Kommunalwahl NRW 2015 – was ist denn da los?

Nun sind sie rum und das Ergebnis mag überraschen: Die CDU stellt diverse Bürgermeister – auch in Städten in denen man das nicht erwartet hätte.

Was mich dabei umtreibt ist folgende Frage:

Wie viele Menschen haben CDU gewählt, weil sie glauben, Angela Merkel hätte die Flüchtlingspolitik im Griff? Mir kommt das gerade so vor, als wäre das Drama um die Mesnchen auf der Flucht für Merkel sowas wie das Oder-Hochwasser.

Und der Gedanke, dass es Menschen gibt die ersten glauben, dass Merkel gute Asylpolitik machen würde und die zweitens deswegen heute bei der CDU ihr Kreuz gemacht haben… dieser Gedanke hat das Potential mir den Schlaf zu rauben.

Ein toller Tag!

Gut, nicht für CDU und FDP.

Aber für Dich, mich, Deutschland und die Welt:

  1. E.ON will bereits im Mai 2015 das nächste AKW stilllegen. Das belegt ein Mal die Mär vom zwingend notwendigen Atomstrom von wegen Versorgungslücken und so. Kleiner Hinweis auf die Stromlüge, nach der ja eigentlich schon das totale Chaos herrschen müsste 😉
  2. Der Braunkohletagebau Garzweiler II wird deutlich verkleinert. Viele Millionen Tonnen Braunkohle werden nicht ausgebaggert und das Klima belasten. Die Anwohner müssen nicht umgesiedelt werden. Das muss vor allem CDU und FDP richtig weh tun, die ja immer noch von neuen Kohlekraftwerken träumen.

Insgesamt also für alle Menschen deren Aufgabe nicht die Förderung der Big Four auf dem Energiemarkt ist, ein perfekter Tag. Und deswegen gehe ich jetzt Rad fahren und die Natur genießen. In dem guten Wissen, dass es vielleicht doch möglich ist, die Kurve zu einer besseren Zukunft zu bekommen.

Wenn die Zeitung den Puls und Hals anschwellen lässt…

Heute ist wieder einer dieser Tage.

Da schlage ich die Zeitung auf lese in einem einzigen Artikel gleich zwei Punkte, die mich echt wütend machen können. Die Rheinische Post schreibt, leider nur hinter Paywall:

Düsseldorf In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der über 60-jährigen Tatverdächtigen in NRW um 8,9 Prozent angestiegen – im vergangenen Jahr wurden 31 196 kriminelle Senioren ermittelt. Das geht aus der Kriminalstatistik für 2013 hervor, die NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) gestern vorgestellt hat. Die Zahl der Senioren, die Opfer von Straftaten wurden, stieg seit 2004 sogar um 31 Prozent an. Ursache für den Trend ist offenbar der demografische Wandel.

Ursache ist der demografische Wandel? So als wären mehr alte Menschen mit mehr kriminellen alten Menschen gleich zu setzen? Reden wir hier nicht über die Generation, die noch versucht hat uns Werte zu vermitteln? Wäre es, auch im Sinne einer Berichterstattung, mal nicht sinnvoll, nicht einfach nur die PR aus dem Ministerium zu drucken? Sondern mal Fragen zu stellen wie: „Hat das vielleicht was mit um sich greifender Altersarmut zu tun?“

Und dann im gleichen Artikel:

Sorge bereitet den Ermittlern auch der Anstieg der Computer-Kriminalität. Bei der Kinderpornografie stieg die Fallzahl um fast 15 Prozent auf 1578 an. Wegen der fehlenden Vorratsdatenspeicherung sei Deutschland möglicherweise zu einem Rückzugsraum für die Täter geworden, hieß es. Dem Cybercrime-Kompetenzzentrum des Landeskriminalamts gelang 2013 ein spektakulärer Schlag. Dabei wurde ein Junge in den USA aus den Händen eines Peinigers befreit.

Also…

der einzige(?) Erfolg eines ganzen Kompetenzzentrums soll die Befreiung eines Jungen in den USA sein? Und deswegen ist Deutschland Rückzugsraum und das wegen der fehlenden Vorratsdatenspeicherung? Ich hab ja schon viel Unsinn gelesen, aber hier gilt ja nur noch: Hallo, Mc Fly, jemand zu Hause?

Liebe Rheinische Post, was Ihr hier macht, kann man nur noch mit Kopfschütteln quittieren. Ihr lasst Euch vor den politischen Karren spannen, mit dem unsere Freiheit im Namen einer nicht echten „Sicherheit“ abgebaut wird und hinterfragt das nicht einmal im Ansatz?

Update – CDU: Wenn der moralische Kompass spinnt

[Update vom 04.02.2014 am Ende]

[Update vom 07.02.2014 am Ende]

Was die Schwarzer macht, ist mir eigentlich egal – die kann ich einfach nicht leiden und empfinde Schadenfreude. Das gebe ich offen zu, damit ist das Thema aber schon vorbei.

Was mich aber wirklich stört ist, wenn Politiker gegen die Gesetze verstoßen, die wir hier haben. Egal ob heute oder gestern. Jüngstes prominentes Beispiel ist laut des Stern der CDU Schatzmeister Linssen, ehemaliger NRW-Finanzminister:

Der Bundeschatzmeister der CDU, Helmut Linssen, hat jahrelang Geld in einer Briefkastenfirma in Mittelamerika verborgen. Linssen, 71, war von 2005 bis 2010 auch nordrhein-westfälischer Finanzminister. Im August 1997 zahlte er insgesamt 829.322 Mark bei der Bank HSBC Trinkaus&Burkhardt International S.A. in Luxemburg ein. Das zeigen Recherchen des stern.

Es macht mich unfassbar wütend, wenn Menschen die die moralische Instanz darstellen, sich so verhalten. Ich kann den Reinz durchaus verstehen, aber in solchen Positionen kann und darf ich mir das genauso wenig erlauben, wie Elefanten zu jagen, wenn ich für Artenschutz zuständig bin.

Ich erwarte von Politikern nicht, dass sie sich immer fehlerfrei verhalten – das kann niemand. Ich erwarte aber, dass Politiker einen ausgesprochen sensiblen Sinn dafür entwickeln, welche Bedeutung ihnen als moralische Kompass unsere Gesellschaft zusteht.

Oder um es anders zu sagen: Wenn ich die Stern-Meldung lese, möchte ich im Strahl kotzen.

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Update 04.02.2014:

Der WDR berichtet:

Linssen bestätigte dem WDR: Verfahren gegen ihn wurde eingestellt, Es sei kein Schwarzgeld gewesen. Mehr in Kürze auf WDR.de.

https://twitter.com/WDR/status/430695018810994688

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Update 07.02.2014:

DerWesten berichtet, dass Linssen zurücktritt:

Die Affären um private Geldgeschäfte von Politikern haben einen weiteren Rückzug zur Folge: Auch CDU-Bundesschatzmeister Helmut Linssen gibt sein Amt ab. „Ich habe mir nichts vorzuwerfen“, sagte Linssen, „aber ich habe es nicht nötig, mich am Nasenring durch die Manege ziehen zu lassen.“

Verkehrsplanung: Zeit umzudenken?

DerWesten titelt gerade:

Marode Brücken, volle Straßen – Das Ruhrgebiet braucht Geld für Modernisierungen

… und  beschreibt in dem folgenden Artikel, dass uns der Verkehrskollaps droht:

Marode Brücken, überfüllte Straßen – Experten schlagen Alarm. „In den vergangenen 20 Jahren hat der Bund verstärkt in die Verkehrssysteme Ostdeutschlands sowie die südlichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg investiert“, heißt es in einer aktuellen Studie. Die Ruhr-Wirtschaft hofft unter anderem auf einen sechsspurigen Ausbau der A43 zwischen Bochum/Witten und Recklinghausen/Herten.

Wenn es um die Modernisierung von Straßen und Schienen geht, hinkt das Ruhrgebiet im Vergleich zu anderen Großstadtregionen in Deutschland hinterher.

Ich wage jetzt einfach mal die Frage, ob das nicht der falsche Ansatz ist?

Wobei, ich bin ja nicht doof. Folglich weiß ich natürlich um die unterschiedlichen Qualitäten der neuen Autobahnen im Osten im Vergleich mit den Ruhrgebietsautobahnen.

Aber angesichts einer zu erwartenden Verknappung von Öl, immer weniger Raum, Klimawandel und so weiter sollte die Frage da nicht lauten: Wie entlasten wir die Straße?

Das könnte man dann mit einem effektiven Ausbau des ÖPNV und einer Infrastruktur für Radfahrer und Fußgänger beantworten. Denn: der meiste Verkehr müßte kein Auto-Verkehr sein. Zum einen sind nach wie vor unglaublich viele Menschen allein in einem Auto unterwegs, zum anderen nutzen meiner Meinung nach viel zu wenige den ÖPNV und das Fahrrad.

Für all das gibt es Gründe, teilweise sogar gute Gründe: Die absolut nicht perfekte Struktur des ÖPNV, die teilwese sehr flexiblen Arbeitszeien, die Fahrgemeinschaften erschweren, die Angst, auf der Straße von einem Auto angefahren zu werden und so weiter.

Und vielleicht sollte die Politik genau hier anpacken?

Keines der Probleme die wir haben, ist nicht zu lösen. Aber wie wir die Probleme angehen entscheidet nachhaltig darüber, was es kostet und was es bringt. Und bei der Frage was es bringt müssen wir endlich aufhören, den MIV (Motorisierten Individual-Verkehr, ich mag die Abkürzung) in den Fokus zu rücken.

Wir müssen uns nicht fragen, wie wir immer mehr Verkehr verwalten. Wir müssen uns fragen, wie wir den Kraftstoff betriebenen Verkehr so weit wie möglich reduzieren.

Und hier erwarte ich von der Politik des Bundes, der Länder und der Kommunen nichts weiter als eine 180°-Drehung. Einen kompletten Paradigmenwechsel. Nicht die Straßen müssen breiter, die Autos müssen weniger werden. Und zwar auf eine gesellschaftlich akzeptierte Art und Weise, bei der die Menschen das Auto stehen lassen weil sie es stehen lassen können – und nicht weil sie müssen.

Aber bis dahin… wird es wohl noch eine Weile dauern.

Ich glaube allerdings, dass mein Gedanke alternativlos ist.

Warum ich Sportscheck liebe

Es gibt wenig Läden, in denen ich mich richtig gern und lange aufhalte. Einer davon ist Sportscheck in Essen.

Das hat mehrere Gründe. Einer ist die Vielzahl an Marken die ich vor Ort ausprobieren kann – bei gewöhnlichen Preisen, also nicht teurer als z. B. Globetrotter oder sonst wo. Ein zweiter Grund ist sicherlich, dass mit OCK eine Hausmarke verfügbar ist, die ich fürs Caching bevorzuge: Die Sachen sind eigentlich alle samt in einem sehr guten Preis- Leistungsverhältnis.

Der dritte Grund aber ist für mich der alles entscheidende: Ein absolut unschlagbarer Service. Das fängt damit an, dass ich neue Schuhe einen Monat(!) lang probetragen dürfte und dann immer noch umtauschen könnte. Was aber noch nie vorgekommen ist, weil die Beratung so gut war, dass alle unsere Wander- und Kletterschuhe 1a sitzen. Insgesamt ist die Beratung insbesondere bei funktionaler Kleidung top.

Und auch nach dem Kauf: Vor Kanada, im Juli hatte ich unter anderem eine Hose von Vaude und ein Shirt von Salomon gekauft. Im Urlaub dann blich die Hose in der Höhensonne auf ein mal aus: Aus Grau wurde lila. Und das Shirt zeigte an einer Stelle mitten auf der Vorderseite Auflösungserscheinungen. Ende September(!) bin ich dann damit zu Sportscheck. Kassenbon hatte ich natürlich nicht mehr.

War aber alles kein Problem: Über meine Kundenkarte konnte der Kassenbon gefunden werden, die Hose wurde ohne Kommentar zurück genommen und das Hemd nach kurzem Hinweis auf eine Falschbehandlung durch mich. Also im Klartext: an dem Shirt war ich selbst schuld, hielt aber niemanden davon ab, mehr als 1,5 Monate nach dem Kauf anstandslos einen Umtausch durchzuführen 🙂

Keine Frage, das Geld habe ich direkt wieder da gelassen und mir eine schöne Winterwanderhose gegönnt. Die allerdings über dem Budget der Erstattung lag. Da aber zu Hause noch ein Gutschein lag, habe ich die Hose zurücklegen lassen um sie 2 Tage später abzuholen. Zu der Hose kam eine Packung Wachs von Fjäll Räven, um eine Hose zu imprägnieren.

Als ich die Sachen dann abholen wollte, fand die Verkäufern nur die Hose und legte eine neue Packung Wachs zu. Bezahlt und ab nach Hause, wo ich dann beim Auspacken festgestellt habe: Jetzt habe ich 2x Wachs, denn das „originale“ Paket war in die Hose eingeschlagen worden. Ups, ist auch an der Kasse nicht aufgefallen…

Da Sportscheck sich mir gegenüber immer super verhalten hat, mehr als heute leider normal ist, habe ich darauf hin Sportscheck eine Mail geschrieben und den Sachverhalt erklärt und gebeten, mir einfach eine Rechnung zu schicken. Dafür noch mal nach Essen schien mir zu viel Aufwand.

Heute dann die Antwort (sinngemäß): „Vielen Dank für die Ehrlichkeit und so weiter und viel Spaß mit dem Wachs. Auf eine Rechnung verzichten wir.“

Und darum liebe ich Sportscheck und wünschte, manch ein Laden würde sich davon mal eine große Scheibe abschneiden…

Unkonventionelles Erdgas unter Wesel und Voerde?

Nun ist es also „passiert“.

Nach einem Bericht der Rheinischen Post von heute morgen, darf man jetzt im Feld „WeselGas“ nach „unkonventionellem Erdgas“ suchen:

Die Claims im Feld „WeselGas“ sind abgesteckt. Die Bezirksregierung Arnsberg hat der Thyssen Vermögensverwaltung GmbH und der Patentverwertungsgesellschaft für Lagerstätten, Geologie und Bergschäden (PVG) jetzt die Erlaubnis erteilt, dort zu gewerblichen Zwecken den Bodenschatz Kohlenwasserstoff, also Erdgas, aufzusuchen.

Natürlich, so der Artikel, bedeutet das nicht, dass man jetzt ernsthaft dort nach Gas suchen und das fördern wolle. Nein nein, es geht eher um eine präventive Maßnahme:

Die erteilte Aufsuchungserlaubnis diene nur dem Konkurrenzschutz, erläuterte die Bezirksregierung.

Ist klar. Wer ernsthaft glaube, dass man sich nur so aus Konkurrenzschutz das Gelände sichert und gar nicht daran interessiert sei, dort möglichst schnell und möglichst einträglich Gas zu fördern, der hebe die Hand. Habe ich mir gedacht.

Die Frage ist jetzt: wie formiert man am erfolgreichsten und wirksamsten Widerstand?

CTF Sturmvogel Essen Steele

Heute fand die CTF des Sturmvogel Essen statt.

Letztes Jahr muss es wohl sehr matschig gewesen sein – und dieses Jahr? Der Wetterbericht ließ böses ahnen…

Trotzdem heute morgen früh aufgestanden und mit dem Zug nach Essen gefahren. Nach und nach stiegen weitere Biker zu und gemeinsam ging es dann von der S-Bahn aus zum Startpunkt. Die Formalitäten waren schnell erledigt und dann hieß es: Ab aufs Bike und los. Heute die kleine Runde, knapp unter 40 km und etwas über 850 Höhenmeter.

CTF Sturmvogel

Die Strecke zu beschreiben fällt nicht leicht. Sie hatte gute und sehr gute Momente, dazu gehörten technisch sehr anspruchsvolle Abfahren, aber auch sehr schnell Stücke. Technisch bin ich noch nie so gefordert worden, der Schwierigkeitsgrad lag stellenweise sehr deutlich über Haardt.

Auf der anderen Seite war zum einen ein guter Teil Asphalt und auch im Gelände gab es Abstriche zu machen: Wenn man plötzlich eine doppelt hohe Leitplanke überklettern muss, wenn die Strecke über Wege führt die von umgefallen Bäumen blockiert sind (zu groß zum springen!) oder wenn man das Gefühl hat, mit jeder Brennesel und jedem Dornenbusch jetzt per Du zu sein.

Die Dornen waren dabei das Schlimmere: mein Trikot sieht fast aus wie das von Ribery gestern. 🙁

Aber insgesamt hat die Strecke schon Spaß gemacht, auch wenn das Durchschnittstempo eher sehr niedrig war. Auch der einsetzende Regen und teilweise 20cm tiefe Schlammlöcher konnten dann doch nicht den Spaß killen. Dafür kam dann auf den Abfahrten wieder zu viel Grinsen ins Gesicht.

Jetzt wird erst mal gegessen und dann wird geputzt… das Rad sieht aus….

Der Fahrer sah übrigens nicht wirklich weniger dreckig aus, das ist aber inzwischen behoben 😉

 

Wenn Entscheider das System nicht verstehen

Es gibt in der BWL ein Ding, das nennt sich Goldene Bilanzregel. Sinn dieser Regel ist, dass Unternehmen die Finanzierung von Vermögensgegenständen an die Nutzungsdauer anpassen. Das bedeutet also: bleibt etwas langfristig im Unternehmen, wird es langfristig finanziert. Und umgekehrt.

Das machen eigentlich alle. Selbst Kleinunternehmer und Einzelunternehmer würden immer Versuchen, Nutzungsdauer und Finanzierungsdauer in Übereinklang zu bringen – und in den meisten Fällen macht das auch hochgradig Sinn.

Heute dann lese ich bei DerWesten/NRZ:

Die Städte und Gemeinden an Rhein und Ruhr müssen sich immer öfter kurzfristig und damit teurer verschulden. Sie machen dies, um ihre Zahlungsfähigkeit zu bewahren. Nach den neuen Daten des Statistischen Landesamtes it. nrw stehen sie mit 22,2 Milliarden Euro mit Kassenkrediten in der Kreide. Die Summe ist zehn Mal so hoch wie im Jahr 2000. Kassenkredite haben für die Kommunen den gleichen Stellenwert wie der Überziehungskredit für den Inhaber eines Girokontos. (…)

Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) macht die Entwicklung bei der Kreditaufnahme größte Sorge. Seine Furcht: Die Banken geben besonders hoch verschuldeten Rathäusern eines Tages keine Kredite mehr oder nur noch unter ganz ungünstigen Bedingungen.

Abgesehen davon, dass die Kommunen sehr niedrige Zinsen bekommen (weil sie faktisch kein Kreditausfallrisiko tragen), ist die Politik hier wieder unehrlich zu sich selbst:

Das Problem ist nicht an sich die Kreditaufnahme. Das Problem ist die fehlende Steuerung der Kreditaufnahmen im Sinne der Goldenen Bilanzeregel und das Fehlen einer perspektivischen Finanzplanung. Eine solche könnte z. B. die Einmalaufnahme eines größeren Betrags zur Tilgung kurzfristiger Schulden bei langfristiger Laufzeit sein.

Aber so weit denkt in den Kommunen kaum einer. Selbst in Zeiten des angeblich so revolutionär alles verbessernden „Neuen Kommunalen Finanzwesen“ steht die Jährlichkeit im Vordergrund und die Idiotie von „heute brauch ich Geld, also leih ich es mir und zahle es morgen mit Geld zurück, dass ich mir morgen leihe“.

Über all dem schwebt natürlich auch noch das Zinsrisiko. Dazu braucht es nicht einmal zu einem Fall kommen wie in dem Artikel. Ein normaler, zyklischer Anstieg der Zinsen würde ausreichen, um vielen Kommunen den Hals zu brechen.

Aber vermutlich sind solche Zusammenhänge und die Beschreibung des Kontext zu kompliziert, um sie dem gemeinen Zeitungsleser zu servieren. Also reicht vielleicht ein Artikel wie der oben verlinkte gepaart mit ein paar Politikern die beteuern, alles wäre im Lot und man habe alles im Griff…

#LDK12 – ein Erfahrungsbericht

Das war er also nun. Mein erster Parteitag. Schon interessant.

Der Freitag stand im Wesentlichen unter dem Eindruck des Koalitionsvertrags. Dieser sollte nach dem Willen der Grünen bitte Einstimmig beschlossen werden, um Geschlossenheit zu signalisieren. Wären wir die SPD, hätte ich keinen Zweifel gehabt, dass da auch so ist. Und kleine Notiz am Rande: Bei der SPD war nach 90 Minuten schon einstimmig beschlossen.

Die Grünen sind aber, so meine Hoffnung, an der Stelle anders. Es wird ehrlich und offen diskutiert. Und um es mal so zu sagen: Es wurde diskutiert, aber nicht richtig.

Jeder Themenkomplex wurde eingebracht und zu jedem Komplex konnten die Anwesenden sich zu Wort melden. Die Meldungen wurden gesammelt, die Redner ausgelost. Das Problem, dass recht schnell offensichtlich wurde war, dass in all dem offensichtlich nicht die ernsthafte Frage im Raum stand, ob man dem Vertrag zustimmen soll. Das galt als gesetzt.

Besonders interessant wurde es natürlich bei dem Komplex „Inneres und Justiz“, in dem es auch um die Quellen-TKÜ ging. Hier meldeten sich ungewöhnliche viele Delegierte und fast alle brachten ihren Unmut zum Ausdruck. Als vorletzter konnte Matti Bolte noch mal dar legen, dass man ja eigentlich die Hürden so hoch gelegt hat, dass ein faktischer Einsatz unmöglich scheint. Als letzter durfte ich dann erklären, dass es keine Unmöglichkeit der Software gibt: Ist erst mal der rechtliche Rahmen gesteckt, wird man ihn auch mit Leben füllen und die Quellen-TKÜ nutzen. An der Stelle übrigens noch mal Danke an Patrick, dessen Kommentar sehr hilfreich war.

Später am Abend kam es dann zur Abstimmung. Leider überraschend schnell, weswegen zwei Delegierte (einer davon ich) ihre Stimmkarten nicht in der Hand hatten. Somit stand es am Ende so, dass der Vertrag angenommen war, mit einer Gegenstimme aus Bochum. Zwei weitere Gegenstimmen konnten nicht gewertet werden.

Mein Fazit des Freitags: Es mag für viele beruhigend wirken, ihre Meinung sagen zu können. Eine Diskussion, die jedoch nicht Ergebnis-offen ist, ist sinnlos. Sie bringt nur dann etwas, wenn Argumente auch in der Form gewichtet werden können, dass sie am Ergebnis wirklich etwas ändern. Mir ist die Bedeutung des Koalitionsvertrags dabei sehr wohl bewusst – aber dann sollte man vielleicht einfach auf die Diskussion mit der Basis ganz am Ende verzichten – das schiene mir ehrlicher.

Am Samstag gab es dann zahlreiche Tageordnungspunkte. Unter anderem natürlich die Wahl des Vorstands. Und die verlief alles andere als erwartet. Natürlich, der Vorstand wurde gewählt wie erwartet: Reibungslos. Und auch die 8 Frauenplätze waren kein Problem. Ein Problem waren die verbleibenden 8 Plätze, für die es Anfangs 19 Bewerber gegeben hat. Ein Platz war ruck zuck und sehr deutlich an Sven Giegold vergeben – und dann nahm das Unheil seinen Lauf:

Es war relativ schnell ersichtlich, dass es am Ende zwischen Eyüp Osabasi und Lorenz Bahr eng werden würde. Was aber keiner erwartet hat, waren 13 Nerven aufreibende Wahlgänge.

Nach den ersten 3 Wahlgängen wurde die Wahl neu geöffnet. Einige Bewerber hatten ihre Bewerbung zurück gezogen, ein neuer Bewerber kam hinzu. In den nächsten 3 Wahlrunden konnten weiter Plätze besetzt werden, nur Eyüp und Lorenz konnten keine Mehrheit auf sich beziehen. Am Ende der zweiten Runde, des 6. Wahlgangs kam es zudem zu einem Eklat, als der Vorsitzende des Bezirks Niederrhein-Wupper, Frank vom Scheidt, einen der Bewerber (mich) zwingen wollte, nicht mehr zu kandidieren. Das erregte natürlich große Aufregung unter denen, die das mitbekommen haben: Frank sprach sich sehr deutlich dafür aus, dass es seinem Bezirk darum ginge, mit allen Mitteln Lorenz Bahr wählen zu lassen. Über sein Demokratieverständnis mache sich bitte jeder seine Gedanken.

Das Problem war jedoch nur, dass bis zum 12. Wahlgang die Delegierten einfach nicht bereit waren, Lorenz ihr Vertrauen im notwendigen Umfang auszusprechen. Es wurde sehr schnell in Gesprächen deutlich, dass viele Delegierte schlicht keine Lust mehr haben, sich von mächtigen Bezirksräten einen Kandidaten aufzwingen zu lassen. Die Anzahl der Delegierten, die sich am Ende sowohl gegen Eyüp, als auch Lorenz aussprachen, wurden immer mehr.

Zwei Anträge, die Wahl abzubrechen wurden von den Delegierten verneint. Am Ende des 12. Wahlgangs dann wurde ein „vielversprechender Kandidat“ angekündigt – und deswegen erneut das Wahlverfahren eröffnet. Allgemein war man irritiert, dass dann der Fraktionsvorsitzende Reiner Priggen antrat. Er erwähnte in seiner Antrittsrede sogar, dass er eigentlich gar nicht antreten wolle. Offenkundig wurde er ins Rennen geschickt um die Wahl endlich zu beenden.

Doch, zur maßlosen Überraschung fast aller: Er wurde nicht gewählt. Er wurde sogar sehr deutlich nicht gewählt: Er erhielt mehr Neinstimmen und Enthaltungen als Ja-Stimmen.

An dieser Stelle griff der Vorstand ein und stellte zum dritten Mal den Antrag, den letzten Listenplatz nicht zu besetzen. Diesmal wurde dem Antrag zugestimmt und der Vorstand der Grünen hat nunmehr als 19, statt 20 Mitglieder. Bis zur nächsten LDK.

Am Ende war der Verlierer vor allem der Kreis Niederrhein-Wupper, der zwei Kandidaten ins Rennen geschickt hat – einen zum Verlieren und einen zum Gewinnen. Denn der Bezirksrat bekam sehr deutlich zu spüren, dass die Delegierten eben nicht mehr bereit waren, sich seinem Willen zu beugen.

Natürlich wird man in der Folge versuchen, den freien Bewerbern die zwischen Runde 3 und 12 eingestiegen sind, die Schuld zu geben. Das ist aber so billig wie durchschaubar: Jeder Bewerber hat das Recht zur Kandidatur und kein Bezirksrat hat das Recht, den Wahlsieger vorher auszukungeln. Und selbstverständlich ist ein Bewerber, der schon in den ersten 3 Runden nicht einmal 50% des Quorums erreicht nicht deswegen aus dem Rennen, weil ein anderer Bewerber einsteigt. Sondern schlicht, weil er keine Chance hat. So bedauerlich das auch sein mag.

Aber unstreitig wird die Wahl in die Geschichte der Grünen eingehen und noch viele Diskussionen auslösen.

Wenn man mich fragt, ob ich meine eigene Kandidatur als Fehler ansehe: Nein. Ich hätte, wenn überhaupt, über den Überraschungsmoment eine Chance gehabt und als ich eingetreten  bin, war längst klar, dass ein anderer Kandidat  aus meinem Bezirk keine Chance hatte. Auf der anderen Seite wurde ich von zahlreichen Grünen aus anderen Kreisverbänden aufgefordert zu versuchen, mein Wissen in den Vorstand einzubringen. Dass ich in der ersten Runde nicht das Quorum erreicht habe, gab den Kurs vor – aber ein Versuch war es wert. Und die persönlichen Rückmeldungen und die auf Twitter unterstützten mich natürlich erheblich!

 

 

 

 

 

Nachdem dann die Wahl endlich gelaufen wurde, kamen noch ein paar andere Tagesordnungspunkte, mal mehr und mal weniger spannend. Richtig spannend wurde dann Samstag Abend der letzte Tagesordnungspunkt, als es um die Grüne Position zum Fiskalpakt kam. Hier wurde deutlich, dass es im inneren der Grünen zwei starke Strömungen gibt, die sich noch nicht zu einem Konsens gefunden haben. Sehr schade war, dass zu dem TOP schon viele gegangen und viele andere einfach müde waren und gerade das wichtigste Thema des Wochenendes daher etwas untergegangen ist.

Übrigens, sehr schöne Nummer am Rande: Das Anti-Atom-Bündnis Niederrhein hat zwischendurch die Sitzung geentert um die Grünen aufzufordern, aktiv gegen die Verarbeitung von radioaktivem Müll in Duisburg vorzugehen. Man nahm dem Anführer der Gruppe das Megafon, mit dem er nicht verständlich war, einfach weg – und gab ihm ein Mikrofon. Statt die Leute also raus zu werfen, hatten sie ein Podium, um ihre Meinungen und Forderungen zu vertreten und der Grüne H. C. Markert, Experte auf dem Gebiet, erklärte sich spontan zu einem Gespräch bereit. Das ist Protest-Kultur, wie sie sein sollte. Schade nur, dass ein paar der Demonstranten dann trotzdem die Regeln des guten Benehmens vergessen mussten.

Mein Fazit?

Der Parteitag war super anstrengend, wenn man alle Beiträge wirklich verfolgen wollte. Der Geräuschpegel der Delegierten war da teilweise schon sehr nervig. Trotzdem fand ich es sehr gut da, habe ich doch Einblicke in Strukturen bekommen, die mir bisher verborgen geblieben sind. Und hatte ich auch die Gelegenheit, meine Meinung und meinen Standpunkt zu vertreten. Was die Sache mit dem Bezirksrat angeht… da bin ich mal gespannt, wie sich die politische Kultur der Grünen entwickeln wird.

Landesparteitag der Grünen NRW in Duisburg

Ich hatte das Vergnügen, von Freitag Nachmittag bis Samstag Abend als Delegierter auf der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen in Duisburg zu sein. Da es meine erste LDK war, war ich natürlich gespannt, was mich erwartet hab.

Womit ich nicht gerechnet habe war, dass ich bereits am Freitag Abend am Mikrofon stehen würde um gemeinsam mit anderen Grünen (unter anderem dem sehr geschätzten Ernesto) über die Gefahren des Bundestrojaners zu „referieren“. Und auch am Samstag sah ich mich plötzlich in einer unerwartetn Situation…

Ich habe gefühlte 100 Seiten ins Grünen-Wiki geschrieben und muss jetzt erst mal die 1 1/2 Tage verdauen. Dann kann und werde ich vermutlich noch einen ausgiebigen Bericht nach liefern. Nur so viel schon an dieser Stelle: Es war komplett anders als erwartet. In Teilen ernüchternd, in Teilen erheiternd, aber in der Summe #AWESOME