Stellt Euch mal vor…

… die Presse wäre nicht so strukturiert wie heute, sondern… anders.

Stellt Euch mal vor, wir würden Terror umdefinieren und mit Angst so umgehen, dass wir sie nutzen um Lösungen gemeinsam zu erarbeiten. Stellt Euch zum Beispiel mal vor, der Aufmacher heute morgen in der Presse wäre nicht die „Terrorgeiselnahme“ aus Australien sein.

Sondern zum Beispiel dieser zutiefst beunruhigende Bericht aus der Arktis: „What we know about the future of the Arctic is scary—what we don’t, scarier„. Und stellt Euch vor im Anschluss würde man nicht PEGIDA und der AFD Plattformen bieten, sondern mal kritisch hinterfragen, was eigentlich die ganzen völlig nutzlosen Klimakonferenzen sollen.

Das Erste schreibt ernsthaft: „Doch noch ein Minimalkonsens für das Klima“ Schon bei dem Begriff „Minimalkonsens“ sollte einem einen kalten Schauer dem Rücken runter laufen lassen. Viel schlimmer ist aber, dass der Minimalkonsens offensichtlich daraus besteht, sich geeinigt zu haben, sich bei der nächsten Konferenz einigen zu wollen:

Die UN-Klimakonferenz hat sich in einem Minimalkonsens auf erste Grundlagen für einen Weltklimavertrag verständigt. Die 195 Staaten verabschiedeten in der Nacht zum Sonntag (Ortszeit) in Lima einen Beschlusstext, der aber nur sehr vage Kriterien für die nationalen Klimaschutzzusagen definiert, die im Frühjahr 2015 vorgelegt werden sollen.

Ich meine, wie erbärmlich ist das denn bitte?

Der Klimawandel wird uns vor gewaltige ökoligische, ökonomische und soziale Herausforderungen stellen und die Mächtigsten der Mächtigsten einigen sich darauf, sich einigen zu wollen?

DAS sollte Nachrichten verursachen, in denen die Buzzwords vorkommen. Und nicht ein verwirrter Idiot, den man verurteile und einsperren muss.

Nachrichten über den Klimawandel sind selten gute Nachrichten

Immer wenn das Thema „Klimawandel“ auf das Tablett kommt ist klar, dass es keine guten Nachrichten sein können. Wobei „gut“ sich ja ohnehin nur daran bemisst, dass es bitte nicht noch schlimmer kommt, als eh schon.

Der Spiegel macht da wenig Hoffnung, denn wenn man einem Artikel von heute glauben kann und will, droht eine weitere Verschärfung der Situation:

Als größtes Risiko des Klimawandels gilt der Eispanzer Grönlands. Wie stark wird die erwartete Erwärmung ihn tauen lassen? Das Schmelzwasser Grönlands entscheidet wesentlich darüber, wie hoch die Meere steigen werden. Neue Daten zeigen, dass der Eisverlust des Nordkontinents unterschätzt worden sein könnte.

Dabei ist es ja durchaus möglich, Maßnahmen zu treffen, die den Klimawandel unter Umständen verlangsamen oder vielleicht sogar aufhalten können. Dazu gehört aber nationaler und internationaler Gestaltungswille, der Politikern auch mal abverlangt, weiter als bis morgen oder zur nächsten Wahl zu denken.

In dem Kontext ist es vielleicht interessant mal kurz nach Paris zu schauen. Dort leidet man derzeit unter Smog wie schon lange nicht mehr. Und eine der Maßnahmen der Verwaltung ist so naheligend wie offensichtlich. Wieder der Spiegel:

Touristen dürfen in Frankreichs Hauptstadt am Wochenende guten Gewissens schwarzfahren: Der öffentliche Nahverkehr ist von Freitag bis Sonntag kostenlos nutzbar. Neben der Metro mit ihren mehr als 300 Stationen und den 59 Buslinien in der Stadt stehen Besuchern und Einheimischen aber auch städtische Fahrräder und Elektroautos bis auf Weiteres teils umsonst zur Verfügung, wie die Stadtverwaltung ankündigte.

Laut der zuständigen Behörde dienen die Maßnahmen dazu, die derzeit „bedeutenden Risiken für die Gesundheit“ in der Stadt durch die hohe Luftverschmutzung zu mindern. Im Großraum Paris werden die zulässigen Höchstwerte für die zum Teil krebserregenden Feinstaubpartikel seit Tagen überschritten.

Das das nichts ist, was auf Smog-Lagen beschränkt sein muss, zeigt ja seit geraumer Zeit schon Tallinn. Die FAZ:

Feie Fahrt in Tallinn: Im Kampf gegen tägliche Staus und für die Umwelt hat Estlands Hauptstadt mit Jahresbeginn Gratis-Nahverkehr in der ganzen Stadt eingeführt. Seither können die 420.000 Einwohner der Großstadt an der Ostsee die Busse und Bahnen umsonst nutzen.

Und in London kann man seit einiger Zeit sehen, wie es sich auswirkt den Autoverkehr aus der Stadt zu drängen. Zukunft-Mobilität schreibt:

Durch die Innenstadtmaut hat sich das Verkehrsaufkommen in der Londoner Innenstadt um 10-15 Prozent verringert. Im ersten Jahr fuhren 18 Prozent weniger Fahrzeuge in das mautpflichtige Gebiet, innerhalb der Zone sank das Verkehrsaufkommen des MIV um 15 Prozent. Zwischen 2002 und 2005 verringerte sich die Anzahl von Staus und Verkehrsstockungen um 22 Prozent. (…)

Dahingegen wuchs die Zahl der Radfahrer um 43 Prozent, die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden soll sich um bis zu 70 Prozent verringert haben. Zwischen dem Jahren 2000 und 2010 ist der Radverkehr in London um 117 Prozent gewachsen 2. Das Ziel ist es, den Radverkehrsanteil bis zum Jahr 2026 um über 400 Prozent (Basis: 2001) auf einen 5%-Anteil am Modal Split  zu steigern.

Das zeigt, dass es 2014 nicht nur eine Sackgasse ist, sondern ein Anachronismus, wenn man bei der Stadtplanung weiter den PKW-Verkehr in den Vordergrund stellt. Und sich um Parkplätze und „Umweltzonen“ Gedanken macht, statt den ÖPNV zu attraktivieren und das Rad als primäres Nahverkehrsmittel zu fördern. Es zeigt zugleich auch, dass eben solche Ansätze durchaus Erfolgversprechend sind.

Es funktioniert dabei nicht, immer nur auf andere zu warten. Oder gar auf „den großen Durchbruch“ bei einer Klimakonferenz. Jede Gemeinde, Kommune, jedes Land und jeder Staat, ja jeder Mensch hat es in der Hand, hier voran zu gehen.

Ich mach mal einen ganz verrückten Vorschlag: Wer bei meinem Brötchengeber einen Parkplatz möchte (ja, für sein Auto), der muss ein Job-Ticket des VRR (ja, für Bus und Bahn) vorweisen. Der Anreiz ist klar: bezahle ich eh das VRR-Ticket, warum sollte ich das nicht nutzen? Die Taktik geht natürlich nicht bei allen auf, aber bei vielen.

Was wäre denn jetzt, wenn mit der KFZ-Steuer-Zahlung zugleich der Anspruch entstünde, selbst und ggf. Familienangehörige mit dem ÖPNV zur Arbeit und Schule bringen zu lassen?

In Voerde werden wir in den nächsten Jahren auch sehr viel an der Infrastruktur schrauben. Und auch hier wird man die Frage in den Vordergrund stellen müssen, welche Art von Mobilität dabei bevorzugt bedient werden soll. Ich persönlich hätte da schon eine Idee 😉

Und vielleicht schaffen wir es gemeinsam ja, dass irgendwann die schlechten Nachrichten über den Klimawandel und das sterbende Ökosystem unserer Welt erst langsamer werden und dann zum erliegen kommen?

Die Logik des Menschen… und der Deutschen im Besonderen

Erinnert Ihr Euch noch an die Werbung von O.B? Nimmt die Regel sicher und diskret da auf, wo sie entsteht. In der Hand.

So komm ich mir gerade vor:

Vor meinem Fenster scheint die Sonne. Draussen sind frühlingshafte 14° und Winterberg, die Stadt die mit einem weißen Janauar wirbt, hat die Sommerrodelbahn wieder angeworfen. Während dessen versinken die USA in einem Chaos aus Schnee und Eis und an Spaniens und Portugals Küsten reißen Monsterwellen Menschen und Autos ins Meer.

Da passt es ja gut, dass in Deutschland die Stromgewinnung aus Braunkohle den höchsten Stand seit 1990 erreicht hat. Ausgerechnet Braunkohle, der fossile Energieträger mit der schlechtesten Bilanz und dem niedrigsten Wirkungsgrad.

Aber Klimawandel ist doch bestimmt eh nur eine Mär. Und die oben beschriebenen Wetter-Kapriolen doch kein Grund zur Beunruhigung, gell? Folglich muss ich das auch überhaupt nicht bescheuert finden, dass wir mehr und mehr Treibhausgase in die Umwelt blasen und den Kampf der großen Unternehemen gegen die Energiewende schon fast als gegeben betrachten. Wäre es anders, würden wir jetzt doch bestimmt mit Protestbannern durch die Braunkohlereviere ziehen.

Andersherum: Im Moment trifft es ja nur die anderen. Also kein Grund, sich Gedanken zu machen.