Facebook ist ja ein steter Quell der Freude. Vor allem wenn es um Flüchtlinge gibt, scheinen überwiegend die Lautsprecher die Oberhand zu haben – vermutlich weil die andere Seite längst die Lust verloren hat. Aber auch sonst ist ja auffällig, auf welchem Niveau dort oft diskutiert wird.
Aktuell gibt es ein Beispiel aus Voerde:
In meiner unmittelbaren Nachbarschaft werden zwei (!) Einrichtungen für Flüchtlinge mit weit über 100 Personen geschlossen. Dafür soll eine (1!) neue eröffnet werden, um 64 Menschen Obdach zu gewähren. Zwar haben Politik und Verwaltung sich schon im Vorfeld grob über das Wo verständigt, die Diskussion darüber steht aber noch aus.
Was passiert ist genau das, was man erwartet. Die Besorgten schlagen auf Facebook auf:
Dabei hat es schon einen sehr eigenen Humor, eine Diskussion zu einem Thema damit zu beginnen, dass man über dieses Thema gar nicht diskutieren wollen würde. Genau mein Humor. Auch das der Thread-Ersteller nicht versteht, dass die Entscheidung gar nicht getroffen ist, sondern getroffen werden soll. Aber gut, es kommt, was man erwartet:
Ja, da steht wirklich die Frage im Raum, ob die Stadt sich daran bereichern will. Und der Threadersteller sagt nicht: „Hey, was für ein Bullshit“, er zeigt sich betroffen ob dieses ihm bisher verborgen gebliebenen Gedankenganges.
Und natürlich, unmittelbar nach dem Auftritt der FDP und der Erwiederung durch Vertreter der SPD, wieder der Ruf nach mehr Beteiligung:
Vielleicht könnte den Besorgten mal kurz jemand erklären, dass wir in einer Parlamentarischen Demokratie, gerne auch Repräsentative Demokratie genannt, leben. Deren Wesen es eben nicht ist, wie z. B. in der Direkten Demokratie, dass die Bürger über alles abstimmen. Sondern das die Bürger Vertreter wählen, die dann dann in ihrem Auftrag entscheiden. Irgendwie scheint das Wissen um diese fundamentale Grundordnung verloren gegangen zu sein.
Was aber, neben diesem theoretischen Aspekt interessant ist: All die Menschen die auf Facebook jammern „uns hat niemand gefragt!!!!“ könnten sich in den Fraktionen, Parteien, Gremiensitzungen und im Rat einbringen. Denn die Presse hat Informationen von der Website der Stadt: Das ist alles öffentlich. Jede(r) mit Bedenken könnte die zum Ausdruck bringen – dafür ist aber halt ein bisschen mehr Notwendig, als nur im Internet zu jammern, und damit scheinen viele überfordert.
Wobei, wundern darf das nicht, wenn Teile der FDP die AFD kopieren und auf Facebook fleissig Öl ins Feuer gießen. Dabei ist besonders bemerkenswert, dass die politischen Vertreter in den Gremien sich komplett anders verhalten, äußern und abstimmen, als es die FDP hinterher im Internet als „Partei-Konsens“ zu verkaufen versucht.
Das sind bedenkliche Entwiklungen. Es ist bedenklich, wenn eine demokratisch legitimierte Partei wie die FDP zwei Schienen fährt, in denen sie ihre politischen Vertreter sinnvolle Entscheidungen und gute Äußerungen treffen lässt – und dann ihre eigenen Leute im Internet in die Pfanne haut (der hat nicht gesagt auf was wir uns verständigt haben!!!!) und Angst schürt, wo es keinen Grund zu Angst gibt.
Die ganze Nummer ist übrigens ein schönes Beispiel dafür, warum politische Partizipation auf Facebook nicht funktioniert. Es ist schon besonders begrüßenswert, dass heute zwei Vertretrer aus dem Rat sich die Mühe gemacht haben, die Aussagen der FDP zu entkernen. In der Praxis aber dürfte es den Meisten so gehen, dass sie einfach keine Lust mehr haben, immer wieder gegen die immer gleiche heisse Luft der Besorgten argumentativ vorzugehen. Denn wenn wir ehrlich sind: Weder die FDP-Lautsprecher auf Facebook, noch die Besorgten, interessieren Argumente und die Realität. Dort interessiert man sich nur für Stimmungmache.
Ein Gedanke zu „Vom Wesen der Demokratie. Oder: Das Übel Facebook“
Kommentare sind geschlossen.