Sauerlands Abwahl: Sieg der Demokratie und ein Problem für Merkel…

Gut 1,5 Jahre nach der Loveparade haben heute die Bürger Duisburgs ihren Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) mit Schimpf und Schande aus der Stadt gejagt. Trotz hoher Hürden haben fast doppelt so viele Menschen für seinen Abgang gestimmt, wie ihn damals gewählt haben.

Überraschend ist das nicht.

Ich war damals aktiv im Wahlkampf gegen ihn unterwegs und habe sehr gehofft, dass er nicht wiedergewählt wird. Ich hielt ihn für einen charakterlosen Blender, dem es in erster Linie um sein Dasein als „Sonnenkönig“ ging. Doch er wurde wiedergewählt und ich musste das als Demokrat akzeptieren.

Damals übrigens trat Sauerland unter anderem mit Merkel auf. Noch im August 2009 präsentierte sie sich stolz mit Adolf auf der Bühne:

 

 

„Wir haben die Kraft“. Damals eine süffisante Anspielung auf Hannelore Kraft von der SPD, nehme ich an. Ob Merkel sich heute auch noch so für Sauerland in die Bresche werfen würde? Eher nicht.

Sauerland ist eine tragische Figur: So lange alles lief und alle ihn als guten Kumpel in Duisburg wahrnahmen, stimmte sein Weltbild. Doch heute sieht das anders aus, denn an allen Ecken und Enden wird gegen ihn ermittelt, verabschieden sich Weggefährten, verliert er seine Unterstützung. Und das alles seit der Loveparade im Juli 2010.

Das es so kommen musste ist zu erwarten gewesen. Denn das eigentliche politische Problem war ja der Umgang von Adolf mit der Tragödie von Duisburg. Seiner gedankenlosen Beschuldigung der Opfer, wie auch sein nachhaltiges Ablehnen einer jeden Verantwortung. Ich gebe zu, als die Pressekonferenz am 25. Juli 2010 statt fand und ich mit Fritz Pleitgen und anderen ihm unmittelbar gegenüber saß, da wurde aus meiner Abneigung erst Wut und letztlich Hass.

Das Foto muss so gegen halb 12 entstanden sein. Es war der Tag 1 eines Vorgangs der in der Geschichte der bundesdeutschen Politik einmalig ist, denn noch nie zuvor hat ein Politiker im Anschluss fester an seinem Stuhl geklebt als Adolf Sauerland. Und noch nie hat ein Politiker überall die Verantwortung gesehen, nur nicht bei sich. Die Folgen sind hinlänglich bekannt und wurden breit in der Presse diskutiert. Von den Mitarbeitern, die er vorschickte statt zu schützen bis zur total Lähmung der Stadt. Damals habe ich für mich beschlossen, mein politisches Engagement in Duisburg zurück zu fahren – schon weil ich nicht hätte sachlich bleiben oder gar argumentieren können.

Für viele Menschen – und auch mich – begann an diesem Tag 1 eine schwere Phase. Nicht nur mussten wir lernen mit unseren eigenen Gedanken und Erfahrungen umzugehen, vielmehr mussten wir auch begreifen lernen, wie weit ein Politiker aus Machtverliebtheit zu gehen bereit sein kann.

Heute nun haben fast 130.000 Menschen in Duisburg ein Kreuz für den Neuanfang gemacht. Das sind, wenn ich mich recht erinnere, doppelt so viele wie die, die ihn damals gewählt haben. Und bei ungefähr 40% Wahlbeteilgung kann man nur staunen und vor den Duisburgern den Hut ziehen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt haben ihre Politikverdrossenheit abgelegt und sind aufgestanden und haben für einen Neuanfang in Duisburg gestimmt.

Für die CDU brechen schwere Zeiten an. Denn Sauerland war der letzte konservative OB im Ruhrgebiet. Und die Abwahl des OB wird auch andere Themen wieder in den Fokus rücken, so z. B. die Frage ob man nicht auch den Bundespräsidenten abwählen kann.

Die Abwahl von Sauerland ist nicht nur ein Fanal für die CDU. Sie ist ein weiteres Zeichen (nach dem Erstarken der Piraten und dem Tod der FDP) für die politische Veränderung in Deutschland. Und ich bin sicher, dass in der Bundeszentrale der CDU aktuell blankes Entsetzen herrscht. Denn jetzt werden immer öfter immer mehr Bürgerinnen und Bürger aufstehen und sich nicht mehr nur als Wahlvieh zur Verfügung stellen, wenn es darum geht Posten zu verteilen. Sondern sie werden auch dann ihre Stimmen abgeben, wenn es darum geht als moralische Instanz zu wirken.

Adolf Sauerland ist ein Getriebener. Er geht am Mittwoch und damit ist das Thema für mich durch – Nachtreten wäre nicht zu rechtfertigen, denn ab heute Abend wird er selbst sein größter Feind sein. Bin ich mir doch sicher, dass er bis heute Abend wirklich geglaubt hat, nicht abgewählt zu werden. Respekt kann ich aber auch nie wieder vor ihm haben. Denn das es so weit kommen musste, wie es in Duisburg nun gekommen ist, daran trägt nur einer Schuld.

Adolf Sauerland (CDU), EX-Oberbürgermeister von Duisburg und politisch Verantwortlicher für 21 Tote auf der Loveparade 2010.

Symbolfoto: Was Sauerland wohl von den Leuten vor der Bühne hielt....
Symbolfoto: Was Sauerland wohl von den Leuten vor der Bühne hielt....

Autor: unkreativ

Gelegentlich hat der Unkreative das Gefühl, er müsse Euch etwas wissen lassen. Das kann sinnvoll sein. Muss es aber nicht. ;-)

Ein Gedanke zu „Sauerlands Abwahl: Sieg der Demokratie und ein Problem für Merkel…“

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