IT-Land Deutschland: Epischer Schwachsinn ist episch

Es gibt so Tage, da will man das Internet nicht lesen. Wirklich nicht. Weil einen dann ein solcher Schwachsinn zu überfluten droht, dass man daran zu ersticken scheint.

Als erstes ist da die Sache mit dem B:

FSK B von Henning Tillmann

Wie man in dem Blog von Henning Tillmann und an anderen Stellen lesen kann, hat die CDU sich mal wieder ganz was geniales ausgedacht. Demnach sollen die (ohnehin untauglichen) „Jugendschutzprogramme“ demnächsten neben den Altersklassen auch die Klasse „B“ für Blogs enthalten. Dazu zitiert Henning aus dem Positionspapier:

So sollte neben den Kennzeichnungen der Altersstufen 6, 12, 16 und 18 eine weitere Kennzeichnung hinzukommen: „B“ für Blogs. Eltern sollten bei den Jugendschutz-Programmen das Alter ihrer Kinder einstellen und zusätzlich entscheiden können, ob auch Angebote mit der Blogger-Kennzeichnung auf dem Computer ihrer Kinder angezeigt werden dürfen – unabhängig von der eingestellten Altersstufe.

Das muss man sich mal vorstellen: hier sollen alle Blogs, unabhängig von der Art des Inhalts, über einen Kamm geschert werden. Was ist das Ziel? Sollen alternative Informationsstränge reduziert werden? Oder soll einfach pauschal die mögliche Reichweite reduziert werden?

Die Angst der Konservativen vor dem Verlust der Meinungsführerschaft im Internet nimmt mittlerweile nur noch groteske Züge an. Es war ja schon ein absurder Gedanken, Blogs nach Altersklassen klassifizieren zu wollen (und wohl nur die Deutschen!), aber jetzt alle pauschal mit einem B zu markieren? Ich höre schon den ersten  mit gelber-Stern-Analogie um die Ecke kommen.

Nicht weniger absurd ist der Plan der Koalition aus CDU und FDP, das sogenannte „Leistungsschutzrecht“ einzuführen:

Deshalb sollen Hersteller von Presseerzeugnissen ein eigenes Leistungsschutzrecht für die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge oder kleiner Teile hiervon erhalten. Gewerbliche Anbieter im Netz, wie Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren, sollen künftig für die Verbreitung von Presseerzeugnissen (wie Zeitungsartikel) im Internet ein Entgelt an die Verlage zahlen.

Mal eben übersetzt steht da, dass Verlage ihre Texte ins Internet einstellen, durchsuchbar machen (denn die Einbindung in den Index von Suchmaschinen kann man sehr leicht unterbinden, und dann bei Google und Co die Hand aufhalten, wenn diese Surfer auf das Angebot weiterleiten. Diesen Schwachsinn muss man sich einmal vorstellen. Gleichwohl das Modell nicht neu ist, denn im Grunde ist es analog zu den Bestrebungen der GEZ: Zwar gibt es im Internet kein vollwertiges „Rundfunkangebot“, gleichwohl soll man aber dafür bezahlen, denn es könnte ja eines geben.

Ziel des Leistungsschutzrechtes ist es, Betreiber erfolgreicher Finanzierungsmodell wie Google abzustrafen und zu melken, weil man selbst bis heute kein Modell gefunden hat, den erwarteten Gewinn aus dem Internet zu ziehen. Das das möglicherweise an der veränderten Rezeption der Konsumenten liegt, ist den Konzernen nicht bewußt. Hier fährt man, eine erneute Analogie des Handelns, den Kurs der Medienindustrie und versucht, durch unsinnige und schädliche Gesetze das eigene Versagen zu kaschieren und den Cash-Flow zu sichern.

Die dritte, eigentlich unglaubliche, Nachricht des Tages ist von der CeBit:

Das Programm „White IT Edition“ soll auf Computern installiert werden und nach Kinderpornographie ausscshau halten:

Mit ihr können sich Nutzer vor dem unbeabsichtigten Zugriff auf kinderpornografische Seiten schützen. Die Software, der kriminelle Vergleichsdaten zugeführt werden sollen, prüft per Hash-Verfahren, ob eine Website kinderpornografische Dateien, Bilder und Videos enthält. Dann werden die Dateien auf der Seite gelöscht oder der Zugriff verweigert. Möglich ist auch, das Programm als Teil eines Betriebssystems zu installieren.

Wenig überraschend ist der Unterstützerkreis, geführt von Uwe Schünemann, Innenminister von Niedersachsen, CDU; so wie BKA und diverse LKA. Und genau hier wird das Problem offenbar, denn diese Software ist der Staatstrojaner in Reinkultur. Warum? Darum:

Zunächst ist es nahezu ausgeschlossen, dass jemand „unbeabsichtigt“ Zugriff auf solche Daten erhält. Ich kenne niemandem dem das mal passiert wäre, mich selbst eingeschlossen – als Heavy User, der ich bin. Aber durch das Einspielen von Hash-Werten kann ja auch ganz anderer Content still und heimlich geblockt werden. Mit dem Argument der Kinderpornographie wird man aber natürlich die Datenbank die dahinter liegt geheim halten.

Ein feuchter Traum ist natürlich, dass diese Software Teil des Betriebssystems wird und sich damit der Kontrolle des Nutzers entzieht. Bilder im Internet löschen? Wohl kaum. Dateien auf dem Rechner indizieren und durchsuchen? Schon eher. Intransparent und gefährlich wird hier wieder mit Totschlagargumenten versucht etwas durchzudrücken, was nicht im genannten Sinne funktionieren kann. Wohl aber in einem ganz anderen Sinne. Von dem viele vielleicht bald gar nichts mehr lesen, wenn mein Blog das gelbte rote B ziert…

Mal ehrlich, war heute was im Wasser?

Isst doch unfassbar!

 

 

Facebook: Und täglich grüßt das Murmeltier

Heute morgen habe ich nicht schlecht gestaunt:

Der lokale Radiosender 1Live berichtete über ein „geleaktes“ Moderationshandbuch von/für Facebook. Die Moderatoren taten gar überrascht, dass ihre Beiträge gelesen werden. Natürlich nicht überrascht genug für die Frage, wie denn jemand meine Beiträge lesen kann, den ich dazu nicht berechtige 😉

Das eigentlich interessante ist die „neue“ Feststellung, dass Facebook als amerikanisches Unternehmen auch die amerikanischen „Werte“ verbreitet: Brüste gehen gar nicht, Gewalt dagegen kann toleriert werden. Soweit nix neues.

Irritierend ist, wie unkritisch eine solche Berichterstattung abläuft:

  1. Es wird die Moderation erwähnt, nicht aber, dass das im Klartext bedeutet, dass eine unbekannte Anzahl von Menschen mit unbekannter Motivation Zugriff auf meine persönlichen Inhalte haben.
  2. „Moderation“, also das Löschen von Inhalten passiert scheinbar „willkürlich“, da je nach Kulturkreis die zu Grunde liegenden Motive nicht erklärbar sind und die Regeln nicht transparent gemacht werden.
  3. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Ein amerikanisches Unternehmen dominiert die Öffentlichkeit im Internet. Wer sich nicht beugt, fliegt.

Stellt sich die Frage, warum mehr und mehr Menschen und Unternehmen dennoch bei Facebook sind und verharren. Logisch erklärbar scheint das nur über das Phänomen der Masse zu sein.

Die Folge allerdings ist ein absolut gleich-geschaltetes Netz. In dem nur die Informationen auftauchen, die Facebook auch sehen möchte. Die so aufbereitet werden, wie Facebook sie sehen möchte. Was Meinung ist, was gesagt wird entscheidet Facebook. Ebenso was gezeigt wird. Die Welt ist, was Facebook will.

Haben wir Deutschen nicht eigentlich mal geschworen, uns nie wieder so willig der Gleichschaltung durch Medien unterzuordnen?

Ich mein ja nur…

Wie wir Deutschen das Internet kaputt machen

Es ist kein Geheimnis, dass für viele „Entscheider“ das Netz ein Albtraum ist. Dort kann nahezu ungebunden von Zeit und Raum diskutiert werden, Informationen werden kommuniziert und Wissen verbreitet. Grenzen gibt es maximal noch in unseren Köpfen.

Hatten früher die Menschen die etwas sagen wollten, nur einen begrenzten Radius in dem man sie wahrnahm, so bietet das Internet heute nicht weniger als die Welt.

Seit Jahren ist zu beobachten, wie es internationale Bemühungen gibt, das Internet in Schranken zu verweisen. Immer neue Gesetze, zumeist zum „Schutz geistigen Eigentums“ oder gegen vermeintliche Rechtsfreie Räume, bevorzugt für Pädophile Islamistenterroristen, haben das Ziel das Netz unter Kontrolle zu bringen.

Und auch von anderer Seite droht Gefahr, oft jedoch noch nicht als wirkliche Gefährdung wahrgenommen und derzeit mit noch zu wenig mobilisierungspotential:

So hat Deutschland eine Vorreiterrolle, die man sonst nur aus stark religiös oder königlich geprägten Staaten zu kennen glaubt. Werden dort Äußerungen gegen den jeweiligen Gott oder König mit Macht aus dem Netz gefegt, übernimmt bei uns die GEMA die Sperrspitze der Netzbereinigung.  Ganz davon abgesehen, dass das Internet dank GEZ auch noch Gebührenpflichtig wurde.

Und jetzt kommen auch die „Jugendschutzfilter“ wieder. Mal wieder unter dem Deckmantel des „Jugendschutzes“ werden hier Programme staatlich gefördert, die nichts weiter machen, als die freie Information zu behindern. Wenn nicht gar zu verhindern. Wie Absurd das teilweise anmutet, läßt sich aus einem Zitat aus dem verlinkten Zeit-Artikel entnehmen:

Dass eine urheberrechtskritische Seite wie Techdirt im Filtersystem landet, erklärt Kielmann so: „Auf derartigen Seiten taucht dann vielleicht zwanzig Mal das Wort Pornografie in Diskussionen über Zensur auf.“

Man muss sich mal vergegenwärtigen, was hier als „Jugendgefährdend“ erklärt wird. Und wie die Verantwortung auf die Technik geschoben wird:

„Wir wollen keine politischen Meinungen zensieren“, sagte Sönke Kielmann von JuSProg im Gespräch. „Wir schauen uns jedoch nicht jede Seite manuell an, unser System arbeitet hier mit automatischen Keywords.“

Machen wir uns nix vor: Das Internet in Deutschland ist längst genauso kaputt wie man es aus einer Bananenrepublik oder einem Staat wie dem Iran erwarten würde. Und das Erschreckende daran ist, dass selbst damit noch Leute Geld verdienen.

Geil ist auch die mal wieder erfolgte Abschaltung des Rechtswegs:

Betreiber von Websites, die sich unfair behandelt fühlen, könnten sich an JuSProg wenden, sagte Kielmann weiter. Man würde dann im Einzelfall manuell prüfen, ob eine Seite anders eingestuft werden müsse.

Mir wird schlecht, wenn ich so was lese. Man muss also eine Institution bitten, sich der eigenen Meinung anzuschließen. Und wenn solche Programme erst einmal obligatorisch, ggf. verpflichtend sind, werden wir erleben, dass auch der Wille zur Umstufung auf Antrag gegen Null tendiert.

Hier ist dringend ein Gegensteuern notwendig. Damit wir gemeinsam verhindern, dass das Internet wird, was manch ein Politiker und Unternehmenslenker sich wünscht: eine staatlich kontrollierte Einkaufsspielwiese mit dem Nachrichtengehalt einer Zeitung von gestern.