Doch nicht die Russen?

Vor ein paar Tagen habe ich in den sozialen Medien mal einen Gedanken geäußert:

Mir fällt auf, dass seit einiger Zeit explosionsartig Websites entstehen, die extremes Gedankengut propagieren. Von Extrem-Veganern über Hardcor-Impfgegnern, von wir-werden-alle-sterben-Chemtrailern bis hin zu Knoblauch-gegen-Krebs-Spinnern. Und natürlich auch politisch, insbesondere stark rechtslastige „Die Regierung muss weg“-Websites.

Was mich am Zufall zweifeln lässt ist nicht nur die Menge der Websites, sondern vor allem die technisch hohe und oft auch textliche Qualität. Das passt nicht dazu, dass die meisten Menschen nur noch das Internet=Facebook sehen und gar nicht in der Lage scheinen, eigene Webpräsenzen aufzusetzen. Auch irritiert mich, dass besonders bei der neuen Rechten ja kaum jemand in der Lage zu sein scheint einen geraden Satz zu sprechen: und die sollen plötzlich ganze Aufsätze schreiben?

Wie ich das so poste kommen natürlich direkt die ersten Kommentatoren und sagen: Ganz klar, die Russen beeinflußen den Wahlkampf. Das macht Sinn, ist der Russe an sich ja das ultimative Böse *facepalm*

Auf die Frage nach einer seriösen Quelle zu solchen Annahmen wird auf „die Presse“ verwiesen. Das sei schließlich mittlerweile sowas wie Allgemeinwissen. Doof nur, dass die Presse das nicht her gibt. Im Gegenteil, auf tagesschau.de lese ich:

Nach Informationen von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ fanden sie keine eindeutigen Beweise für eine russische Desinformationskampagne. „Wir haben keine Smoking Gun gefunden“, heißt es in Regierungskreisen.

Interessant ist, dass mans ich eine Hintertür offen lässt:

Denn aus der schwierigen Suche nach den Beweisen lassen sich zwei Schlüsse ziehen. Entweder gibt es den vermuteten Angriff durch Russland nicht. Oder die russischen Dienste sind schlau genug, sich nicht erwischen zu lassen. Die deutschen Agenten neigen eindeutig zur zweiten Version.

Das die Agenten damit ihre eigene Unfähigkeit unter Beweis stellen, während man zugleich an einer einfachen Erklärung fest halten möchte, überrascht nicht. Gleichwohl wirft es einige ernste Fragen auf:

Wenn es keine „Smoking Gun“ zu finden gab, bedeutet das wirklich, dass es sich um einen zufällig entstandenen Cluster handelt? Und wer wäre eigentlich noch möglicher Strippenzieher, wenn es sich um eine gesteuerte Aktion handelt? Oder könnte zufälligerweise die Kommunikationsstrategie verschiedener extremer Strömungen sich so ähneln, dass der Eindruck entsteht es gäbe eine militante-tierschützende-vegane-homöopathische-usfeindliche-regierungsfeinliche-deutschlandablehnende Taktik?

Es wäre durchaus interessant, wenn mal die eine oder andere Uni sich des Phänomens der Kommunikation im Internet annehmen würde. Mich würde wirklich interessieren ob mein Eindruck täuscht oder ob was dran ist. Und wenn ja: Was.

Autor: unkreativ

Gelegentlich hat der Unkreative das Gefühl, er müsse Euch etwas wissen lassen. Das kann sinnvoll sein. Muss es aber nicht. ;-)