Duisburg.
Mein Büro.
Gestern Nachmittag:
Und heute Morgen:
parteiisch, subjektiv und persönlich
Ich sitze im Büro und stelle fest:
Draußen ist scheiß Wetter. Dunkle Wolken, Wind und Regen. Vermutlich kalter Regen.
49,5% der Pendler, die heute die Stadt ins Wochenende verlassen werden, werden sich bei dem Wetter in die unvermeidlichen Staus auf der A3, A40, A59 und Co einreihen und das Wetter verfluchen und schlechte Laune haben.
49,5% der Pendler, die heute die Stadt ins Wochenende verlassen werden, werden sich erst am Bahnhof den Hintern ab-frieren und dann mit nassen Mitreisenden im Zug vor sich hinmüffeln. Dicht an Dicht mit einer Luft die man mit „Tierstall“ unzutreffend umschreibt.
1% der Pendler allerdings macht weder das eine, noch das andere. Und ich bin ausnahmsweise mal froh, anders zu sein. Auch, wenn das meine Kollegen manchmal amüsiert, weil sie (noch?) nicht verstehen, dass ich die bessere Wahl treffe:
Denn gegenüber von meinem Fenster sieht es so aus:
Und das bedeutet, ich werde gleich meine Fahrradsachen anziehen, die Regensachen aus dem Rucksack und die Regenhülle über den Rucksack ziehen. Handschuhe an, Helm an, Musik an und ab dafür nach Hause. Vorbei am Stau, in relativ frischer Luft und mit viel guter Laune.
99%+1 der Pendler heute tun mir Leid.
(+1 ich tu mir ein bisschen selbst Leid, weil ich meine Radbrille nicht mit habe, die bei dem Wetter echt nützlich ist 🙂 )
Update:
Und so sieht der kleine Dreckspatz dann aus, wenn er zu Hause angekommen ist…
Heute auf dem Heimweg 22,33km in 0:42:45 gefahren. Das entspricht einem Schnitt von 31,31km/h. Wow.
Die Bedingungen waren allerdings auch fast optimal: Wenig Autos, leicht feuchter Asphalt. Wenn ich jetzt noch die Ampelstops und Marxloh vermeiden könnte… 😉
Über manche Artikel kann ich nicht nur den Kopf schütteln – sie entsetzen mich regelrecht.
So wie der aktuelle Artikel „Crystal Meth und das Geschäft mit der Zombiedroge“ auf derwesten. In dem darf ich lesen, wie ein Arbeitsloser zwar Hartz-IV bezieht, nebenbei aber erfolgreich dealt.
Natürlich alles in gewaltfreier Atmosphäre, unbehelligt von den Nachbarn und der Polizei und mit mal locker 6.000€ im Monat nebenher. Inklusive der Gewinnspannenbeschreibung von verschiedenen Drogen im Vergleich.
Lieber derWesten, hakts?
Wenn ich ein jugendlicher Kerl wäre, arbeitslos und ohne Perspektive und ich würde in einem angesehenen Nachrichtenportal eine solche Beschreibung lesen, was würde ich dann denken? Ich würde mir ernsthaft die Frage stellen, warum eigentlich nicht? Schließlich sind die Konsumenten ja eigenverantwortlich und niemand muss Drogen nehmen und wenn doch, warum soll ich nicht daran verdienen? Ohne Streß mit der ARGE, dem Finanzamt oder Mutti.
Ich schätze mal der Artikel sollte eine Warnung vor dem Gebrauch von Crystal werden. Was er wurde ist eine Jobbeschreibung für die Dealer von morgen. Playstation zocken inklusive.
Und jetzt entschuldigt mich, ich geh mal kurz erbrechen.
Am Wochenende ist Landesparteitag der Grünen in Duisburg. Und dabei soll es auch um den Koalitionsvertrag gehen. Ich bin am Wochenende ebenfalls in Duisburg, als Delegierter für die Landesdelegiertenkonferenz. Und nun habe ich ein Problem…
Monika Düker und Sven Lehmann sagen nämlich, wir mögen doch bitte einstimmig den Koalitionsvertrag abnicken.
Aber kann ich das?
Und genau die Frage wird mir noch Kopfzerbrechen bereiten. Denn unstrittig ist, dass die Grünen in Kooperation mit der SPD einiges bewegt haben und auch der jetzige Vertrag eine eindeutige grüne Handschrift trägt. Und ich dem eigentlich zustimmen wollen würde.
Eigentlich.
Denn uneigentlich steht auf Seite 152 des Vertragsentwurfes unter der in meinen Augen ablenkenden Überschrift:
Wir stärken die Verfassung und schärfen die Instrumente im Kampf gegen Rechtsextremismus
dann im Fließtext ganz unauffällig:
Das taktische Verhalten und technische Vorgehen der Gegner und Gegnerinnen der Demokratie hat sich verändert. Ein moderner und effektiver Verfassungsschutz muss sich darauf einstellen. Wir wollen dem Verfassungsschutz NRW die sog. Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) ermöglichen und die gesetzliche Grundlage dafür schaffen.
Dann folgen ein paar Weichspülfloskeln. Tatsächlich aber steht dort klar zu lesen:
Die Grünen sind für eine Einführung des sogenannten Staatstrojaners.
Und das ist in meinen Augen ein absolutes No-Go. Einem solchen Vertrag kann ich nicht zustimmen, denn entgegen der Überschrift und den folgenden Floskeln ist das ein so großer Schritt in Richtung Überwachungsstaat, dass dem eigentlich niemand ernsthaft zustimmen kann. Und mit der Bekämpfung des Rechtsterrorismus hat das genau so wenig zu tun wie mit einer „Stärkung“ der Verfassung!
Persönlich bin ich entsetzt, dass ein solcher Passus Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hat. Und ich bin enttäuscht von den Grünen in der Landesspitze, mit denen ich im letzten Jahr besonders in dieser Sache Kontakt hatte.
Ich warte jetzt die offizielle Version des Vertragsentwurfes ab. Bleibt es bei der Forderung nach dem Staatstrojaner, wird es keine einstimmige Entscheidung geben. Denn mindestens meine Stimme wird dagegen stimmen.
Es gibt da ein Zitat, das heute aktueller denn je zu sein scheint, leider ist mir die Quelle nicht bekannt:
„Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten.
Jetzt haben wir aber Wahlen erlebt, die etwas veränderten. Die FDP sinkt in die Bedeutungslosigkeit, CDU und SPD verlieren massiv und damit auch Macht und Einfluss. Die Grünen und die Piraten dagegen wachsen.
Aus Sicht der Machthalter ist das ein Zustand, der nicht geduldet werden kann. Nur: Wie verhindert man Wahlen ohne sie gleich zu verbieten? Denn Wahlen zu verbieten, das würde einen Aufschrei bedeuten.
Der eingeschlagene Weg ist interessant, weil er selbst von „der Presse“ als gut und keineswegs schlimm empfunden wird. Ganz anders bei mir: Ich kriege eine Mischung aus Schnappatmung und Panik.
Denn eines der Wesensmerkmale unserer Parlamentarischen Demokratie ist doch, dass wir die Menschen die uns vertreten sollen wählen. Auf allen Ebenen, vom Bürgermeister bis zum Bundespräsidenten. Mal direkt, mal über Vertreter.
Und genau diese Wahl nimmt man uns jetzt und verkauft uns das als Erfolg. Gauck als gemeinsamer Kandidat der CDU, FDP, SPD und Grünen? Ein Albtraum, denn welche Wahl hat die Bundesversammlung noch, wenn es de facto nur einen Kandidaten gibt? Gauck wird nicht gewählt werden. Er wird gekürt werden.
Für die FDP ist dieser Betrug am Volk essentiell zum Überleben. Und auch wenn sie damit Merkel bis auf die Knochen blamiert haben, wird auch Merkel die Wahl von Gauck nicht unterbinden. Und die SPD sowieso nicht.
Gleiches auch auf lokaler Ebene: In Duisburg reden alle (bis auf die CDU?) von einem „gemeinsamen Kandidaten“. Wohl gemerkt: Ein Kandidat für und von allen. Auch hier keine echte Wahl mehr.
„Es ist schon ein großer Trost bei Wahlen, daß von mehreren Kandidaten immer nur einer gewählt werden kann.“ (Mark Twain)
Wieso geht derzeit kein Aufschrei durch das Land?
Vor allem die Piraten, aber auch die Grünen und die PDL müssen hier aufstehen. Denn es kann nicht sein, dass wahlweise die SPD und CDU oder die jeweilige Regierungskoalition einen Kandidaten bestimmt und de facto durchsetzt – ganz gleich ob es Wählerwille wäre oder nicht. Besonders die Piraten enttäuschen mich hier, hätten sie doch die Möglichkeit gehabt, z. B. mit Schramm einen unkonventionellen Wahlvorschlag zu machen – und zumindest auf die Farce einer Bundespräsidenten“wahl“ ohne Alternative hinzuweisen. So aber lassen alle Parteien TINA den Vortritt – und uns verkauft man das ernsthaft als Erfolg.
Das, was hier passiert ist die Abschaffung des Wahlrechts.
Gut 1,5 Jahre nach der Loveparade haben heute die Bürger Duisburgs ihren Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) mit Schimpf und Schande aus der Stadt gejagt. Trotz hoher Hürden haben fast doppelt so viele Menschen für seinen Abgang gestimmt, wie ihn damals gewählt haben.
Überraschend ist das nicht.
Ich war damals aktiv im Wahlkampf gegen ihn unterwegs und habe sehr gehofft, dass er nicht wiedergewählt wird. Ich hielt ihn für einen charakterlosen Blender, dem es in erster Linie um sein Dasein als „Sonnenkönig“ ging. Doch er wurde wiedergewählt und ich musste das als Demokrat akzeptieren.
Damals übrigens trat Sauerland unter anderem mit Merkel auf. Noch im August 2009 präsentierte sie sich stolz mit Adolf auf der Bühne:
„Wir haben die Kraft“. Damals eine süffisante Anspielung auf Hannelore Kraft von der SPD, nehme ich an. Ob Merkel sich heute auch noch so für Sauerland in die Bresche werfen würde? Eher nicht.
Sauerland ist eine tragische Figur: So lange alles lief und alle ihn als guten Kumpel in Duisburg wahrnahmen, stimmte sein Weltbild. Doch heute sieht das anders aus, denn an allen Ecken und Enden wird gegen ihn ermittelt, verabschieden sich Weggefährten, verliert er seine Unterstützung. Und das alles seit der Loveparade im Juli 2010.
Das es so kommen musste ist zu erwarten gewesen. Denn das eigentliche politische Problem war ja der Umgang von Adolf mit der Tragödie von Duisburg. Seiner gedankenlosen Beschuldigung der Opfer, wie auch sein nachhaltiges Ablehnen einer jeden Verantwortung. Ich gebe zu, als die Pressekonferenz am 25. Juli 2010 statt fand und ich mit Fritz Pleitgen und anderen ihm unmittelbar gegenüber saß, da wurde aus meiner Abneigung erst Wut und letztlich Hass.
Das Foto muss so gegen halb 12 entstanden sein. Es war der Tag 1 eines Vorgangs der in der Geschichte der bundesdeutschen Politik einmalig ist, denn noch nie zuvor hat ein Politiker im Anschluss fester an seinem Stuhl geklebt als Adolf Sauerland. Und noch nie hat ein Politiker überall die Verantwortung gesehen, nur nicht bei sich. Die Folgen sind hinlänglich bekannt und wurden breit in der Presse diskutiert. Von den Mitarbeitern, die er vorschickte statt zu schützen bis zur total Lähmung der Stadt. Damals habe ich für mich beschlossen, mein politisches Engagement in Duisburg zurück zu fahren – schon weil ich nicht hätte sachlich bleiben oder gar argumentieren können.
Für viele Menschen – und auch mich – begann an diesem Tag 1 eine schwere Phase. Nicht nur mussten wir lernen mit unseren eigenen Gedanken und Erfahrungen umzugehen, vielmehr mussten wir auch begreifen lernen, wie weit ein Politiker aus Machtverliebtheit zu gehen bereit sein kann.
Heute nun haben fast 130.000 Menschen in Duisburg ein Kreuz für den Neuanfang gemacht. Das sind, wenn ich mich recht erinnere, doppelt so viele wie die, die ihn damals gewählt haben. Und bei ungefähr 40% Wahlbeteilgung kann man nur staunen und vor den Duisburgern den Hut ziehen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt haben ihre Politikverdrossenheit abgelegt und sind aufgestanden und haben für einen Neuanfang in Duisburg gestimmt.
Für die CDU brechen schwere Zeiten an. Denn Sauerland war der letzte konservative OB im Ruhrgebiet. Und die Abwahl des OB wird auch andere Themen wieder in den Fokus rücken, so z. B. die Frage ob man nicht auch den Bundespräsidenten abwählen kann.
Die Abwahl von Sauerland ist nicht nur ein Fanal für die CDU. Sie ist ein weiteres Zeichen (nach dem Erstarken der Piraten und dem Tod der FDP) für die politische Veränderung in Deutschland. Und ich bin sicher, dass in der Bundeszentrale der CDU aktuell blankes Entsetzen herrscht. Denn jetzt werden immer öfter immer mehr Bürgerinnen und Bürger aufstehen und sich nicht mehr nur als Wahlvieh zur Verfügung stellen, wenn es darum geht Posten zu verteilen. Sondern sie werden auch dann ihre Stimmen abgeben, wenn es darum geht als moralische Instanz zu wirken.
Adolf Sauerland ist ein Getriebener. Er geht am Mittwoch und damit ist das Thema für mich durch – Nachtreten wäre nicht zu rechtfertigen, denn ab heute Abend wird er selbst sein größter Feind sein. Bin ich mir doch sicher, dass er bis heute Abend wirklich geglaubt hat, nicht abgewählt zu werden. Respekt kann ich aber auch nie wieder vor ihm haben. Denn das es so weit kommen musste, wie es in Duisburg nun gekommen ist, daran trägt nur einer Schuld.
Adolf Sauerland (CDU), EX-Oberbürgermeister von Duisburg und politisch Verantwortlicher für 21 Tote auf der Loveparade 2010.
Wäre ich der berühmte Schelm der Böses denkt, würde ich folgende Gedankenkette haben: xtranews aus Duisburg ist ganz klar gegen den dortigen CDU-Oberbürgermeister Adolf Sauerland aufgestellt. Oberbürgermeister Sauerland soll in wenigen Tagen abgewählt werden und hat gute Kontakte zu Frau Dr. Jasper, Rechtsanwältin. Rechtsanwältin Dr. Japser geht jetzt mit einer Abmahnung in eigener Sache gegen xtranews vor. Wie gesagt, der Schelm. Es kann auch ganz anders sein. Aber schauen wir doch mal:
(Edit: hier stand ganz viel, dann las ich den Artikel bei den Ruhrbaronen und stellte fest: ich sag nix neues, als lest da 😛 klick! Allerdings gehen die mir zu wenig auf den zeitlichen Aspekt ein…)
Besonders spannend finde ich in dem Zusammenhang die zeitliche Nähe zur Abwahl des Duisburger Oberbürgermeisters Adolf Sauerland und die zeitliche Entfernung zu dem damaligen Artikel. Denn, wenn man sich recht erinnert wurde xtranews ja schon einmal abgemaht, es ist in meinen Augen logisch, dass man damals und seit dem ein sehr waches Auge auf xtranews hatte.
Spannend wird jetzt der Streisand-Effekt: Niemand hätte mehr Beiträge von 2009 bis 2011 beachtet. Der xtranews-Artikel ist meines Wissens nach von Anfang August 2010(!). Wenn nicht jetzt die Abmahnung gekommen wäre und es logisch gewesen wäre, dass sich der Herausgeber von xtranews dagegen wehren wird – niemand hätte sie mehr zur Kenntnis genommen. Jetzt werden Menschen wie ich die alten Artikel noch mal lesen. Und bei Google schauen, was es Neues gibt.