Liebe FDP Voerde…

In einem Kommentar hier im Blog schreibt ein Dirk Benninghoff:

Ach ja…zum Thema „schwierige Zeiten“ für Voerde….Respekt,da haben Sie ja ein ganz tolles Mittel mit einem Bürgermeisterkandidatencasting! Klasse,Herr Meiners…..

Ich nehme jetzt einfach mal eine verwandtschaftliche Beziehung zu unserem Herrn Benninghoff von der FDP Voerde an. Ich weiß auch nicht ob er für die FDP Voerde spricht. Der Eindruck ist bei mir jedoch entstanden.

Aber ich nehme auf jeden Fall an, er ist politisch in der FDP tief verwurzelt. Auch, weil er ja 2009 Bezirkskandidat für die FDP Dinslaken gewesen ist.

Vielleicht hätte dieser gute Herr Dirk Benninghoff mal Google benutzen sollen, bevor er der FDP Voerde einen Bärendienst erweist.

Denn das, was er „Bürgermeisterkandidatencasting“ nennt, ist witzigerweise von der FDP bereits Mittel der Wahl gewesen:

Begründet hat die FDP ihren Vorstoß damit, dass durch eine öffentliche Ausschreibung rechtzeitig eine Persönlichkeit gefunden werden könnte, die nicht per Parteibuch ins Amt komme, sondern aufgrund von Qualifikation, Berufserfahrung und Persönlichkeit überzeuge.

Das ist so amüsant, dass ich es gar nicht weiter kommentieren möchte…

 

Manchmal ist es so naheliegend….

In einem Artikel in der NRZ heute morgen, derzeit nur im Print, bekommen SPD und CDU Gelegenheit, sich zu dem Plan der Grünen, WGV und Linken in Voerde zu äußern. Dieser Plan ist es, weder die Kandidatin der CDU, noch den Herausforderer der SPD im Wahlkampf zu unterstützen. Vielmehr soll das Bürgermeisteramt ausgeschrieben werden.

In dem Artikel wird der Chef der örtlichen SPD zitiert:

Insgesamt ist Goemann über das Vorgehen von Grünen, WGV und Linke „verwundert“. Wenn sie beklagten, in den vergangenen Jahren am „Katzentisch“ gesessen zu haben, sollten sie sich überlegen, „warum das so ist“.

Weiterhin merkt er an:

Der SPD-Parteichef bedauert, dass mit den Kleinen in der Bürgermeisterfrage keine Einigung erzielt werden konnte. Sollten sie einen eigenen Kandidaten aufstellen, könnte es zu einer Stichwahl kommen.

Beide Punkte sind beachtenswert. Auf der einen Seite frage ich mich, was das „Bedauern“ hinsichtlich einer Stichwahl soll. Ist es das Ansinnen der SPD, den Bürgern die wirklich freie Wahl zu lassen? Wenn ja, ist eine Stichwahl doch Ausdruck des Wählerwillens. Es stellt ein interessantes Demokratieverständnis dar, wenn man erwartet, dass schon im ersten Wahlgang einer (der eigene!) der Kandidaten gefälligst gewählt zu werden hat.

Viel Besser finde ich aber die „Katzentisch“-Nummer: Die drei Parteien repräsentieren in Voerde gut 20% der Stimmen. Das ist schon eine ordentliche Größe. Und abgesehen von der Größe an sich, sollte jede Partei im Rat das gleiche Ansehen genießen.

In dem Artikel aber wird konsequent verniedlichend nur von „den Kleinen“ gesprochen.

Schon in der Unterüberschrift und dann mehrfach im Text. Aus dieser Formulierung trieft eine solche Überheblichkeit der beiden großen Parteien, dass man die Frage nach dem „warum“ relativ einfach beantworten kann: Die SPD und CDU in Voerde leben in einer inoffiziellen großen Koalition und ignorieren weitestgehend alle anderen Parteien – es sei denn es dient den ausschließlich eigenen Interessen. Bewegung auf die anderen Parteien zu kann man eigentlich nicht feststellen.

Dafür spricht auch, dass der SPD-Kandidat es jetzt nicht mehr für nötig hält, sich bei anderen Parteien vorzustellen:

Auch mit der WGV hatten die Sozialdemokraten noch sprechen wollen; nach der Nachricht, dass die drei Kleinen im Stadtrat auf einen eigenen Kandidaten setzen wollen, den sie hoffen, über ein öffentlich ausgeschriebenes Bewerbungsverfahren zu finden, habe der geplante Gesprächstermin mit ihrem Bürgermeisterkandidaten Dirk Haarmann nicht mehr stattgefunden, so Goemann.

Denn die SPD will ja den nächsten Bürgermeister stellen. Den Kandidaten der Grünen, WGV und Linken hält sie für keine Herausforderung. Also könnte man doch annehmen, dass der mögliche zukünftige Bürgermeister sich schon mal vorstellen geht. Denn vielleicht muss man ja ab Mitte des Jahres zusammen arbeiten. Das jetzt nicht zu machen, weil es noch einen weiteren Kandidaten geben soll, ist meiner Meinung nach keine gute Verhaltensweise. Auf mich wirkt sie arrogant.

Und bei aller Kritik sollte die SPD auch mal darüber nachdenken, was demokratischer ist: Mal wieder einen Kandidaten von irgendwo her aus dem Hut zaubern, den Mitgliedern vorsetzen und hoffen, dass man ihn im Wahlkampf beliebt genug machen kann – oder offen an die Frage heran zu gehen, wer die möglicherweise beste Alternative für die Zukunft Voerdes ist und in einem ergebnisoffenen(!!!) Verfahren einen geeigneten Kandidaten zu suchen?

Aber hey, das birgt ja das Risiko, dass es tatsächlich ein überparteilicher Bürgermeister ist, der im Amt nicht die Interessen der eigenen Leute priorisieren könnte.

Obwohl, das ist gemein. Natürlich würde eine Simone Kaspar nie dankbar der CDU gegenüber sein, dass diese sie erst in ein gut bezahltes Amt in der Verwaltungsspitze gehoben hat – und sie dann zur Bürgermeisterin gemacht hat. Genau so wenig, wie Dirk Haarmann der SPD Dankbarkeit gegenüber bringen würde, wenn diese ihn zu einem Bürgermeister macht. Beide Kandidaten würden nach der Wahl selbstverständlich und ausschließlich überparteilich dem Wohl der Voerderinnen und Voerder dienen. Zumindest sagen sie das.

Klimawandel? Nicht mit Voerde. Und wenn, dann erst in ferner Zukunft…

Gestern war in Voerde der Planungs- und Umweltausschuss zu gange. Diesmal mit mir als Zuhörer, denn eigentlich war ich gekommen, um mir die Diskussion zum Thema Asylbewerberheime anzuhören. Das es dazu mit dem Publikum letztlich keine größere geben sollte, machte der Vorsitzende gleich zu Anfang klar, als er erklärte, zu dem Tagesordnungspunkt die Sitzung nicht unterbrechen zu wollen.  Das wäre ihm möglich, um den Anwohnern Raum zugeben, mit den anwesenden Politikern und Vertretern ins Gespräch zu kommen. Nun gut, es war das Recht des Vorsitzenden und das soll hier auch nicht Thema sein.

Denn bis zu dem Tagesordnungspunkt bin ich gar nicht geblieben. Ich bin vorher abgehauen, weil ich sonst hätte meine Klappe nicht mehr halten können und da ich ja nur Zuschauer war, wäre das sehr negativ aufgefallen.

Dem voraus gegangen waren zwei Dinge.

Das erste war eine Drucksache 803, die als Tischvorlage kurzfristig eingeschoben wurde. Darin ging es darum, dass der Stadtrat einen Beschluss zur 70. Änderung des Flächennutzungsplan zurück nehmen sollte. Aus Sicht der Verwaltung vor allem deswegen, weil die darin festzulegende Änderung einer Flächennutzung nicht mehr gebraucht würde. Es ging um Ausgleichsfläche für den Wald, den man auf dem Babcockgelände vernichten will. Erst auf (durch mich) initiierte Nachfrage kam dann aber heraus:

Wenn der Rat die Drucksache nicht zurück nimmt, bekommt die Stadt auch keine Zustimmung zur 65. Änderung des Flächennutzungsplans – der wiederum die Voraussetzung dafür ist, auf dem Babcockgelände überhaupt einen Sportpark errichten zu können. Das solche zwingenden Verhältsnisse nicht sauber dargestellt werden und eine so wichtige Entscheidung (die Rücknahme) einfach als „Tischvorlage“ und ohne Diskussion in den Fraktionen beschlossen wird, halte ich persönlich für (um es vorsichtig auszudrücken) keinen guten Stil.

Man könnte auch sagen: Ich halte es für eine Sauerei!

Direkt daran anknüpfend kam es dann zu einer weiteren heiteren Diskussion in Sachen Sportplatzverlagerung (Drucksache 774). Im Laufe der Diskussion gab dann Herr Seydel, in Voerde auch Verantwortlicher für das Umweltamt(!) folgende bemerkenswerte Erklärung ab:

Der Leiter des Planungsamtes erläuterte, warum die Verwaltung trotz schlechter Umweltnoten dafür ist, am alten Babcockgelände festzuhalten. Die Fläche sei verfügbar und die städtebaulichen Belange seien auf lange Sicht „höher zu gewichten“, da die Folgen langfristig wirkten. Der Wald dagegen, der für das Vorhaben weichen muss, wachse auf den Ersatzflächen wieder heran, befinde sich nach 30 Jahren im gleichen Zustand wie vorher, das ökologische Potenzial sei nach einer gewissen Zeit wieder ausgeglichen.

Christian Garden hat Recht, wenn er angesichts einer solchen Argumentation den Gedanken in den Raum wirft, dass die Verwaltung nicht neutral Standorte prüft, sondern einem vorher vorgegebenen Zielpfad folgt. Das kann man meiner Meinung nach auch daran sehen:

Zunächst wurde bei der späten Vergleichsuntersuchung festgestellt, dass mit den von der Stadt(!) gewählten Vergleichskennzahlen 2 Planorte gleichwertig sind. Dann wird aber behauptet, der eine sei doch nicht gleichwertig, weil man dort ja länger zum Planen brauche. Das das ein schwaches Argument ist, ist wohl aufgefallen und jetzt sind es plötzlich die „städtebaulichen Belange“, die den Standort Babcockwald zwingend erscheinen lassen sollen. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Und dann die Argumentation mit der langen Sicht:

Im Jahre 2013 dürfte auch am letzten Ignoranten nicht vorbei gegangen sein, dass wir nicht mehr von einem möglichen Klimwandel in der Zukunft reden  – sondern schon heute die Auswirkungen des menschlichen Handelns zu spüren bekommen. Natürlich wachsen die Bäume nach und haben irgendwann ihren ökologischen Wert wieder erreicht. Das hilft uns nur leider jetzt gar nichts. Und auch morgen nicht, wenn man wieder ein Sturm über unser Land fegen wird.

Wir müssen heute, hier und jetzt anfangen, die ökologischen Folgekosten in unsere Planungen mit einzubringen. Und dazu gehört eben auch, dass wir nicht darauf hoffen dürfen in 30 Jahren was gegen den Klimawandel tun zu können. Sondern das wir heute schon alles unternehemen müssen, um die Folgen so niedrig wie möglich zu halten. Nicht umsonst mahnen Wissenschaftler bereits internationale Warnsysteme an.

Wie kann man sich dann als Leiter des Umweltamts hinsetzen und sagen: ach, in 30 Jahren ist doch wieder alles so wie heute?

Traurig ist daran, dass Herr Seydel vermutlich als guter Beamter (oder Angestellter?) nur den Vorgaben folgt, die er vom ersten Beigeordneten bekommt, der wiederum nur die Linie des Bürgermeisters vertritt. Und dessen Linie Ausdruck der einigen Politik der Voerder CDU und leider auch SPD ist.

Dabei wäre gestern die Chance gewesen zu sagen:

  • Ja, wir wollen uns gegen den Klimawandel stemmen und erhalten 80.000 Bäume im Babcockwald!
  • Ja, wir wollen den Sport fördern und forcieren mit Nachdruck den Bau der Sportanlage am Alternativstandort

Und das Beste wäre gewesen: Keine(!) der Parteien hätte gegen den Alternativstandort gestimmt. Während so aber die Grünen, die Linke und die WGV sich nach wie vor gegen das Projekt stemmen müssen. Nicht, weil es keine guten Sportstätten geben soll. Sondern weil es die nicht um jeden Preis geben darf.

Und der Preis wird nicht erst in 30 Jahren fällig, wie sich das Verwaltung der Stadt Voerde wohl vorstellt.

Der Preis wird morgen schon fällig. Wenn wir die erste Rate der Rechnung für unser Handeln zu bezahlen haben.