Ich mache mir zunehmend Sorge um Voerde – insbesondere um das erstarken von Strömungen, die meiner Meinung nach deutlich rechts von der Mitte zu sehen sind. Dabei steht gerne mal die CDU Voerde im Mittelpunkt meiner Betrachtungen und es scheint System zu haben.
Schon bei der Diskussion um die Moschee in Voerde haben sich die meisten politischen Akteure nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Und von den unsäglichen „Diskussionen“ zum Thema Hindenburg will ich gar nicht erst anfangen.
Allerdings schaffte gestern die CDU-Fraktion im Sozialausschuss(!) der Stadt Voerde dank ihres Herrn Holl einen neuen Tiefpunkt. Es ging dabei um die Frage, wo man möglicherweise ab 2015 Asylbewerber unterbringen kann, denn eine große, bisher gemietete Immobilie steht dann nicht mehr zur Verfügung. Dabei sollte beachtet werden, dass das Ziel der Stadt Voerde erstens eine möglichst dezentrale Unterbringung ist und zweitens es nicht um Problemgruppen geht, wie sie im Moment in Duisburg (In den Peschen – das Problemhaus) Tag für Tag in der Aufmerksamkeit stehen. Die Drucksache dazu ist für jeden einsehbar. Ab Seite 4 ist dort sehr ausführlich beschrieben, um welche Nationalitäten und Glaubensrichtungen es sich handelt, bzw. eben nicht.
Gestern im Sozialausschuss sollte darüber diskutiert werden. Und natürlich waren sehr viele Bürgerinnen und Bürger dabei, die dann von der CDU bekamen, was sie wollten. Unter Applaus. Die Rheinische Post dazu:
Reinhold Holl von der CDU sprach wohl so manchem Zuhörer aus dem Herzen, als er meinte, dass man in gewachsene Siedlungen – wie am Kempkenskath – nicht einfach Asylbewerberunterkünfte hineinsetzen könnte, denn das sei „eine Abwertung für ganz Voerde“. Für diese Äußerung erhielt er Applaus von den Gästen.
Auf derWesten dazu:
Auch Reinhold Holl (CDU) erkannte an, „dass wir die sozialpolitische Pflicht haben, Asylbewerber aufzunehmen. Aber wir können die nicht einfach in alteingesessene Siedlungen reinsetzen“, sagt er und bekam dafür viel Applaus und Zuspruch von den Zuhörern im Saal.
- Das ein Politiker einer Christlichen Partei sich hinstellen darf und die Angst vor einer wie auch immer gearteten „Abwertung für ganz Voerde“ über das Leben von Menschen stellt. Denn bei Asylbewerbern handelt es sich nicht um Menschen die ihre wirtschaftliche Situation verbessern wollen, sondern um solche die vor dem sicheren Tod fliehend ihre Heimat verlassen müssen!
- Das nahezu unwidersprochen hingenommen wurde, was Herr Holl hier sagte.
- Das die Presse das unkommentiert weiter trägt.
- Oder das die Bürger da applaudieren.
Eigentlich ist jeder dieser Punkte geeignet, mich kotzen lassen zu wollen. Allerdings ist es sogar noch ein bisschen schlimmer, als in dem Artikel dargestellt. Denn das war ja nicht alles, was gesagt wurde:
- Herr Holl (CDU) sagte, man könne „trotz Rechtsverpflichtung doch nicht einfach Ausländer in gewachsene Siedlungen setzen“.
- Herr Holl (CDU) sagte, „Am Kempkenskath“ wäre das eine „Abwertung der ganzen Gegend“. (Hier der Applaus)
- Herr Holl (CDU) sagte, man soll nicht akzeptieren, dass für Asylanten die Wege (zu Schulen etc) kurz gehalten werden. (Er sagte mehrfach Ayslanten statt Asylbewerber, Wikipedia: „Der Begriff Asylant wird auch als abwertend empfunden„)
- Herr Holl (CDU) sagte, man solle doch an der Bühlstraße noch ein oder zwei Häuser bauen. (Alle Aussagen sinngemäß, aber sehr nah am gesprochenen Wort)
Na klar. Wir bauen eine Kaserne an der Bühlstraße, am Besten noch mit Mauer drum und dann packen wir da 130 Menschen unterschiedlichster Herkunft rein und gucken mal was passiert. Und dann beklagen wir, dass Integration nicht funktioniert.
Voerde hat eigentlich eine lange Tradition guter und funktionierender Integration. Was die Fraktion der CDU da durch Herrn Holl zum Ausdruck bringt ist aber, dass sie entweder nichts verstanden hat. Oder aber das sie populistisches Gerede (kurz vor dem Wahlkampf) über das Wohl von Menschen stellt. Und das sie am ganz rechten Rand um Stimmen zu fischen bereit zu sein scheint.
Ich behaupte ja gerne mal, dass oft rechts von der CDU lange nix kommt. Herr Holl hat das gestern meiner Meinung nach bestätigt, als er die Angst vor dem Fremden auf einen fruchtbaren Nährboden säte. Jenseits jeder Sachlichkeit beschwört er Ängste bei den Menschen.
Schade finde ich, dass die Presse das nicht weiter kommentiert hat – zumindest habe ich nichts entsprechendes gesehen.
Für Voerde hoffe ich, dass die übrigen Ratsfraktionen nicht versuchen werden, auf der gleichen Schiene zu argumentieren. Ich wünsche mir von der Voerder Politik, also der SPD, FDP, WGV und den Grünen, dass sich hier von Anfang an ganz klar dagegen stemmen, das Leben von Menschen mit der Angst um möglicher weise geringe Wertverluste beim eigenen Grundstück oder Haus abzuwägen. Denn wenn wir das ernsthaft machen, dann können wir gleich ein Schild an den Ortseingang hängen „Fremde sind hier nicht willkommen!“.
Denn was Herr Holl übersieht ist doch offensichtlich: Würden z. B. die „Problemgruppen“ aus Duisburg beschließen ein Haus in Voerde zu kaufen, wären die Möglichkeiten der Politik gegen Null, etwas dagegen zu unternehmen. Das haben wir ja gesehen als eine Rockergruppe in Voerder eine Gaststätte kaufte. Im Gegenteil dazu haben wir bei den Asylbewerbern die Möglichkeit, eine gute und menschenfreundliche Politik zu machen, bei der durch Dezentralisierung der Unterkünfte die Integration deutlich erleichtert wird.
Denn wir reden, auch das muss man sich vor Augen führen, von 150 Menschen in einer Kommune mit mehr als 35.000 Einwohnern. Die fallen, geschickt verteilt, weder auf, noch ins Gewicht. Täten sie das, müssten wir demnächst die Frage stellen, wie wir mit Menschen umgehen, die in Voerde zuziehen wollen…
Und wenn man mal zurück schaut: In Hochzeiten waren über 450 Asylbewerber in Voerde untergebracht. Das war weder der Untergang der Stadt, noch der Immobilienpreise. Nur mal so am Rande.
Edit: Der Hinweis auf die Nicht-Öffentliche Aussprache ist entfernt worden. Ich kann keine Details darüber schreiben und die lose Erwähnung ist vermutlich nicht passend. Daher rausgeworfen.
2 Gedanken zu „Voerde und die Angst vor dem Fremden?“
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