Manchmal ist es so naheliegend….

In einem Artikel in der NRZ heute morgen, derzeit nur im Print, bekommen SPD und CDU Gelegenheit, sich zu dem Plan der Grünen, WGV und Linken in Voerde zu äußern. Dieser Plan ist es, weder die Kandidatin der CDU, noch den Herausforderer der SPD im Wahlkampf zu unterstützen. Vielmehr soll das Bürgermeisteramt ausgeschrieben werden.

In dem Artikel wird der Chef der örtlichen SPD zitiert:

Insgesamt ist Goemann über das Vorgehen von Grünen, WGV und Linke „verwundert“. Wenn sie beklagten, in den vergangenen Jahren am „Katzentisch“ gesessen zu haben, sollten sie sich überlegen, „warum das so ist“.

Weiterhin merkt er an:

Der SPD-Parteichef bedauert, dass mit den Kleinen in der Bürgermeisterfrage keine Einigung erzielt werden konnte. Sollten sie einen eigenen Kandidaten aufstellen, könnte es zu einer Stichwahl kommen.

Beide Punkte sind beachtenswert. Auf der einen Seite frage ich mich, was das „Bedauern“ hinsichtlich einer Stichwahl soll. Ist es das Ansinnen der SPD, den Bürgern die wirklich freie Wahl zu lassen? Wenn ja, ist eine Stichwahl doch Ausdruck des Wählerwillens. Es stellt ein interessantes Demokratieverständnis dar, wenn man erwartet, dass schon im ersten Wahlgang einer (der eigene!) der Kandidaten gefälligst gewählt zu werden hat.

Viel Besser finde ich aber die „Katzentisch“-Nummer: Die drei Parteien repräsentieren in Voerde gut 20% der Stimmen. Das ist schon eine ordentliche Größe. Und abgesehen von der Größe an sich, sollte jede Partei im Rat das gleiche Ansehen genießen.

In dem Artikel aber wird konsequent verniedlichend nur von „den Kleinen“ gesprochen.

Schon in der Unterüberschrift und dann mehrfach im Text. Aus dieser Formulierung trieft eine solche Überheblichkeit der beiden großen Parteien, dass man die Frage nach dem „warum“ relativ einfach beantworten kann: Die SPD und CDU in Voerde leben in einer inoffiziellen großen Koalition und ignorieren weitestgehend alle anderen Parteien – es sei denn es dient den ausschließlich eigenen Interessen. Bewegung auf die anderen Parteien zu kann man eigentlich nicht feststellen.

Dafür spricht auch, dass der SPD-Kandidat es jetzt nicht mehr für nötig hält, sich bei anderen Parteien vorzustellen:

Auch mit der WGV hatten die Sozialdemokraten noch sprechen wollen; nach der Nachricht, dass die drei Kleinen im Stadtrat auf einen eigenen Kandidaten setzen wollen, den sie hoffen, über ein öffentlich ausgeschriebenes Bewerbungsverfahren zu finden, habe der geplante Gesprächstermin mit ihrem Bürgermeisterkandidaten Dirk Haarmann nicht mehr stattgefunden, so Goemann.

Denn die SPD will ja den nächsten Bürgermeister stellen. Den Kandidaten der Grünen, WGV und Linken hält sie für keine Herausforderung. Also könnte man doch annehmen, dass der mögliche zukünftige Bürgermeister sich schon mal vorstellen geht. Denn vielleicht muss man ja ab Mitte des Jahres zusammen arbeiten. Das jetzt nicht zu machen, weil es noch einen weiteren Kandidaten geben soll, ist meiner Meinung nach keine gute Verhaltensweise. Auf mich wirkt sie arrogant.

Und bei aller Kritik sollte die SPD auch mal darüber nachdenken, was demokratischer ist: Mal wieder einen Kandidaten von irgendwo her aus dem Hut zaubern, den Mitgliedern vorsetzen und hoffen, dass man ihn im Wahlkampf beliebt genug machen kann – oder offen an die Frage heran zu gehen, wer die möglicherweise beste Alternative für die Zukunft Voerdes ist und in einem ergebnisoffenen(!!!) Verfahren einen geeigneten Kandidaten zu suchen?

Aber hey, das birgt ja das Risiko, dass es tatsächlich ein überparteilicher Bürgermeister ist, der im Amt nicht die Interessen der eigenen Leute priorisieren könnte.

Obwohl, das ist gemein. Natürlich würde eine Simone Kaspar nie dankbar der CDU gegenüber sein, dass diese sie erst in ein gut bezahltes Amt in der Verwaltungsspitze gehoben hat – und sie dann zur Bürgermeisterin gemacht hat. Genau so wenig, wie Dirk Haarmann der SPD Dankbarkeit gegenüber bringen würde, wenn diese ihn zu einem Bürgermeister macht. Beide Kandidaten würden nach der Wahl selbstverständlich und ausschließlich überparteilich dem Wohl der Voerderinnen und Voerder dienen. Zumindest sagen sie das.

Autor: unkreativ

Gelegentlich hat der Unkreative das Gefühl, er müsse Euch etwas wissen lassen. Das kann sinnvoll sein. Muss es aber nicht. ;-)