Flüchtlinge: Ich würde gerne bloggen

Ich würde so gerne schreiben. Über meine Wut auf dumpfe Hohlköpfe, die sich anhand fiktiver Kriterien und einem zufälligen Geburtsort für „bessere Menschen“ halten. Über Versager, die sich geil fühlen wenn sie Wohnhäuser in Brand stecken und auf Facebook von Gewalt träumen. Ich würde gerne über meine Wut schreiben, die ich auf Merkel und Co bezogen empfinde. Eine Bundeskanzlerin, die mit dem Auto durch einen Problemstadtteil fahren wird und die ihren Sprecher ein paar Worthülsen zu der rechten Gewalt von sich gibt. Ich würde auch gerne meine Wut darüber zum Ausdruck bringen, wie tendenziös oft von „Linken“ und „Möglicherweise Rechten“ berichtet wird, wie Rassisten zu „Asylgegnern“ werden und Lager zu Zentren. Ich möchte meine Wut darüber zum Ausdruck bringen, dass ein perfekt organisiertes Land nicht in der Lage (Willens?) ist, die Grundversorgung von Flüchtlingen sicherzustellen.

Ich bin so wütend.

So wütend.

Und sprachlos.

Ich bin nicht in der Lage, meinen Frust, meine Wut und meine Verzweiflung angemessen auszudrücken.

Ich möchte schreiend durch die Gegend rennen und sitze schweigend da.

 

Ich bin ein Rassist – ohne Aber.

Oh man, merken die Leute es eigentlich nicht?

Jeder der einen Satz beginnt mit „Ich bin kein Rassist, aber…“ müsste doch irgendwann mal merken, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendeine fremdenfeindliche Scheisse nach dem Aber von sich geben wird. Sehr schön beschrieben gestern auf derWesten:

Sie erleben gerade ein Déjà-Vu, die Mitarbeiter des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS): „In den 90er Jahren sagten viele, „ich bin nicht ausländerfeindlich, aber…“ und am Ende brannten Häuser, starben Menschen in Hoyerswerda, Solingen. Heute sagen Menschen „Ich bin nicht rechts, aber…“ und spätestens im zweiten Satz äußern sie sich extrem rechts“, analysiert Martin Dietzsch, wissenschaftlicher Mitarbeiter.

Soweit, so klar. Und was lese ich, nachdem ich mich gestern erst über Tröglitz aufgeregt habe, ebenfalls auf derWesten?

Anlieger, die sich gegen die Lösung am Hunsdorfer Weg wehren, seien keine Rassisten. „Es geht schlicht darum, dass die Bank ihre Grundstücke niedriger bewerten wird, sobald Container am hinteren Gartenzaun stehen“, ist Wolfgang Schulte überzeugt.

Das ist doch echt nicht zu glauben! Merken die Leute echt nicht, was sie da machen?

„Ist mir doch egal ob der verrekt, Hauptsache mein Grundstück ist viel wert!“

Genau das ist es doch, was man der Inhalt des Gesagten ist. Als Alternative wird im gleichen Artikel auf Dinslaken verwiesen:

„Dinslaken konzentriert die Flüchtlinge an einer Stelle“, nennt er die Fliehburg als Beispiel, „da überlegt man auch nicht, Unterkünfte in Hiesfeld zu bauen.“

Dabei ist die Fliehburg genau das Gegenteil dessen, was man machen sollte. „Weit draussen“ (auch wenn ein Neubaugebiet nah herangerückt ist), dort wo niemand sie sehen kann und Integration ist dann auch eher ein Wunschtraum.

Ich frage mich ernsthaft, warum nicht mehr Leute sich hinstellen und Menschen wie Herrn Schulte fragen, ob er den Schuss eigentlich nicht gehört hat. Andersherum kenne ich die Antwort eines der Hünxer Bürgermeisterkandidaten an einen besorgten Bürger. Von klaren Worten keine Spur – was erwarte ich dann schon vom „normalen Bürger“, wenn selbst die Politik sich ziert, hier mal Klartext zu reden?

In Voerde werden wir die Diskussion um Asylbewerber in Kürze auch wieder führen. Da bin ich mir ganz sicher. Und dann werde ich mich wohl unbeliebt machen, wenn ich Menschen die ihre Sätze mit „Ich bin kein Rassists, aber…“ oder „Ich habe ja nichts gegen Asylbewerber, aber…“ beginnen entgegnen werde: „Doch bist Du und hast Du!“

Der Deutschen bliner Fleck: Zuwanderung ist nicht Zuwanderung, wenn es keine Zuwanderung ist

Es irritiert mich immer wieder.

Zur Zeit ist es scheinbar en vouge, sich wieder offen gegen jeden Ausländer zu stellen. Es ist den Menschen nicht einmal mehr peinlich die dümmsten rechten Stammtischparolen ins Internetz zu blasen. Siehe z. B. hier und hier.

Und es ist ja nicht nur, dass „die Deutschen“ sich erlauben so einen Scheiss in die Öffentlichkeit zu stellen. Es ist auch die Tatsache, dass mein Logikmodul durchzubrennen droht, wenn ich sowas lese. Denn ich bin ja nicht der Einzige, der auf den offensichtlichen Widerspruch hinweist:

Schon 2010, zur Hochzeit der „Sarrazin-Debatte“ schrieb der Spiegel:

Ab 2015 droht Deutschland ein massiver Fachkräftemangel. Angesichts der verheerenden Folgen für das Renten- und Sozialsystem hat sich der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Klaus Zimmermann für eine deutlich offensivere Einwanderungspolitik ausgesprochen.

Deutschland benötige „dringend Arbeitskräfte und Zuwanderer aus dem Ausland“, sagte Zimmermann dem „Hamburger Abendblatt“. Nötig seien „mindestens netto 500.000 mehr Menschen pro Jahr, um unsere Wirtschaftskraft dauerhaft zu sichern“.

Und das ist doch nur logisch:

Wenn wir den Status Quo erhalten wollen,  bei gleich bleibendem Geburtenrückgang und der demographischen Entwicklung, reicht die reinsassig deutsche Vermehrung (was für ein Schwachsinn. Unfassbar das es Menschen gibt die sowas glauben) einfach nicht mehr aus. Oder um es mal mit der Welt zu sagen:

Die deutsche Bevölkerung schrumpft und vergreist. Um die drohende Arbeitskräfte-Lücke zu schließen, werden bis 2050 mehr als eine halbe Million Zuwanderer im Jahr gebraucht – nicht nur aus Europa.

Welt, 27.03.15

 

Die Regierung geht von 300.000 Asylanträgen im Jahr 2015 aus. Vier Bundesländer intervenieren nun. Sie fordern eine Anhebung der Prognose, damit die nötigen Vorbereitungen getroffen werden können.

Welt, 22.03.15

 

Eigentlich müsste jetzt doch jeder, wirklich jeder dessen IQ vielleicht nicht auf dem Niveau der Raumtemperatur, aber wenigstens auf dem Niveau von Toastbrot liegt, begreifen: Wir brauchen Zuwanderung und die Menschen die zu uns kommen, sind keine Belastung. Sie sind im Gegenteil genau die Menschen, die wir ohnehin „locken“ müssten, wenn wir ungefähr die Verhältnisse halten wollen, die wir haben.

Natürlich ist nicht jeder Asylbewerber ein Raketenwissenschaftler.

Erstaunlicherweise trifft das aber auch auf die meisten Deutschen zu. Eine Gesellschaft besteht aus vielen Schichten und ist im Optimalen ein Schmelztiegel der Kulturen.

Und genau hier sind die Menschen die vor Tod und Krieg flüchten endlich nicht mehr als Belastung zu verstehen. Sondern als Bereicherung. Als Chance. Und unser Asylverfahren sollte zukünftig weniger danach ausgerichtet sein, ob die Flüchtlinge wirklich in ihrer Heimat gestorben wären. Als mehr danach, dass wir Zuwanderung brauchen.

Und nach dem „Riesenerfolg“ der Green-Cards sollten wir jetzt vielleicht einfach mal sagen: hey, die Menschen die da kommen, kommen in Hoffnung auf ein besseres Leben. Das können wir ihnen bieten – jetzt lasst uns schauen wie wir sie integrieren können und dann werden sie uns dafür auch zurück geben.

 

 

Die Welt wie wir sie uns machen. Oder: ein typischer Tag?

Meine Lieblingskollegin sagt gerade:

„Das ist die Realität die wir uns machen. Haste das Tor nicht gesehen? Da stand „Twilightzone“. Das ist nicht wie ein Gewitter, das einfach kommt – das hier sind wir.“

Tja…

Internet an

Srsly?

Ein Sprecher des Bundesamtes räumte den Vorgang grundsätzlich ein, machte aber zugleich deutlich: „Ein Säugling würde nie allein ohne seine Mutter oder seinen Vater abgeschoben“.

Ja ne, is klar. Geht’s noch? Will man hier die Eltern los werden? Und mal im Ernst: ein acht Monate altes Baby?? Wann genau sind eigentlich die letzten Reste Moral und Anstand auf dem Altar der Bürokratie geopfert worden?

*Klick*

WTF?

Ja, kein Witz. Abstimmungsergebnis zu Gunsten der Content-Mafia: 14 zu 12. Das sind 26 abgegebene Stimmen bei 23 anwesenden Politikern. Kein Grund zur Panik?

Dann nehmen wir auch tiefenentspannt zur Kenntnis, welcher Ausschuss das war:

The final kicker here is that the 113-per-cent voter turnout happened in the Legal Affairs committee (JURI), which has the responsibility of safeguarding the integrity and trustworthiness of the legal framework as a whole in Europe.

*Klick*

  • Sarkozy erhielt 42 Millionen Pfund für seinen Wahlkampf 2007 – von Gaddafi

Also jetzt ist die Schmerzgrenze echt überschritten. Denn natürlich wurde die großzügige Spende erst ausgiebig gereinigt:

At the time Mr Sarkozy was France’s interior minister with well-documented ambitions to succeed Jacques Chirac. Political financing laws ban candidates from receiving cash payments above €7,500 (£6,300) but Mediapart claims that €50 million mentioned in the memo were laundered through bank accounts in Panama and Switzerland.

*Internet off*

Ich mach dann mal das Internet aus und verkriech mich unter meiner Bettdecke. Weckt mich bitte, wenn die Gesellschaft den Sprung in die nächste Entwicklungsstufe geschafft hat und wir wieder etwas haben, dass man guten Gewissens Hochzivilisation nennen kann.

Ansonsten wäre der Weltuntergang 2012 vielleicht doch keine schlechte Idee.