Nachhilfe für Frau Hendricks?

Liebe Frau Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks,

Sie leiten ein Ministerium, dass „Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit“. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass Umwelt und Naturschutz die Kernaufgaben Ihres Hauses sind. Ihr Parteigenosse in der SPD, Sigmar Gabriel, leitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

Während man Ihnen nun noch das Thema Reaktorsicherheit mit ans Bein gebunden hat, darf sich Ihr Genosse Gabriel über den Themenbereich Technologie freuen.

Warum ich das Schreibe?

Nun, heute morgen in der Rheinischen Post ist (leider hinter Paywall) ein Artikel über Fracking. Eine  Hochrisikotechnologie, der sie auf Ihrer Seite eine ganze Unterseite widmen. Soweit so gut.

Was mich jetzt aber irritiert ist, dass ich schon in der Überschrift lese, dass Sie wohl lieber auf der Spielwiese von Onkel Gabriel toben möchten:

Unkonventionelle Förderung von Erdgas lehnt die Bundesumweltministerin weiter strikt ab. Doch in einem Brief an die Genossen der Region macht sie deutlich, dass man innovativen Techniken eine Chance geben müsse.

Im weiteren wird dann sogar die „strikte Ablehnung“ relativiert:

Durch die 3000-Meter-Grenze werde das nutzbare Grundwasser umfassend geschützt. Im Schiefer- und Kohleflözgestein seien in diesem Bereich allerdings wissenschaftlich begleitete Erprobungsmaßnahmen erlaubt.

Liebe Frau Hendricks,

ich verstehe ja unter „strikte Ablehnung“ sowas wie „Nein meint Nein“ und nicht „Nein meint Vielleicht oder ein bisschen“. Davon abgesehen aber denke ich doch, dass es ihrem Amt gut stehen würde, einfach mal aus Prinzip beim Nein zu bleiben. Lassen Sie Sigmar Gabriel davon fabulieren, dass man neuen Techniken ja eine Chance geben sollte – das ist seine Aufgabe und dann kann man sich an ihm abarbeiten.

Für Sie als BUNDESUMWELTMINISTERIN kann es nur eine Antwort auf Fracking geben: Nein.

P.S. für meine Leser (männlich): Bitte beachtet beim Weitere-Informationen-Googeln, dass Ihr nicht Barbara mit Christina verwechselt. Auch wenn man gerne würde. 😉

Gestatten: Mensch. Besonderes Merkmal: Flache Lernkurve

Ich stelle jetzt mal die Vermutung in den Raum, dass wir Menschen alle wie Homer Simpson sind: Wir legen unsere Hand immer wieder auf die heiße Herdplatte und hoffen, dass es beim nächsten Mal einfach nicht weh tut.

Anders ist das nicht zu erklären. Wirklich nicht.

Achso, ich sollte Euch kurz sagen, um was es geht. Also: Vor gar  nicht soooo langer Zeit kamen wir auf die Idee, dass es gut wäre, Löcher und Stollen in die Erde zu graben, um Kohle hervor zu holen. Das hat unwidersprochen dem Wohlstand einen großen Schub verpasst, aber oh welche Überraschung: Es bleibt nicht ohne Folgen:

Tagesbrüche und kleinere Beben sind Alltag im Ruhrgebiet – und werden es auch bleiben. Die Senkung der Erdoberfläche müsste dagegen Mitte der 2020er-Jahre aufhören. Und dann sind da noch Wasserhaltung und Pumpsysteme bis in alle Ewigkeit, damit nicht ein Drittel des Ruhrgebiets absäuft.

DerWesten, 17.11.2014

Kurz darauf kam man auf die Idee, Strom mittels Atomkraft zu produzieren. Man ignorierte alle Mahner und Warner, versenkte unsummen von Geld in Fördermittel, machte ein paar Unternehmen steinreich und steht heute vor einem Scherbenhaufen, der da lautet: Wir wissen erstens nicht wohin mit den strahlenden Abfällen (Überraschung) und wer das bezahlen soll – die Verursacher wollen nicht (Überraschung):

Deutschlands größter Energiekonzern legt sich mit der Politik an – und droht mit einer Klage: Eon will sich finanziell nicht an der Suche nach einer Alternative zum Atommüll-Endlager Gorleben beteiligen. Dem Bund drohen damit neue Milliardenkosten.

SZ, 20.11.2014

Und dann ist da natürlich noch das Risikopotential. Natürlich versicherte man uns immer wieder, dass Atomanlagen sicher und Atomenergie beherrschbar sind. Nur das die Realtitä die Beschwichtiger natürlich der Lüge überführt.

Und jetzt kommt unsere Umweltminister. Ausgerechnet die! Ausgerechnet die Ministerin, die mit einer Maximalforderung in jede Verhandlung gehen sollte und kündigt schon mal an, den Widerstand gegen die nächste Problemtechnolgie auf Sparflamme fahren zu wollen:

Die Hürden, Fracking in Deutschland zu erlauben, sollen hoch bleiben. Doch ein Totalverbot der umstrittenen Methode zur Gasgewinnung hält Bundesumweltministerin Barbara Hendricks für rechtlich unmöglich. Bei Unbedenklichkeit könne die Methode auch in Deutschland angewandt werden.

ZDF, 21.11.2014

Die Hürden bla bla bla werden natürlöich fallen. Bei Unbedenklichkeit? Jeder Mensch mit dem IQ von Raumtemperatur oder darüber kann z. B. in den USA sehen, dass Fracking auf keinen Fall unbedenklich ist.

Die umstrittene Fracking-Gasförderung soll in Deutschland nicht verboten, aber auf ein Minimum begrenzt werden. „Oberste Priorität haben der Schutz von Umwelt und Trinkwasser“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) am Donnerstag in Berlin.

RP, 21.11.2014

Hätten Trinkwasser und Umwelt wirklich die Priorität, würde der Gesetzgeber einfach die Rahmenbedingugen schaffen, die ein Totalverbot von Fracking erlauben. Denn genau das kann und darf er. Sich statt dessen aber hinstellen und behaupten, man könne nicht, ist ein Armutszeugnis.

Bei einer SPD-Politikerin darf das allerdings nicht wundern. Zu fest ist die SPD mit der Schwerindustrie verwachsen und u. a. durch die Kumpel erst zu der Partei geworden, die sie ist. Wir sehen also: Aus der Vergangenheit nichts gelernt.

 

Es gibt so Tage….

Guten Morgen. Kaffee getrunken? Na, dann kann ja ein Blick in die Zeitung, bzw. das Internet folgen.

Der Justizminister Maas (SPD) schafft defacto mal eben das politische Asyl ab. Ausgerechnet die Form von Asyl, die dringend gebraucht wird, wenn Regierungen gleich wo Amok laufen. Im Fall Maas geht es natürlich um Snowden:

Ich sag mal so, dass was Herr Mass für „schwierig“ hält ist letztlich eine Frage des Wollens. Ich konnte noch nicht zur Kenntnis nehmen, dass mal ergebnisoffen oder unter der Prämisse es zu ermöglichen überhaupt ernsthaft geprüft wird. Wenn aber Snowden kein Präzedenzfall ist, was oder wer wäre dann eines? Und sind transnationale Beziehungen so offensichtlich wertvoller als Artikel 1 des Grundgesetzes?

Währenddessen wird in Australien eine riesige Kohlemine genehmigt. Mit „kleinen“ Auswirkungen auf die eigentlichen Schätze des Landes:

Wirtschaft geht vor Umweltschutz: Die indische Firma Adani darf in Australien ein gigantisches Bergbau-Projekt umsetzen. Naturschützer sind entsetzt, denn nicht nur ein riesiges Reservoir ist in Gefahr, auch das Great Barrier Reef könnte großen Schaden nehmen.

Aber ich bin sicher, wir brauchen dringed mehr Kohle, die noch mehr CO2 in die Atmosphäre pustet. Und alle die was vom Klimawandel schreien, sind ja eh nur technikfeindliche Idioten. Und so Unwetter, wie sie im Moment fast regelmäßig über uns hereinbrechen, also das hat damit gar nix zu tun:

Wieder starke Gewitter in Nordrhein-Westfalen: Heftiger Regen hat am Montagabend und in der Nacht die Feuerwehren in Atem gehalten. Besonders betroffen war die Region Münster. Dort ist ein Mann in einem überfluteten Keller ertrunken. Aber auch das Ruhrgebiet und Teile des Niederrheins waren betroffen. Für Dienstag gibt es neue Unwetter-Warnungen.

Tja, auf der anderen Seite reiht sich Australien nur in die Linie derer ein, die tun, was getan werden muss. Ganz vorne mit dabei, nicht nur bei der Verfolgung unliebsamer Personen wie Snowden oder Assange ist natürlich auch immer England. Die mal eben fast das ganze Land für Fracking frei geben:

Die Regierung in London hat am Montag die Hälfte der Fläche Großbritanniens für Fracking freigegeben. Dazu gehören „unter bestimmten Umständen“ auch Nationalparks, Naturschutzgebiete und Stätten des Weltkulturerbes. Dafür müssen die Unternehmen allerdings eine „besonders umfassende und detaillierte“ Erklärung abgeben, aus der hervorgeht, dass sie die Bedenken der lokalen Bevölkerung ernst nehmen.

Ich bin sicher, die Unternehmen werden die Schranken ganz doll ernst nehmen. Ne Spaß, werden sie natürlich nicht. Denn dafür hat man ja durch „Freihandelsabkommen“ und geheime Schiedsgerichte längst eine Schattenjustiz erfunden. Deren Auswüchse, als Vorwarnung für das was TTIP uns tolles bringen wird, kann man gerade in Kanada sehen:

Ein US-Konzern verklagt Kanada wegen eines Fracking-Verbots – auf Basis eines Freihandelsabkommens. Jetzt könnte auch das Abkommen zwischen EU und Kanada scheitern. (…)

Aber nicht nur in den USA, auch in Deutschland dürften die Vorbehalte Gabriels auf Widerstand stoßen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die deutsche Industrie werben für TTIP, das den Handel vereinfachen und der deutschen Wirtschaft zahlreiche neue Arbeitsplätze bringen soll.

So, ich glaub ich mach das Internet wieder zu und steige von Kaffee um auf Vodka.

Die CDU fordert mal wieder… Fracking

Ich weiß nicht ob die einfach nicht Klug werden wollen oder können oder einfach so tief mit den großen Energieversorgern verwachsen sind, dass man von totaler Merkbefreitheit sprechen darf. Denn heute morgen in der RP lese ich:

Der Vorstoß von EU-Kommissar Günther Oettinger für ein Fracking-Pilotprojekt in Deutschland löst eine neue Debatte über die umstrittene Fördertechnik aus. „Ich bin unbedingt der Meinung, dass NRW von einer solchen Fracking-Pilotanlage im Industriemaßstab profitieren würde“, sagte der Gelsenkirchener Bundestagsabgeordnete Oliver Wittke (CDU), der auch Sprecher der Arbeitsgruppe Ruhrgebiet in seiner Berliner Fraktion ist. Absoluten Trinkwasserschutz vorausgesetzt, könne „gerade die NRW-Industrie bei einem solchen Referenzprojekt ihre Leistungsfähigkeit beweisen“, so der ehemalige Bauminister: „Deutsche Ingenieure sind führend in der Entwicklung umweltfreundlicher Hochtechnologie.“

Die RP hätte vielleicht dazu schreiben sollen, welcher Partei der Oettinger angehört: CDU. So macht man Politik: Man parkt jemanden in der EU, der dort scheinbar neutral Dinge fordert, die man dann lokal begrüßt.

Dabei werden dann wie immer die Nachteile des Fracking aussen vor gelassen. Abgesehen davon, dass man inzwischen selbst in den USA die Frage diskutiert, ob Fracking nicht einer der teuersten Fehlschüsse überhaupt wird, geht man sogar noch einen Schritt weiter:

Deutsche Ingenieure sind führend in der Entwicklung umweltfreundlicher Hochtechnologie.

WTF? Wie kann man sich denn heute noch hinstellen und behaupten, Fracking sei Teil einer umweltfreundlichen Hochtechnologie? Es werden tiefe Löcher gebohrt, die mit einem giftigen Chemikalien-Cocktail vollgepumpt werden um dann etwas Gas zu fördern. Damit risikiert man dann halt Grundwassersauberkeit, Erdbeben und unzählige Folgewirkungen.

Ich bin ehrlich gesagt fassungslos.

Fracking bitte nur im Stillen

Wenn Exxon einen Expertenkreis zum Thema Fracking zusammenruft und mit 1.000.000€ fördert, darf man dem Konzern blind vertrauen, dass keine Einflußnahme stattfindet.

Interessant ist dennoch, dass wohl auch kritische Punkte genannt wurden.

Beunruhigend wird es aber, wenn man im Kleingedruckten liest, was uns in Zukunft noch intensiv beschäftigen wird:

Eine grundsätzliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit Beteiligung der Öffentlichkeit halten sie nicht für nötig – es soll nur strategische Prüfungen geben, die bestimmte Gebiete als geeignet oder ungeeignet identifizieren.

Das ist wieder urtypisch für das Denken und Handeln solcher Konzerne, nur zu gern bereitwillig von der Politik gedeckt. Nur nicht zu viel prüfen und auf keinen Fall die Betroffenen einbinden. Hier und da mal ein Placebo, das muss dann aber auch reichen.

Wie sagt man im Internet?

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Als erste, einzig richtige und logische Reaktion hat unser grüner NRW-Umweltminister dementsprechend auch das Nein zum Fracking bestätigt:

Nachdem eine vom Energiekonzern Exxon Mobil in Auftrag gegebene Studie dieses Projekt am Mittwoch empfahl, sprach sich NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) gegen die umstrittene Methode zur Erdgasförderung aus. „Selbst die Expertenrunde von Exxon hat festgestellt, dass der Einsatz der umstrittenen Fracking-Methode große Risiken für Mensch und Umwelt birgt“, sagte Remmel Mittwoch in Düsseldorf. Die NRW-Landesregierung sehe sich in ihrer Haltung bestätigt.