie, verursachen sie Lärm und Abgas.

Wobei fahren ja relativ ist. Ein „schönes“ Beispiel dafür, dass wir den Verkehrsinfarkt nicht erwarten sondern erleben, findet man in Münster und auf der A1:

In Münster sorgte eine harmlose Straßensperrung für ein völliges Chaos und ein komplettes Erliegen des Verkehrs. Nichts ging mir. Ebenso gestern auf der A1, wo nach einem Unfall 2000 Menschen auf der Autobahn fest saßen. Ohne Fluchtmöglichkeit.

Und es sind interessante Zeiten, wenn jetzt schon die Bayern fast neidisch nach NRW schauen: Im Umland von München  plant man gerade einen oder mehrere Radschnellwege. Die SZ kann nicht ganz aus ihrer Haut und leistet sich ein paar Schnitzer, wie die Behauptung normale Radwege wären 2,50m breit oder sehr teuer – ersters ist die Breite von Straßen, letzteres stimmt nicht wenn man die Kosten pro KM für Radwege und Straßen vergleicht.

Aber sieht man davon mal ab, macht auch dieser Artikel sehr deutlich: Es geht nicht mehr, Städte für Autos und um Autos herum zu planen. Das Auto muss ein Verkehrsmittel sein, dass ich bewußt nutze, wenn es keine Alternative gibt. Für alles andere braucht es dringend intelligente vernetzte Konzepte, die es den Städten erlauben wieder zu atmen.

Früher war mehr Lametta!

Das mit dem Früher ist so eine Sache. War da alles Besser? Schlechter? Oder war es nur anders?

Aktuell schwappt, vor allem durch die sozialen Netze, eine Welle des „Früher war alles besser“. Und ich bin manchmal geneigt, dem zuzustimmen. Denn in meiner „Erinnerung“ gab es schon Dinge, die früher besser waren: Wenn man als Kind aus der Schule kam (mittags!) war ein Elternteil daheim und hat für gutes Essen und die Hausaufgaben gesorgt. Das Haus und das Auto waren abbezahlt und Konsumkredite gab es kaum. Der Sommer war schön, der Winter war kalt und überhaupt: Viel mehr Lametta.

Die WAZ hat sich in einem Artikel diesem Phänomen mal angenommen. Und in der Tat: Früher, da war auch die RAF. Und andere Terroranschläge. Früher, da war auch deutlich mehr Umweltverschmutzung – schnuppert alleine mal, wenn ein Auto mit H-Kennzeichen in der Nähe ist. Außerdem war früher kalter Krieg und die unmittelbare Bedrohung durch einen Atomkrieg.

Wenn man sich dieses Phänomen mal mit Google ansieht, landet man schnell bei einem Artikel des Spiegels aus letztem Jahr: Demnach neigen wir dazu, positive Empfindungen tiefer und besser ins Hirn zu brennen, als die negativen. Dabei bleiben vor allem die Erfahrungen aus jungen Jahren besonders präsent und mit zunehmendem Alter wird man verklärter.

Es ist faszinierend, wie das eigene Gehirn einem hier einen Streich spielt.

Und man am Ende da sitzt und sich denkt: Ja stimmt. Früher war nicht alles besser. Aber was ist mit den Dingen bei denen man sich sicher war, wie z. B. das bei Familien nur ein Elternteil arbeitete und ausreichend Geld verdiente? Der Artikel der WAZ suggeriert, dass das nicht so war (Preis- und Einkommensentwicklung). Auf der anderen Seite weiß man aber doch….

Jetzt bin ich verwirrt.

Verkehrsfragen

Die ganze Diskussion um Diesel-Fahrverbote geht mir auf die Nüsse. Denn was wir hier erleben ist eine erneute Subvention (nach Abwrackrpämie und E-Prämie) für die Automobilindustrie. Wäre es nicht so, würden wir nicht über lokale Fahrverbote sprechen, sondern über die Ursachen und die auch mal in einen globalen Kontext setzen.

Man müsste ja zum Beispiel mal über den immensen Ausstoß von Schadstoffen durch Fracht- und Personenschifffahrt reden. Machen wir aber nicht, wir tun so als würde der Dreck nicht durch das Klima weltweit verteilt.

Wir könnten natürlich statt Verboten auch mal differenzierter denken. Dazu sind mir ein paar Gedankenfetzen durch den Kopf gegangen, die meiner Meinung nach auf der Hand liegen und trotzdem kaum öffentlich diskutiert werden:

  • Diesel werden schon höher besteuert. Aber wieso ist, trotz des Minderverbrauchs, Diesel nach wie vor auch für Privat-PKW so billig? Warum nicht die Ökosteuer auf Diesel so erhöhen, dass der Liter das Gleiche kostet wie super? Das wäre nur fair.
  • Wieso „dürfen“ Taxi eigentlich stundenlang mit eingeschaltetem Motor auf Fahrgäste warten? Das sind i. d. R. Diesel und wer mal schlechte Luft erleben will, der schau sich Abends mal die Taxi-Parkplätze an den Hauptbahnhöfen an. Warum ist da keine (vom Fahrer nicht deaktivierbare) Start-Stopp-Automatik Pflicht? Hat mal jemand ausgerechnet, wie viel weniger Schadstoffe in den Innenstädten wären?
  • Seit es für die Post billiger ist, weniger Zustellkräfte mit Diesel-VW-Bussen fahren zu lassen als mehr mit dem Rad, erlebt man ein Trauerspiel. „Mein“ Postbote z. B. fährt erst die eine Seite der Straße ab – von Haus zu Haus und mit im Stand laufenden Motor, dann die andere. Er bringt aber nur die Post, für Pakete schickt DHL ein zweites Auto. Warum zum Teufel ist das erlaubt? Und der langsame Umstieg auf E-Autos bei der Post ist ökonomisch getrieben und könnte durch höhere Kosten (Treibstoff!) deutlich angetrieben werden.
  • Warum ist Parken in Städten eigentlich so billig? Der Flächenverbrauch als „Lagerfläche“ müsste deutlich teurer sein und einen „Innenstadtaufschlag“ enthalten. Der dürfte auch bei Parkhäusern in der Innenstadt fällig werden. Damit müssen Maßnahmen finanziert werden, die Städte wieder Grün machen und Autofahren (bzw. das Abstellen in den Städten) deutlich unattraktiver machen.
  • Warum gibt es eigentlich keine Verkehrsplanung die vorsieht, dass Touristen das Auto am Rande der Stadt abstellen und dort ein (deutlich billiger als in der Citiy) Parkticket erwerben, dass zugleich als Ticket für den ÖPNV in die Stadt dient?
  • Warum gibt es eigentlich keine Stadtplanung, die einen Innenstadtmaut vorsieht? Gestaffelt nach Treibstoffart und Dreckausstoß? Und kommt mir nicht mit das geht nicht, selbst London hat das hinbekommen.

Insgesamt bin ich immer deprimiert, wenn wir über Fahrverbote und faktische Wertvernichtung reden. Als wenn ein PKW-Neukauf ökoloigisch sinnvoller wäre, als ein gutes Auto weiter zu fahren – aber weniger zu nutzen.

Und wieso reden wir immer noch nicht über Verkehrskonzepte, die ÖPNV & Fahrrad priorisieren und den durch weniger PKW-Stellflächen freien Raum für mehr Bäume (die Garanten für bessere Luft!) nutzen?

Die ganze aktuelle Diskussion um „Fahrverbote in Innenstädten“ ist dermaßen verlogen und sinnlos, dass ich mich frage, wo eigentlich die Protestwelle bleibt?

Und nur für den Fall das wieder die Mär von der Bedeutung der PKW-Industrie für den Arbeitsmarkt aufkommt: Im Fahrradbereich arbeiten bereits heute mehr Menschen in Deutschland, als im PKW-Bereich.

2017, Hetero, Homo, AFD

Habt Ihr auch gehofft, dass 2017 endlich das Jahr wird, in dem auch der (die) letzte aufhört darüber zu diskutieren ob Mann und Frau richtiger ist als Mann und Mann oder Frau und Frau?

Das darf natürlich nicht sein. Und so treten die gewohnten Tugendwächter wieder in Erscheinung, allen voran Beatrix von Storch, die auf Twitter verlauten lässt:

Und der Anlass des Ganzen? Ein Werbespot der Telekom für die „Familienkarte“, die das Unternehmen eben für alle Formen der Familie öffnet: Ob per Heirat, Vertrag oder einfach aus dem Gefühl heraus.

Die Telekom macht da vieles richtig. Die AFD dagegen zeigt mal wieder ihr wahres Gesicht. Schöner Kommentar dazu auch auf Queer.de.

Viel Spaß mit Stromio: Wie man seine Kunden vergrault

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Ich war (bin noch wenige Tage) Stromkunde bei Stromio, wo ich einen Ökostrom-Tarif hatte (habe). Das ich Stromio verlasse, ist ein in meinen Augen typischer Beispielvorgang dafür, wie wenig Unternehmen heute auf ihre Kunden wert legen.

  1. Akt:

Stromio hat mir einen Brief geschrieben, dass man leider, leider die Strompreise erhöhen müsse. Der Grundpreis sei 143,29€ im Jahr und die Kilowattstunde würde 33 Cent kosten. Das fand ich relativ teuer und ein kurzer Check der üblichen Vergleichsportale ergab: das ist teuer. Aber: Stromio weist ordentlich auf das entstehende Sonderkündigungsrecht hin.

2. Akt:

Ich habe bei Stromio angerufen und mein Leid geklagt. Die Antwort war überraschend: Ja, für Bestandskunden gäbe es ein Alternativangebot: Der Grundpreis wäre dann 84,43€ und die Kilowattstunde 22,84 Cent. An der Stelle fühle ich mich schon mal extrem verarscht: Warum bietet Stromio das nicht direkt bei der Preiserhöhung an, sondern schreibt erst mal nur den deutlich höheren neuen Preis in ihr Schreiben? Hofft man einfach darauf, dass die Kunden das schon irgendwie laufen lassen würden? Und trotzdem: bei dem bei uns angenommenen jährlichen Stromverbrauch viel zu teuer.

Zwischenfazit

Wenn ich mich von einem Unternehmen auf den Arm genommen fühle, fällt mir die Trennung relativ leicht. Wenn man in dem Schreiben gesagt hätte, „ihr Tarif verteuert sich… wir bieten ihnen an, in folgenden Tarif zu wechseln“ hätte ich vielleicht gar nicht so sehr auf den Preis geschaut – denn eigentlich war ich mit den Leistungen und der Kommunkation bisher zufrieden. Spätestens nach dem Telefonat war aber klar: Selbst wenn Stromios Angebot konkurenzfähig gewesen wäre: Ich hätte gekündigt.

3. Akt

Man kann aber auf alles noch einen drauf setzen: Bei allen seit Oktober 2016 über das Internet geschlossenen Verträgen muss der Anbieter auf die Kündigung über das Internet akzeptieren. Mein Vertrag ist älter, also habe ich mal geschaut was passiert, wenn ich das Schreiben (mit Unterschrift) als PDF an Stromio sende. Natürlich ist das Original auf dem Postweg, ich ahnte ja was kommt. Und richtig:

Mit Bedauern haben wir Ihren Kündigungswunsch erhalten.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Ihre Kündigung per E-Mail nicht anerkennen können. Gemäß den für Sie gültigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen bedarf eine Kündigung des Liefervertrages der Schriftform. Eine Kündigung in Textform (beispielsweise Computerfax, E-Mail, SMS) ist nicht ausreichend. Ihre Kündigung senden Sie uns daher bitte per Brief mit Unterschrift des Vertragspartners zu.

Ich halte das für rechtlich nicht haltbar, denn meine Unterschrift war in dem PDF. Ist mir aber egal, ich streite mich nicht. Ich ziehe ein…

Fazit

Offensichtlich hat man es bei Stromio nicht nötig die Kunden ernst zu nehmen oder auch nur auf Augenhöhe zu behandeln. Statt einen Kundenservice zu bieten, bei dem man sich ernst genommen fühlt, bekommt man erst auf explizite Nachfrage ein vernünftiges Angebot. Und die Kündigung per PDF nicht akzeptieren zu wollen ist auch für sich schon ein starkes Stück. Andersherum fällt einem das Abschied nehmen so natürlich ein ganzes Stück leichter. Und andere Anbieter haben auch schöne Ökostrom-Angebote.
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Warum eigentlich Lügenpresse? Vielleicht darum?

Heute wehrt sich die Presse ja mit allen Mitteln gegen den Vorwurf der Lügenpresse. Man möchte den Status der 4. Gewalt behalten und als Korrektiv wahrgenommen werden.

Und vielleicht sollten dann alle Organe der Presse bei sich selbst mal anfangen und überlegen, ob sie nicht lieber Recherchieren und neutrales Berichten als Priorität betrachten, denn Klicks.

Ein schönes Beispiel dafür gibt es gerade im Umfeld des Flughafen Weeze. Hier wurden die Anteile des Kreises Wesel und des Kreises Rees in eine stille Gesellschaft überführt. Ich bin dagegen, aber aus anderen Gründen als die meisten. Von denen viele ihr Wissen wohl aus der Presse ziehen.

Zum Beispiel aus dem „Kurier am Sonntag„, nach eigener Beschreibung satirisch, kritisch, kontrovers. Und man kann nur hoffen, dass der verlinkte Artikel Satire ist.

Es beginnt bei der reißerischen Überschrift:

„Kreistag stimmt Entmachtung zu: 24 Millionen für stille Gesellschaft“

Der Autor will uns damit zwei Dinge sagen: erstens hat der Kreis offensichtlich in der stillen Gesellschaft nichts zu sagen und zweitens zahlt er dafür 24 Millionen. Mal angenommen, dass ist keine Satire: Hätte er doch wenigstes mal in die Wikipedia geschaut!

Die Einführung ist dann diese:

„Kurz vor Weihnachten macht der Kreistag dem Flughafen Weeze wie erwartet ein 24 Millionen Euro Geschenk: Mit großer Mehrheit beschloss der Kreistag in nicht-öffentlicher Sitzung am Donnerstag, seine dem Flughafen einst gewährten Kredite in  Höhe von 24 Millionen Euro in eine so genannte „stille Gesellschaft“ zu überführen. Die Gemeinde Weeze wird es dem Kreis gleich tun und dem Flughafen gewährten Kredite in Höhe von 2,8 Millionen Euro in diese Gesellschaft überführen.“

Jetzt könnte man sich natürlich mit dem Wesen einer stillen Gesellschaft und dem Unterschied zwischen Eigenkapital (durch die Gesellschafter) und Fremdkapital (Kredite) beschäftigen. Und so Kleinigkeiten wie Zinsen beim Kredit und Anspruch auf den Gewinn beim Eigenkapital. Aber das wäre vermutlich zu komplex.

Auch das ein Gesellschafter immer Rechte hat, ein Kreditgeber aber nur das auf Rückzahlung und Zinsen ist wohl eher zu hoch.

„Eine stille Gesellschaft entspricht nicht einem Gesellschaftsverhältnis, sondern ist eher eine Form des Schuldverhältnisses.“

Dieser Satz steht übrigens 1:1 in der Wikipedia 😉

Die genauen Vereinbarung zwischen Kreis, Weeze und Flughafen bleiben geheim. In der Regel ist es so, dass eine stille Gesellschaft an Verlusten oder am Gewinn beteiligt ist, nicht aber am Vermögen.

Dieser Satz ist so geil, weil er einen so falschen Eindruck erweckt, wie nur eben möglich. Denn natürlich ist das Wesentliche die Gewinnbeteiligung. Und das mit den Verlusten kann vertraglich ausgeschlossen werden. Wikipedia beschreibt das so:

Die Rechte und Pflichten des stillen Gesellschafters beschränken sich ausschließlich auf das Innenverhältnis. Der stille Gesellschafter nimmt am Verlust bis zur Höhe seiner Einlage teil (§ 232 Abs. 2 HGB). Oft wird die Verlustbeteiligung im Gesellschaftsvertrag aber ausgeschlossen (§ 231 HGB). Die Einlage kann gemäß § 706 Abs. 3 BGB entweder in Geld oder auch in Sach- oder Dienstleistungen bestehen. Für die Überlassung der Einlage erhält er üblicherweise eine Beteiligung am Gewinn.

Der wesentliche Unterschied ist folgender:

Bin ich Kreditgeber, habe ich das Ausfallrisiko, dass ich in die Zinsen einpreise. Wenn es dem Unternehmen aber gut geht und es Gewinne schreibt, habe ich da gar nix von. Wenn ich aber (stiller) Gesellschafter bin, nehme ich am Erfolg des Unternehmens teil. Vereinfacht kann man sagen, dass man Kreditgeber ist, wenn man eine sichere Rückzahlung im Auge hat und stiller Gesellschafter wird man, wenn man vom unternehmerischen Erfolg ausgeht und mehr Gewinnanteile bekommen würde, als Zinsen.

Die stille Gesellschaft ist nicht im Handelsregister eingetragen und auch nicht zu Veröffentlichungen verpflichtet. Das bedeutet, dass der Steuerzahler, um dessen Geld es hier geht, nun völlig von der Information abgeschnitten ist.

Das Eine hat mit dem anderen mal  wieder gar nix zu tun. Denn das ein stiller Gesellschafter nicht zur Veröffentlichung nach Handelsrecht verpflichtet ist, bedeutet nicht, dass die Kreise als Gesellschafter nicht sehr tiefe und sehr genaue Einblicke haben, wie es dem Unternehmen geht. In Wahrheit hat man hier sogar mehr Kontrolle, als bei einem Darlehen, bei dem man letztlich nur die „Kredittragfähigkeit“ auf Grund der Jahresabschlüsse (und einiger Papiere mehr) bewertet. Der Artikel verdreht also die Tatsachen exakt.

Der ganze Artikel hat nur einen einzigen Zweck: Die Menschen aufzuwiegeln, dass „die da oben“ mit ihren Steuergeldern wieder mal machen, was sie wollen. Dabei wird auch nicht davor zurück geschreckt, die Realität einfach mal ins Gegenteil zu verkehren. Vielleicht unter dem Motto: Satire darf alles.

Die Kommentare, schon der Erste, lassen aber nicht vermuten, dass der Artikel als „Satire“ wahrgenommen wird.

#1 Jens-Uwe Habedank 09.12.2016 19:23
Was, und wieviel bekommen a) Kreisverwaltungsführung b) Fraktionen/ Kreistagsmitglieder und c) evtl. Sonstige Personen/ Gesellschaften für diesen Raub am Volk..?

Den „Raub am Volk“ politisch zu bewerten überlasse ich jetzt Euch.

Und ewig lockt die Kohle… äh das Atom

Jetzt ist es amtlich:

Das Bundesverfassungsgericht hat E.ON und Co heute grundsätzlich einen Anspruch auf Schadenersatz zugesprochen. Dieser erwächst aus der erzwungenen Abschaltung der AKW nach Fukushima.

Das Urteil ist nicht überraschend um im Grunde richtig. Denn wenn wir mal vom Atom weg gehen: Wie wäre es wenn die GroKo heute spontan VW verbieten würde Autos zu bauen oder Thyssen Stahl zu produzieren?

Der eigentliche Skandal ist auch nicht das dilettantische Vorgehen von Merkel, die Atomkraft erst als sicher gepriesen hat und dann nach Fukushima spontan umgeschwenkt ist.

Der Skandal an sich ist die schon damals viel zu lange geplante Restlaufzeit und die Milliarden, die man als Subventionen und Förderung in Atomkraft gesteckt hat. Der Skandal ist, wie lange sich die Bundesregierung, hier vor allem CDU und CSU in verschiedenen Konstellationen, gedacht hat, es würde schon alles gut gehen.

Die Rechnung bezahlen wir jetzt. Durch die Kontamination von Fukushima genauso wie durch die Steuermilliarden, die jetzt sterbenden Energieriesen zu Gute kommen. Als Ergebnis einer völlig gestrigen Politik.

Aber, man muss ja auch das Positive sehen:

An den Börsen zogen die Aktienkurse der drei Konzerne deutlich an.

Na dann ist ja alles gut.

Wenn Jobs nicht die Lösung – sondern das Problem sind.

Wenn Ihr mich kennt, wißt Ihr, dass ich zwei Dinge propagiere:

  1. Die Zeit der Vollbeschäftigung ist vorbei: Angenommen es gibt keinen neuen Weltkrieg, der einen großen Teil der Menschheit ausrottet und unsere Güter und Dienste zerstört. Dann wird es nie wieder Vollbeschäftigung geben. Im Gegegenteil: Würden wir das Potential der Automatisierung ausnutzen und auch noch all die „künstlichen“ Jobs löschen, ein Großteil der Menschen wäre arbeitlos. Daraus folgt:
  2. Wir müssen uns dringend darüber unterhalten, wie Gesellschaft in Zukunft funktioniert. Hint: Die Teilhabe an der Gesellschaft darf nicht mehr über Erwerbstätigkeit definiert werden. Statt Arbeitslose als „Schmarotzer des Sozialsystems“ zu betrachten, die „wir“ irgendwie durchfüttern, müssen die Gewinne aus der Automatiosation und aus der Wertschöpfung so verteilt werden, dass alle genug haben. Und die die noch arbeiten gehen, eben etwas mehr. Ja, das geht stark in Richtung Bedingungsloses Grundeinkommen.

Bei Fefe bin ich jetzt auf einen extrem guten Essay gestoßen: What if jobs are not the solution but the problem?

 Work means everything to us Americans. For centuries – since, say, 1650 – we’ve believed that it builds character (punctuality, initiative, honesty, self-discipline, and so forth). We’ve also believed that the market in labour, where we go to find work, has been relatively efficient in allocating opportunities and incomes. And we’ve believed that, even if it sucks, a job gives meaning, purpose and structure to our everyday lives – at any rate, we’re pretty sure that it gets us out of bed, pays the bills, makes us feel responsible, and keeps us away from daytime TV.

These beliefs are no longer plausible. In fact, they’ve become ridiculous, because there’s not enough work to go around, and what there is of it won’t pay the bills – unless of course you’ve landed a job as a drug dealer or a Wall Street banker, becoming a gangster either way. (continue)

Wenn Ihr des Englischen mächtig seid und etwas Zeit habt: Dringende Leseempfehlung!

Oettinger, der Binnenmarkt und die Frage warum niemand Politiker mag

Unser EU-Oettinger ist für mich ja der Prototyp des Politikers, den niemand mag. Mehrfach hatte er ja schon die Ehre, hier im Blog zu Gast zu sein und nie mit guten Nachrichten oder auch nur einer einzigen Kundenfreundlichen Aktion.

Jetzt hat Tilo Jung ihn mal zum EU-Binnenmarkt in Sachen Roaming und vor allem Gebühren befragt. Hintergrund ist, dass die EU Roaming ja eigentlich nur als Alibi abschafft, damit niemand fragt, warum man sich z. B. als Deutscher nicht im europäischen Ausland eine billige SIM-Karte holen kann.

 

Das was Oettinger da von sich gibt ist Ausdruck einer Politik die sicher nicht dazu führen wird, dass junge und netzaffine Menschen die EU plötzlich toll finden. Es ist eher Ausdruck der Verachtung gegenüber den Bürgern und dem Buckeln vor der Industrie. Oder wie Fefe sagt:

Der Grund, wieso bei uns Mobiltelefonie teuer ist, ist nicht zu viel Regulierung, sondern eher dass Vater Staat bei den Frequenzen Blut leckte und Versteigerungen machte, um seine maroden Finanzen zu sanieren, und damit die Telcos auf Jahre zu hohen Gebühren zwang, um den Schuldenberg zurückzuzahlen. Und wenn man sich einmal an Gebühren gewöhnt hat, dann schafft man die auch nie wieder ab.