Wir erinnern uns:
Im April hatte der Bundesanwalt Range noch mitteilen lassen, dass er nicht in Sachen NSA ermitteln täte:
Die Bundesanwaltschaft hat dementiert, dass sie wegen der neuen Spionage-Affäre im Zusammenspiel zwischen dem Bundesnachrichtendienst und dem US-Geheimdienst NSA Ermittlungen aufgenommen hat.
Quelle: FAZ
In Sachen „Merkel-Fon“ wurde dann aber ja doch ermittelt. Wir haben damals gespottet, dass die Überwachung des Volkes nicht wichtig genug ist, aber wenn es um Merkel geht… aber war wohl nicht so, denn die Ermittlungen wurden ganz schnell eingestellt:
Generalbundesanwalt Harald Range hat Ermittlungen wegen des Verdachts der Ausforschung des Handys von Kanzlerin Merkel eingestellt. Der Grund dafür ist bürokratischer Natur.
Quelle: Welt
Die bürokratische Natur war das hier:
Der Vorwurf lasse sich nicht gerichtsfest beweisen, teilte die Behörde am Freitag in Karlsruhe zur Begründung mit.
Wie das in der Kürze der Zeit so schnell fest stehen konnte, wird das Geheimnise der handelnden Personen bleiben. Ich persönlich vermute ja starke politische Motive.
Anfang Juli kam das Thema noch einmal auf. Nach Veröffentlichungen von WikiLeaks wurde der US-Botschafter zum Gespräch gebeten. Aber sofort war klar:
Die Bundesanwaltschaft leitet nach den neuen Wikileaks-Enthüllungen über Abhöraktionen des US-Geheimdienstes NSA in Deutschland erst mal kein neues Ermittlungsverfahren ein. Das teilte die Behörde am Donnerstag in Karlsruhe mit.
Quelle: ND
Ebenfalls bemerkenswert schnell und unter dem Radar der meisten. Dumm nur, dass WikiLeaks jetzt noch einmal nachlegt und dem Bundesanwalt all das präsentiert, was er eigentlich hätte ja mal zusammen mit den „Sicherheitsbehörden“ ermitteln können:
Today, Wednesday 8 July at 1800 CEST, WikiLeaks publishes three NSA intercepts of German Chancellor Angela Merkel, together with a list of 56 National Security Agency (NSA) target selectors for the Chancellor and the Chancellery. It lists not only confidential numbers for the Chancellor, but also for her top officials, her aides, her chief of staff, her political office and even her fax machine. The combined German NSA target lists released by WikiLeaks so far shows the NSA explicitly targeted for long-term surveillance 125 phone numbers for top German officials and did so for political and economic reasons, according to its own designations.
Quelle: WikiLeaks
Wäre der Großteil der Deutschen nicht mit Griechenland erfolgreich abgelenkt, müsste die Luft für Range, aber auch Merkel, jetzt bermekenswert dünn werden. Denn mit Nicht-Wissen kann sich jetzt eigentlich niemand mehr ausreden und die Ausreden der Veergangenheit werden überdeutlich zu „Nicht-Wissen-Wollen“ der Verantwortlichen.
Ich bin mal gespannt wie das weiter geht. Der Artikel bei WikiLeaks läßt ja keinen Zweifel daran, dass das Bundeskanzleramt schon länger Bescheid gewusst haben muss.
Damit einher geht auch die jüngste Veröffentlichung über die Mittwissenschaft der deutschen Sicherheitsbehörden:
Geheime Akten belegen: Deutsche Sicherheitsbehörden hatten spätestens 2002 den Verdacht, dass Briten und Amerikaner im Berliner Regierungsviertel den Mobilfunk abhören.
Quelle: Zeit
Ich bin mal gespannt, wie in 20 oder 30 Jahren über heute gedacht wird. Wenn nach und nach bekannt wird, dass die jetzt öffentlichen Informationen ja wie üblich nur die Spitze des Eisbergs sind.
Etwas nettes hat die ganze Nummer dann aber doch: Es wird klar, dass nicht nur die Bevölkerungen unter dem Auge der Geheimdienste stehen. Sondern auch Regierungen. Was wiederum die Frage aufkommen läßt, wie unabhängig Regierungen noch arbeiten können. Wenn anzunehmen ist, dass bei jeder Gelegenheit ein Herr im Anzug um die Ecke kommt und sagt:
„Nette Politik, die sie da machen wollen. Aber stellen Sie sich mal vor, dieser Koffer mit Fotos Ihrer letzten 50 Shades-Party würde im Zug vergessen werden… „