Moral ist auch nur eine Frage der Perspektive

Das ist schon witzig: Wie ich gestern vermutet habe, kommt im Rahmen der Edathy-Affäre reflexhaft der Schrei nach härteren Gesetzen. Fehlen eigentlich nur noch Stephanie zu Guttenberg und Alice Schwarzer. Wobei ein baldiges Auftauchen der letzgenannten „Persönlichkeit“ Gott-sei-Dank eher unwahrscheinlich ist.

Wie auch immer:

Das Problem an der ganzen Sache ist doch, dass unsere Politik unglaublich flexibel ist, wenn es um die Frage geht, was Moral ist. Unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung werden willkürliche Grenzen gezogen, die schon heute dazu führen können, dass junge Pärchen die sich gegenseitig Fotos mailen, mit einem Bein im Knast stehen.

Und zur gleichen Zeit?

Zur gleichen Zeit geht eine europäische Regierung hin und bietet Strip-Clubs ordentlich Cash, wenn sie junge Frauen zwischen 18 und 24 einstellen:

The Department for Work and Pensions (DWP) has paid cash incentives of over £2,000 to lap-dancing bars and similar establishments to hire young unemployed people aged 18-24 as part of its Youth Contract scheme.

Aber nicht, dass Ihr jetzt denkt: Die spinnen die Briten. Denn auch bei uns gab es ja schon Testballons:

Als Christine Hirmer (Name geändert) am vergangenen Samstag einen Brief des Arbeitsamtes öffnete, freute sich die 19-jährige Augsburgerin noch: Die Agentur für Arbeit hatte ihr einen Vermittlungsvorschlag für eine neue Arbeitsstelle geschickt. Seit November sucht die gelernte Hauswirtschafterin einen Job, bisher erfolglos. Doch als sie den Brief dann genauer las, war sie fassungslos: Die Arbeitsagentur schlug ihr eine Stelle als Servicekraft im Colosseum vor – einem Augsburger Großbordell.

Versteht mich nicht falsch: Ich will damit nicht über Bordelle und „Massagesalons“ urteilen. Mir geht es darum, dass auf der einen Seite immer mehr Gesetze die Prüderie fördern wollen und bei jedem Skandal – losgelöst von Sachfragen – nach härteren Strafen geschrien wird. Auf der anderen Seite aber solche Dinge passieren.
Damit will ich auch nicht darüber urteilen, was Edathy gemacht hat oder nicht. Mir liegen zu wenig Kenntnisse vor, um mich in dem Thema sicher zu bewegen. Mir geht es darum, dass solche Skandale reflexhafte Reaktionen hervorrufen, die immer genutzt werden um strengere Gesetze zu postulieren. Die dann aber oftmals gar nicht gegen das eigentliche Problem gerichtet sind, sondern nur dessen sichtbare Symptome bekämpfen wollen.
Und nicht selten erhebliche Kollateralschäden anrichten…

Autor: unkreativ

Gelegentlich hat der Unkreative das Gefühl, er müsse Euch etwas wissen lassen. Das kann sinnvoll sein. Muss es aber nicht. ;-)