Es ist… nicht schön

Ich lebe in einer Zeit, in der vieles besser sein könnte, als es ist. Und wie schizo das manchmal ist, macht mir echt zu schaffen.

Im Radio höre ich von dem Nicaragua-Kanal und denke mir, es ist eigentlich mal an der Zeit sich darüber zu informieren. Das geht, dank Wikipedia super. Für mich ist Wikipedia so unverzichtbar geworden, dass ich jedes Jahr, wenn gegen Weihnachten die Aufforderung kommt, gerne dafür Spende.

Allerdings spende ich in der Weihnachtszeit bei fast jedem Einkauf auch für etwas anderes. Für ein Projekt mit dem Namen „Für jeden Braten einen Paten“. B5E94FoIcAAdSn5

Und jedes Mal wenn ich die Gutscheine in meinen Einkaufskorb fallen lasse (ich nehme bei fast jedem Einkauf welche mit), möchte ich eigentlich laut schreiend aus dem Laden rennen.

Wieso kann 2014 die Welt nicht so weit sein, dass ich mein Geld für gemeinnützige Projekte wie Wikipedia allein ausgebe. Die sinnvoll sind, aber keine extenzielle Auswirkung habe?

Warum lebe ich in einem Land, das zu den reichsten Nationen der Erde gehört und kaufe Gutscheine, weil es Menschen gibt die zu arm sind, sich auch nur zu Weihnachten „etwas Gutes“ gönnen zu können – wobei wir bei 5€ ja weniger von Qualitätsfleisch reden können, besonders wenn es um Familien geht.

Und genau um die geht es:

Jedes sechste Kind in Deutschland ist von Hartz-IV-Leistungen abhängig. Darauf machte die Arbeitsmarkt-Expertin der Linke-Fraktion, Sabine
Zimmermann, unter Bezug auf eine offizielle Statistik der Bundesagentur für Arbeit in Berlin aufmerksam.

„Besonders zu Weihnachten spüren viele Kinder, dass sie in ärmlichen Verhältnissen aufwachsen müssen“, sagte Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur. „Für
Hartz-IV-Beziehende ist es ungleich schwerer, ihren Kindern ein schönes Weihnachtsfest zu bescheren.“ Nach den jüngsten offiziellen Zahlen waren im Juli mehr
als 1,64 Millionen Unter-15-Jährige auf Hartz IV angewiesen oder lebten in einer Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaft.

Das waren 15,5 Prozent. Binnen eines Jahres war
die Zahl um gut 7000 gestiegen.

Tagesspiegel vom 22.12.2014

Das wirklich Schlimmste ist, dass ich nichts dagegen machen kann.

Und während Familien in Deutschland nicht wissen, wo sie was zu beißen her kriegen, gehen 15.000 Menschen gegen eine imaginäre Überfremdung auf die Straße.

Das schließt dann auch den Kreis. Denn Asylbewerber, Menschen die alles zurück lassen mussten, kriegen ja nicht mal H-IV. Sie wissen also auch nix von dem Programm. Und werden damit Weihnachten sogar noch eine Stufe weiter unten stehen. Und dabei ist es mir scheiss egal, ob Weihnachten Teil ihrer Religion es.

Mir wäre wichtig, dass in diesen Tagen im Dezember ALLE Menschen in Deutschland, ja sogar auf der Welt einfach mal durchatmen können. Und vielleicht wirklich mal 3 Tage haben, in denen sie von ihren Sorgen Abstand nehmen können. Ach man, das ist einfach eine ungerechte Scheisswelt. Wohlgemerkt nicht von Natur aus. Sondern als Produkt menschlichen Handelns. Der „Krönung der Schöpfung“.

 

Wäre es in dem Kontext nicht unangebracht, ich würd den Spruch mit dem Fressen und Kotzen anbringen.

 

„Verlust erfahrener Mitarbeiter, die sie auf die Schnelle nicht ersetzen könnten“

Schreibe ich über ein Thema, habe ich oft mehrere mögliche Perspektiven. Einige davon bieten sich an und andere haben das Problem, eine Tendezn zu zeigen. Die man vielleicht vermeiden sollte.

Die Überschrift dieses Blogbeitrags ist ein Zitat aus der Westen, dass in Gänze so lautet:

Ansturm auf die Rente mit 63: Bis Ende Juli haben bereits 85. 000 Menschen in Deutschland die abschlagsfreie Rente mit 63 beantragt. Aus den Unternehmen mehren sich bereits die Klagen über den Verlust erfahrener Mitarbeiter, die sie auf die Schnelle nicht ersetzen könnten.

Es dürfte wenig überraschend sein, dass die Menschen so schnell wie möglich aus dem Arbeitsleben ausbrechen wollen. Das ohnehin nur mit Mühen heute noch als „notwendig“ verkauft werden kann. Zudem spricht ja niemand über den offensichtlichen Logikbruch, dass länger arbeien lassen auch bedeutet, dass immer ältere Menschen arbeiten.

Womit wir voll im Thema sind: Es ist doch nicht das Problem der Menschen die mit 63(!!!) endlich LEBEN wollen, wenn die Unternehmen es nicht schaffen, Nachwuchs heran zu züchten? Weil Unternehmen ja hoffen, die Arbeitskräfte möglichst lang (65? 70?) verschleissen zu können. Man kann sowas schlicht eine verfehlte Personalpolitik nennen.

Man könnte also auch schreiben: „Unternehmen verpassen Chance zur Verjüngung des Personalstamms“. Oder „Unternehmen erkennen, dass sie sich zu wenig um Nachwuchs kümmern“. Oder oder oder. Man kann aber natürlich auch so tun, als käme das alles völlig überraschend auf die armen, armen Unternehmen zu, die gleichsam am Rande des wirtschaftlichen Zusammenbruchs stehend erleben müssen, wie ihre Besten der Besten einfach keinen Bock mehr haben.

Wie gesagt, es gibt immer mehr als eine Perspektive…

Der Generalbundesanwalt Harald Range

Eigentlich wollte ich zum Generalbundesanwalt was schreiben. Dazu wie er sich feige weg duckt. Wie eine der höchsten Institutionen des Rechts selbiges mit Füßen tritt. Ich wußte nur nicht, was ich schreiben soll.

Deswegen freue ich mich, dass UdoVetter im LAWBLOG mir voll aus der Seele schreibt:

Ich hatte Mühe, die Einleitung zu diesem Beitrag sachlich zu formulieren. Aber jetzt muss es raus:

IST DAS WIRKLICH EUER ERNST, IHR FEIGEN SCHNARCHNASEN?

SIND WIR JETZT ENDGÜLTIG EINE BANANENREPUBLIK?

Lohnt sich zu lesen: Klick!

Die Würde des Menschen ist antastbar: Das Thema ist durch

Na?

Mal ehrlich: Hat von Euch einer es für wahrscheinlich gehalten, dass die deutsche Regierung den Arsch in der Hose hat, Snowden in Deutschland zu befragen? Und ihm dafür den notwendigen Rechtschutz anzubieten?

Artikel 1 – alte Fassung

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Natürlich nicht, oder?

Und so ist es dann auch gekommen:

Offenbar will Snowden seinen Stand in Amerika nicht verschlechtern; insgeheim mag er noch auf eine Einigung mit den US-Behörden hoffen. Die Alternative wäre wiederum ein Deal mit der Bundesregierung. Aber dazu wird es nicht kommen. „Das Thema ist durch“, heißt es im Ausschuss. Auch wenn ihr Vorsitzender es etwas zurückhaltender formuliert: „Auf absehbare Zeit rechne ich nicht mit einer Vernehmung“, sagte Sensburg der NRZ.

Und ich meine, dass mus man auch verstehen. Denn schließlich ist hier lediglich das Leben eines Menschen in Gefahr und damit kann man wirklich nicht rechtfertigen, die Transatlantischen Beziehungen zu gefährden. Also um genau zu sein, die demütige und tief gebückte Haltung Deutschlands und Europas und vieler Länder vor den USA.

Es sei ein „irrer Zustand“, so Ströbeles Parteifreund Konstantin von Notz, dass der Mann, der für westliche Werte seine Existenz aufs Spiel gesetzt habe, nun bei Putin Unterschlupf finde. Es sei schäbig, dass die Regierung Merkel den „Whistleblower“ nicht in Schutz nehme. Das sei „ein historischer Fehler“ der Kanzlerin, meint Notz.

Allein, auch die Wut der Grünen verraucht irgendwann. Morgen geht der Ausschuss zur Tagesordnung über und vernimmt prominente Staatsrechtler wie Hans-Jürgen Papier, Wolfgang Hoffmann-Riem oder Matthias Bäcker.

Und an dem Fall Snowden werden vermutlich dereinst Historiker fest machen, ab wann sich die deutsche Regierung nichteinmal mehr die Mühe gemacht hat so zu tun, als würde sie ihre Bürger vor staatlichen Gewaltexzessen schützen.

Artikel 1 – neue Fassung

(1) Die Würde des Menschen ist nicht unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, sofern staatliche und oder unternehmerische Zwecke dem nicht entgegenstehen.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. Ausgenommen sind lediglich die Handlungen sogenannter „Verbündeter“.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. Geltendes Recht kann jedoch von sogenannten „Verbündeten“ in eigenem Sinne durch Rechtsgutachten umgestaltet werden.

Warum man morgens nicht ins Internet sollte

Es gibt so Tage.

Normalerweise ist das Internet morgens für mich so selbstverständlich, wie der Kaffee. Mails checken, RP und WAZ im ePaper durchblättern, mal über Twitter schauen…

Und manchmal möchte ich den Kaffee über die Tastatur spucken und denke WTF? Lieber Herr, bitte lass das einen Scherz sein. So schlecht er auch sein mag, als Scherz wäre es mir alle Mal lieber, denn als Realität.

Wenn die Zeitung den Puls und Hals anschwellen lässt…

Heute ist wieder einer dieser Tage.

Da schlage ich die Zeitung auf lese in einem einzigen Artikel gleich zwei Punkte, die mich echt wütend machen können. Die Rheinische Post schreibt, leider nur hinter Paywall:

Düsseldorf In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der über 60-jährigen Tatverdächtigen in NRW um 8,9 Prozent angestiegen – im vergangenen Jahr wurden 31 196 kriminelle Senioren ermittelt. Das geht aus der Kriminalstatistik für 2013 hervor, die NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) gestern vorgestellt hat. Die Zahl der Senioren, die Opfer von Straftaten wurden, stieg seit 2004 sogar um 31 Prozent an. Ursache für den Trend ist offenbar der demografische Wandel.

Ursache ist der demografische Wandel? So als wären mehr alte Menschen mit mehr kriminellen alten Menschen gleich zu setzen? Reden wir hier nicht über die Generation, die noch versucht hat uns Werte zu vermitteln? Wäre es, auch im Sinne einer Berichterstattung, mal nicht sinnvoll, nicht einfach nur die PR aus dem Ministerium zu drucken? Sondern mal Fragen zu stellen wie: „Hat das vielleicht was mit um sich greifender Altersarmut zu tun?“

Und dann im gleichen Artikel:

Sorge bereitet den Ermittlern auch der Anstieg der Computer-Kriminalität. Bei der Kinderpornografie stieg die Fallzahl um fast 15 Prozent auf 1578 an. Wegen der fehlenden Vorratsdatenspeicherung sei Deutschland möglicherweise zu einem Rückzugsraum für die Täter geworden, hieß es. Dem Cybercrime-Kompetenzzentrum des Landeskriminalamts gelang 2013 ein spektakulärer Schlag. Dabei wurde ein Junge in den USA aus den Händen eines Peinigers befreit.

Also…

der einzige(?) Erfolg eines ganzen Kompetenzzentrums soll die Befreiung eines Jungen in den USA sein? Und deswegen ist Deutschland Rückzugsraum und das wegen der fehlenden Vorratsdatenspeicherung? Ich hab ja schon viel Unsinn gelesen, aber hier gilt ja nur noch: Hallo, Mc Fly, jemand zu Hause?

Liebe Rheinische Post, was Ihr hier macht, kann man nur noch mit Kopfschütteln quittieren. Ihr lasst Euch vor den politischen Karren spannen, mit dem unsere Freiheit im Namen einer nicht echten „Sicherheit“ abgebaut wird und hinterfragt das nicht einmal im Ansatz?

Aus dem Kalten Krieg nichts gelernt?

Manchmal frage ich mich ja, ob wir aus der Geschichte nichts lernen können.

Oder nichts lernen wollen:

Die Bundesregierung erwägt als Reaktion auf den NSA-Überwachungsskandal, die Geheimdienst-Aktivitäten der USA und anderer Verbündeter auf deutschem Boden ins Visier zu nehmen. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet über Pläne, die Abteilung Spionageabwehr des Verfassungsschutzes auszubauen.

Quelle: Heise

Obwohl sich die deutschen Geheimdienste im In- und Ausland als Macht- und Nutzlos präsntiert haben, will man jetzt die gleichen massiv ausbauen um dann „zurückzuschlagen“. Das erinnert mich fatal an den Kalten Krieg, auch wenn es hier nicht um Bomben und Raketen geht. Und es ist ein interessantes Bild, dass unsere Politik auf die Spionageaffäre offensichtlich keine andere Antwort weiß, als Spion vs. Spion.

Und das, meine Damen und Herren, in 2014. Vergleicht das mal damit, wie Ihr Euch damals vorstellt habt, wie die Welt im Jahr 2000 ist…

 

Neuen Verkehr wagen

Als ich vor gut einem Jahr von dem Versuch der Stadt Tallin las, den ÖPNV kostenlos anzubeiten, gab es wenig optimistische und viele pessimistische Stimmen dazu. heute sind wir ein Jahr weiter und ein ganzes Stück schlauer:

Die TAZ berichtet:

Seit einem Jahr wird öfter über die estnische Hauptstadt Tallinn berichtet als sonst. Der Grund ist: Tallinns Bürger haben seit dem 1. 1. 13 einen kostenlosen Nahverkehr. Es ist die erste europäische Hauptstadt, die diesen Schritt geht. Das Ergebnis? Busse, Straßenbahnen und Oberleitungs-Busse sind reichlich, zu zehn Prozent mehr ausgelastet. Der Autoverkehr im Zentrum reduzierte sich um 15 Prozent, im gesamten Stadtgebiet um neun Prozent. Den Ausstoß von CO2 verminderte das um 45.000 Tonnen.

Und auch die Finanzierung ist wohl kein Problem:

Finanziell ist die Sache bisher kein Problem. Ohnehin wurden die Kosten des ÖPNV nur zu einem Drittel durch den Ticketverkauf gedeckt – 2012 waren es 12,5 Millionen Euro. Gleichzeitig stiegen, seit es die Freitickets gibt, in Tallinn die Anmeldezahlen. Gut 12.000 Menschen, die in Tallinn arbeiten, aber im Umland oder sogar anderen Städten wohnen, verlegten ihren Hauptwohnsitz. Dazu kommen diejenigen, die bisher unter der Adresse ihrer Datsche außerhalb der Stadtgrenze polizeilich gemeldet waren, und Leute, die gar nicht registriert waren. Sie alle zahlen nun ihre Steuern in die Stadtkasse. Pro Person sind das durchschnittlich 1.200 Euro. Damit ist das Projekt momentan solide gegenfinanziert.

Das klingt ja fast zu gut um wahr zu sein. Und deshalb funktioniert es auch nicht einfach so, sondern nur in einem Gesamtkonzept. Dieses Konzept muss sich eben nicht nur mit der Frage der Finanzierung an sich auseinander setzen. Es muss auch Fragen beantworten können, die (vor allem in Deutschland) derzeit nicht Laut gestellt werden dürfen. Zum Beispiel ob die stringente Ausrichtung des Straßenverkehrs auf den motorisierten Individualverkehr nicht mehr Probleme schafft, als das sie löst.

Interessante Gedankenspiele ergeben sich dann in der Folge zwangsläufig. So kann man zum Beispiel mal die Frage stellen was passieren würde, wenn man einen kostenlosen ÖPNV in Metropolregionen anbieten würde – und den Menschen dafür Autobahnen weg nähme. Allerdings nicht zu Gunsten neuer Straßen, sondern zu Gunsten der Lebensqualität.

Die Frage nach der Mobilität sollte in den nächsten Jahren genauso Priorität genießen, wie die Frage nach dem Bedingungslosen Grundeinkommen. Unsere Gesellschaft steht an einem Scheidweg und eigentlich ist doch allen klar, dass es so wie bisher nicht weiter geht. Was es also braucht ist der Mut, auch mal unkonventionelle Fragen zu stellen. Und am Besten fangen wir heute damit an. Tallinn und Soul als Vorbilder fest im Blick

Die perverse Logik der Überwacher

Das Spiel, dass die NSA und andere Geheimdienste mit uns spielt, erinnert fatal an die Diskussion um Websperren. So berichtet Heise gerade über die Expertengruppe, die Obama bei der „Reform“ beraten soll:

Die Speicherung von Verbindungsdaten müsse nur einmal zur Abwehr eines Anschlags führen, damit sich der Aufwand gelohnt habe, sagte der ehemalige CIA-Vizechef Michael Morell.

Das kommt mir so verdächtig bekannt vor. Es erinnert mich an die Diskussionen um Vorratsdatenspeicherung und Websitesperren. Zugleich zeigt sie aber auch das wesentliche Problem: Es wäre doch furchtbar einfach für eine solche Methode Werbung zu machen, wenn es nachweisbare, qualitative und quantitative Ergebnisse gibt. Bleiben die aus, muss eben der Bullshit-Generator angeworfen werden.

Damit muss dann auch schnell und lautstark überdeckt werden, wenn der Einsatz von Überwachungstechnik sogar das Gegenteil erreicht. Die Zeit schreibt:

Die massenhafte Telefonüberwachung seitens des Geheimdienstes NSA hat nach Ansicht der New America Foundation bislang nur wenig dazu beigetragen, Anschläge zu vereiteln. Wie die Washington Post berichtete, untersuchte die Denkfabrik 225 Terrorismus-Fälle seit den Anschlägen vom 11. September 2001.

Die Organisation komme zu dem Schluss, dass die Ermittlungen meistens durch traditionelle Strafverfolgungs- und Fahndungsmethoden angestoßen worden seien. Dagegen habe das Sammeln von Telefondaten seitens der NSA „keinen erkennbaren Einfluss auf die Verhinderung von Terrorakten gehabt“.

Während also keine Erfolge zu verzeichnen sind, werden zugleich wichtige Ressourcen, allen voran Mitarbeiter und Geld, in diesen Überwachungsmaschinen gebunden und verbrannt.

Die, da bin ich mir sicher, durchaus einen Sinn und Zweck haben. Nur nicht den, den man uns verkaufen will, nämlich das Leben sicherer zu machen. Wie die jüngsten Toten im Drohnenkrieg leider plakativ belegen.

Vollends pervers wird es dann, wenn eine Regierung, ja UNSERE Bundesregierung in dem letzten verlinkten Artikel dann ein solches Statement von sich gibt:

Die Bundesregierung betrachtet die Tötung von Deutschen, die sich in der pakistanischen Provinz Waziristan gewaltbereiten Gruppen anschließen, als legitim. Dies gelte auch dann, wenn sie nicht unmittelbar an Kampfhandlungen beteiligt seien. “Wer nach Waziristan geht und dort umkommt, ist selbst schuld,” formulierte ein hoher Beamter des Bundesinnenministeriums im vergangenen Dezember.

Das zeigt meiner Meinung nach, dass wir jetzt nicht leise werden dürfen. Und das wir auch die Geschehnisse in Deutschland wieder auf den Monitor holen müssen. Denn aktuell, so scheint es, ist der Fokus auf die NSA gerichtet – sehr zum Gefallen derer, die in Europa nichts anderes machen. Und es geht nicht nur darum, die „Herrschaft im Internet“ zurück zu gewinnen und die demokratischen Möglichkeiten dieses wunderbaren Mediums auszubauen.

Es geht darum, ein weltweites abdriften der demokratischen Staaten in geheimdienstlich gesteuerte Polizeistaaten zu verhindern…

Nichtnachricht des Tages: Die USA verweigern sich dem No-Spy-Abkommen

Und eigentlich könnte hiermit alles gesagt sein:

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Die SZ, und in der Folge alle möglichen Medien, berichtet heute, dass das No-Spy-Abkommen mit den USA zu scheitern droht:

Das geplante No-Spy-Abkommen der Bundesrepublik mit den USA droht zu scheitern. Dass die beiden Länder gegenseitige Spionage nicht vertraglich ausschließen können, sorgt für Empörung.

Allerdings bin ich geneigt, die Partei übergreifende Erregung als Kasperletheater abztun. Oder wie Knuddelbacke auf Twitter schreibt:

Denn ehrlich betrachtet:

  1. War die Regierung nie überrascht
  2. War und ist die Regierung nicht an Aufklärung interessiert
  3. War und wird niemand mit den USA auf Konfrontation gehen.

Wobei vor allem letzteres spannend ist. Denn mit den im Moment auszuhandelnden „Freihandelsabkommen“ (die aus anderen Gründen eine Katastrophe sind), hätte man ein gewichtiges Pfund in der Hand. Außerdem könnte man den SWIFT-Transfer einstellen, die Abkommen zur Fluggastdatenspeicherung auflösen und so weiter. Denn, weltpolitisch gesehen, braucht die USA Europa dringender als wir die USA.

Gleichwohl hat kein mächtiger Politiker in Deutschland oder der EU genug Arsch in der Hose, jetzt wirklich aufzustehen und zu sagen: Okay, dann eben keine Daten mehr von uns. Oder: Okay, dann geben wir Snowden Asyl und lernen aus seinen Aussagen, wie wir uns schützen können.

Es sagt mehr als genug über Deutschland aus, wenn man heute in der Zeit liest, wie der frühere Bundesinnenminister Friedrich darüber denkt:

„Ich hatte übrigens wichtigere Themen als die NSA-Affäre“, sagte Friedrich dem Münchner Merkur. Die größeren Aufgaben während seiner Amtszeit seien die Zuwanderung nach Deutschland, Fragen der Integration und die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden gewesen, sagte der CSU-Politiker.

Klar, die Integration und Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden ist wichtiger. Denn man will ja nicht zu sehr in den Rückstand kommen und möglichst gut mitschnüffeln können.

Denn, auch das muss jedem klar sein: Die deutschen Organe schnüffeln nach innen und außen nicht weniger als andere Länder das tun. In sofern ist man froh, dass sich die Wut auf die USA konzentriert und man jetzt entrüstet tut. Weil man zugleich Angst hat, dass mal jemand sehr aufmerksam dahinter schaut, wie es eigentlich in Deutschland, Europa oder sonstwo ist.

Folglich ist das Problem auch nicht nationalstaatlich zu lösen. Aber gleichwohl wäre es ein Anfang, wenn Deutschland jetzt mal die transparente Nation geben würde und auf den Tisch legen würde, wie hier die eigenen Bürger ausgeforscht werden.  Denn dann könnte man auch offen darüber diskutieren, warum viele Skeptiker (mich eingeschlossen) direkt an „Wahlmanipulation“ denken, wenn sie lesen, dass die CDU/CSU gerne Wahlen über das Internet einführen möchte.  Und damit die perfekte Plattform schafft um erstens das Wahlgeheimnis auszuhöhlen und zweitens die relativ gute Absicherung der Integritäte unterminieren würde.

Denn das tiefe Misstrauen gegenüber Regierungen wird sich weiter ausbreiten. Weil immer mehr Menschen betroffen sein werden und dann auch das „ich hab nix zu verbergen“ nicht mehr ziehen wird. Und um das zu verhindern, versucht man jetzt PR-mäßig den Schwarzen Peter an die USA zu geben. Oder wie man im Internet sagt:

Schau! Dahinten! Ein zweiköpfiges Eichhörnchen!

 

 

Alles Sozialschmarotzer!!!!EinsEinsELF

Die Süddeutsche berichtet heute, dass die Einwohnerzahl von Deutschland leicht gestiegen ist:

Die Zahl der Einwohner in Deutschland ist im dritten Jahr in Folge gestiegen. Knapp 80,8 Millionen Menschen lebten Ende 2013 in der Bundesrepublik, das waren etwa 300.000 mehr als vor Jahresfrist, teilte das Statistische Bundesamt auf der Basis einer Schätzung mit.

Allerdings, so steht in der Unterüberschrift, ist das wohl kein dauerhafter Effekt:

Mittelfristig rechnen Experten zwar mit einer schrumpfenden Bevölkerung in Deutschland, (…)

Egal ob das jetzt kurzfristig oder mittelfristig ist, für Deutschland ist es gut.

Zum einen wirkt es der demographischen Entwicklung entgegen. Und das ist ein Problemfeld, dass immer noch nicht ausreichend in der deutschen Bevölkerung angekommen ist.

Zum anderen aber bereichern Menschen von Außen immer die Gesellschaften in die sie sich integrieren.

Aber mein Problem mit dem Artikel ist, dass ich jetzt schon darauf lauere, dass CDU/CSU/NPD wieder mit ihrem Gefasel von Überfremdung anfangen. Das wieder der Untergang des Christentums beschrien wird. Und, ganz wichtig, es muss darauf hingewiesen werden, dass es sich in der Regel doch ohnehin nur um Sozialschmarotzer handelt. Oder nicht integrierbare Fundamentalisten. Oder nicht integrierbare, sozialschmarotzende Menschen. Ihr wißt was ich meine.

Es stimmt mich nachdenklich, wenn die Ausländer-Raus-Rhetorik der CDU/CSU, und seit gestern auch der FDP, mich dazu bringt bei solchen Artikeln schon fast zwanghaft nach Hinweisen zwischen den Zeilen zu suchen, die genau darauf hindeuten. Es macht mir Sorge, wenn ich darauf warte, dass unter dem Deckmantel der bürgerlichen Mitte wieder blinder Fremdenhass geschürrt wird – und der mittlerweile normal zu sein scheint.

Und genau deswegen müssen wir uns mit aller Macht gegen die Deppen aus CDU/CSU und FDP stellen, die derzeit versuchen die NPD mit billigen Vorurteilen gegenüber Ausländern abzufischen. Denn Deutschland ist bunt. Und ohne Zuwanderung geht hier ganz schnell das Licht aus.

Na? Auch Kinderpornos und Terrorpläne auf dem Notebook?

Manche Nachrichten aus den U.S.A., Land of the Free und Home of the Brave können mich schon gar nicht mehr überraschen. Sie sind einfach… zu absurd.

So urteilte ein Richter in den USA gerade, dass die anlasslose Beschlagnahme und Durchsuchung von Notebooks rechtens ist. Heise dazu:

Richter Korman begründete seine Entscheidung (PDF) damit, dass im 21. Jahrhundert die gefährlichste Schmuggelware oft in Laptops und anderen elektronischen Geräten enthalten sei – zum Beispiel terroristisches Material und Kinderpornografie.

Selbst wenn es hier und da Vollpfosten geben sollte, die unverschlüsselte und unversteckte Dateien solcher Ausprägungen mit sich führen, ist es doch überraschend wie hier wieder mit den alt bekannten Standardargumenten der Kinderpornografie und des Terrorismus immer weitere Einschränkungen durchgepeitscht werden.

Denn ein Notebook / Tablet / Smartphone ist heute weit mehr, als es früher war. Es ist heute i. d. R. Container des privaten Leben: Die Adressen und Termine gab es auch früher. Aber auch (schlüpfrige) Kommunkation mit der Herzdame oder dem Herzbuben dürfte heute auf dne meisten Geräten zu  finden sein. Vielleicht andere Daten, die keineswegs kriminell sind – gleichwohl aber schützenswert, weil ich nicht will, dass irgendein übereifriger Grenzer in meinen Daten wühlt und sich daran aufgeilt.

Witziger Weise wird eine andere Komponente scheinbar völlig ausgeschlossen: Das die steigenden Kontrollen zunehmen, weil der Druck sich am Material fremeder Menschen zu ergözen und aufzugeilen, so viel einfacher befriedigt werden kann. Denn einen Schutz davor, dass die Daten kopiert werden und dann u. U. weitere Verbreitung finden, der ist komischer Weise nicht vorgesehen. Meine Datenträger werden mir weggenommen, meinen Sinnen entzogen und irgendwann bekomme ich sie wieder.

Was bis dahin damit passierte, weiß und sagt niemand.

Wenn ich solche Nachrichten lese, juckt es mich einmal mehr in den Fingern, Euch aufzufordern auf _allen_ Rechnern und Geräten starke Kryptographie einzusetzen. Wann immer möglich.

Und da wo es nicht  möglich ist, keine privaten Daten speichern. Auch keine Fotos. Keine Nachrichten. Nichts. Auch wenn Löschen oft nicht vor professioneller Wiederherstellung schützt, ist es oft der erste Eindruck, der zählt: Jemand der in Eure Endgeräte schaut, hat i. d. R. kein professionelles Equipment und nimmt nur, was er ohne Aufwand nehmen kann. Und glaubt bloss nicht, das könnte Euch nur in den USA passieren – Handys werden auch in Deutschland gerne  mal kontrolliert. Ganz gleich, ob das Bundesverfassungsgericht anderer Meinung ist oder nicht.

Andere Länder, andere Sitten?

„Sei froh, dass Du in Deutschland lebst!“

Kennt Ihr den Spruch?

Denn ist doch klar, bei uns ist vieles besser. Besser als zum Beispiel in Saudi Arabien. Dort ist ein Blogger in Haft und kann unter Umständen gar von der Todesstrafe bedroht sein, wegen folgender „Verbrechen„:

  • er bloggt,
  • das auch noch über den dort verbotenen Valentinstag,
  • mit nur 31 Jahren hat er eine andere Meinung als sein Vater und
  • er glaubt nicht an Gott.

Wie gut, dass das in Deutschland nicht passieren kann. Gut, das mit dem Valentinstag kann nicht passieren. Das mit dem Vater vielleicht auch nicht. Bloggen kann aber gefährlich sein – und nicht an Gott glauben auch. Nämlich dann, wenn man aus seinem Unglauben nicht nur kein Geheimnis macht, sondern Gläubige auch noch damit belästigt. Und so erinnert zufällig heute Volker Beck daran, dass in unserem Strafgesetzbuch(!) noch immer der § 166 lauert:

§ 166
Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen

(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Also immer schön aufpassen, wenn Ihr mal wieder über Religionen und deren imaginäre Freunde schimpft. Denn ganz schnell geht es dafür ab in den Bau. Und dafür müsst Ihr nicht nach Saudi Arabien. Das können wir selbst.

 

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Mir ist klar, dass das nicht direkt vergleichbar ist – selbst wenn man hier ins Gefängnis käme und schon deshalb, weil hier niemand für seine Meinung mit dem Tod bedroht wird. Es sei denn er ist Kolumnist und lästert über eine bestimmte Gottheit. Dann aber auch nur von religiösen Fanatikern und nicht vom Staat. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass auch in unseren Gesetzbüchern die Trennung von Staat und Kirche bei weitem nicht so weit ist, wie man erwarten sollte.

Früher, als es noch Anstand gab…

… und Politiker ehrlich waren…

Okay, ob Politik jemals wirklich ehrlich war, kann ich nicht beurteilen. Ich nehme nur wahr, dass sie zunehmend unehrlicher wird. Und unverschämter.

Denn während Politiker „früher“ zumindest ein gewisses taktisches Feingefühl für Anstand hatten, scheint das heute völlig abhanden gekommen zu sein. Wie sonst ist zu erklären, dass mitten in der NSA-Affäre Friedrich an die Maut-Daten will?

Ich erwarte von einem Hardliner wie ihm gar nicht, dass er sich nicht mehr und mehr Befugnisse für Überwacher ausdenkt, die es zu fordern gilt. Ich bin aber dennoch überrascht, dass er es jetzt macht. Statt zu warten, bis sich die Stimmung in Sachen Überwachung und Ausforschung entspannt hätte.

Aber es scheint, als gäbe es überhaupt keine Grenzen mehr für Politiker wie IM Friedrich. Und es scheint, als würde sich die Politik in Berlin durch das Wahlergebnis der vergangenen Bundestagswahl ernsthaft in ihrem Kurs bestätigt sehen. Armes Deutschland.

In dem Zusammenhang weise ich noch mal darauf hin, dass ich ernsthafte Zweifel daran habe, wenn die Politik dann mal ankündigt, sich um Probleme wie die Störerhaftung kümmern zu wollen. Es erscheint mir sehr blauäugig zu glauben, dass unsere Gesellschaft „freiwillig“ auf ein sehr bequemes Modell verzichtet, Schuldige zu produzieren. Denn genau darauf läuft es hinaus: Zukünftig sind alle Verdächtig und bei Bedarf kann man mit weich gespülten Gesetzen Schuldige produzieren. Und die Masse der Menschen damit so wunderbar leicht von den wirklichen Problemen ablenken.

Oder redet noch jemand von den Milliarden, die wir den Banken in den Rachen geworfen haben? 😉