Von Steuern, Geschenken und der FDP.

Gestern schrieb ich ja hier was über das Thema Steuern. Das griff dann einer der Söhne unseres FDP-Ratsherren Benninghoff direkt auf und schrieb auf Facebook:

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Drehen wir die Frage doch einfach mal um: Was wäre denn, wenn wir keine Steuern hätten? Also niemand einen Beitrag für das Gemeinwohl leistet?

In dem Kontext ist mir aufgefallen, dass die FDP – wenn ich mich recht erinnere – am Mittwoch im Rat gegen alle Steuererhöhungen gestimmt hat. Das hat vermutlich was mit Adam Smith zu tun und der unsichtbaren Hand des Marktes, die uns alle reich und glücklich macht.

Das aber erinnerte mich dann wieder an die KAB-Diskussion, als mir aus dem FDP-Lager zugerufen wurde, Voerde solle sich von seinem Tafelsilber trennen, unter anderem unseren „Wasserwerken“. Gemeint ist vermutlich die WVV, der ich ja angehöre.

Mal ganz abgesehen von der Frage ob erstens Trinkwasser privatisiert gehört und zweitens ob man die WVV verkaufen sollte, kann man ja mal grundsätzlich die Motivation der FDP zu solchen Forderungen hinterfragen.

Denn es scheint sich ja nicht nur um klassischen Wirtschaftsliberalismus im Sinne von Smith zu handeln. Ein Indiz, dass hier die „unsichtbare Hand des Marktes“ eigentlich eine Hand ist, die der FDP zu Vorteil gereicht ist die Privatisierung von Krankenhäusern. Eine kurze Google-Suche ergibt: Jupp, wie erwartet ein FDP-Thema (1, 2, 3). Und in Verbindung damit: Abgeordnetenwatch berichtet von einem warmen Geldregen für die FDP – mit Verbindung zur Helios Gruppe, dem größten Betreiber privater Kliniken.

Wenn jetzt also die FDP Voerde, nicht nur durch die Familie und den  Ratsherren einen Verzicht auf jede Steuer oder -erhöhung  fordert, zu gleich auch den Verkauf des Voerder Tafelsilbers… dann sollte man vielleicht ganz genau hinauschauen und die Motivation hinterfragen.

Meiner Meinung nach kann die Motivation nicht das Allgemeinwohl sein. Aber vielleicht verstehe ich das auch alles nur nicht richtig.

Wie die Nazis das reichte 1% der Bevölkerung umbrachten

Die Überschrift versteht Ihr nicht? Das wiederum verstehe ich. Denn ich hab es eigentlich auch nicht verstanden. Aber die Geschichte geht so:

Bei Fefe im Blog steht:

Die Ultrareichen in den USA arbeiten an Konzepten für Demokratie 2.0: Die Anzahl der Stimmen bei der Wahl sollte von der Menge der gezahlten Steuern abhängen. Und, daraus folgend natürlich: Wer keine Steuern zahlt, darf nicht wählen.

Das fand ich irgendwie skuril. Nicht, dass ich es den Amerikanern nicht zutrauen würde (und manchen in Deutschland auch), ein solches Wahlrecht ernsthaft anzustreben. Also klickte ich mutig auf den Link, um den dahinter liegenden Artikel zu lesen. Mehr als 2 Absätze hab ich aber nicht geschafft:

The event, entitled „The War on the 1%,“ focused on the issue of income inequality. Perkins, 82, not only revealed his opinions on social, fiscal, and monetary policy, but he also clarified his views on how taxes are being used as a weapon against the wealthy 1% as a whole.

Perkins‘ infamous Jan. 24 letter to the editor published in the Wall Street Journal compared modern discrimination against America’s rich to Nazi Germany’s treatment of the Jews. He also claimed that the 1% currently faces a „rising tide of hatred“ akin to Kristallnacht.

Danach kommt zwar noch die obligatorische Entschuldigung, ich hab trotzdem aufgehört zu lesen. Aber ich muss zugeben, dass ich nicht mal mehr entsetzt bin, wenn ich soetwas lese. Ich empfinde mittlerweile eine tief gehende Desillusionierung, was den Zustand unserer Gesellschaft im Jahre 2014 angeht, dass ich solche Spinner wie Perkins schon fast erwarte.

Was mir Angst macht ist, dass das, was solche Menschen von sich geben, immer einen Dummen finden, der es glaubt.

Update – CDU: Wenn der moralische Kompass spinnt

[Update vom 04.02.2014 am Ende]

[Update vom 07.02.2014 am Ende]

Was die Schwarzer macht, ist mir eigentlich egal – die kann ich einfach nicht leiden und empfinde Schadenfreude. Das gebe ich offen zu, damit ist das Thema aber schon vorbei.

Was mich aber wirklich stört ist, wenn Politiker gegen die Gesetze verstoßen, die wir hier haben. Egal ob heute oder gestern. Jüngstes prominentes Beispiel ist laut des Stern der CDU Schatzmeister Linssen, ehemaliger NRW-Finanzminister:

Der Bundeschatzmeister der CDU, Helmut Linssen, hat jahrelang Geld in einer Briefkastenfirma in Mittelamerika verborgen. Linssen, 71, war von 2005 bis 2010 auch nordrhein-westfälischer Finanzminister. Im August 1997 zahlte er insgesamt 829.322 Mark bei der Bank HSBC Trinkaus&Burkhardt International S.A. in Luxemburg ein. Das zeigen Recherchen des stern.

Es macht mich unfassbar wütend, wenn Menschen die die moralische Instanz darstellen, sich so verhalten. Ich kann den Reinz durchaus verstehen, aber in solchen Positionen kann und darf ich mir das genauso wenig erlauben, wie Elefanten zu jagen, wenn ich für Artenschutz zuständig bin.

Ich erwarte von Politikern nicht, dass sie sich immer fehlerfrei verhalten – das kann niemand. Ich erwarte aber, dass Politiker einen ausgesprochen sensiblen Sinn dafür entwickeln, welche Bedeutung ihnen als moralische Kompass unsere Gesellschaft zusteht.

Oder um es anders zu sagen: Wenn ich die Stern-Meldung lese, möchte ich im Strahl kotzen.

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Update 04.02.2014:

Der WDR berichtet:

Linssen bestätigte dem WDR: Verfahren gegen ihn wurde eingestellt, Es sei kein Schwarzgeld gewesen. Mehr in Kürze auf WDR.de.

https://twitter.com/WDR/status/430695018810994688

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Update 07.02.2014:

DerWesten berichtet, dass Linssen zurücktritt:

Die Affären um private Geldgeschäfte von Politikern haben einen weiteren Rückzug zur Folge: Auch CDU-Bundesschatzmeister Helmut Linssen gibt sein Amt ab. „Ich habe mir nichts vorzuwerfen“, sagte Linssen, „aber ich habe es nicht nötig, mich am Nasenring durch die Manege ziehen zu lassen.“

Hoeneß und die Logik, die mein Hirn krampfen läßt

Stefen Niemeyer twittert für einen/den Fanclub des FC Bayern München unter anderem:

Und meine Hirnwindungen verknoten sich spontan. Das ist eine Umkehr der Logik die mir weh tut: Stefen sagt als Konsequenz, die Kunden würden die Unternehmen durch Nicht-Konsum bestrafen, wenn diese sich von Hoeneß lösen.

Das ist so falsch, dass mir echt die Töne fehlen. Natürlich erwartet man von einem beteiligten Unternehmen doch genau das Gegenteil, nämlich das es eben nicht weiter an Hoeneß fest hält und ihn, mindestens bis die Verfahren abgeschlossen sind, von seinen Aufgaben entbindet. Machen die Unternehmen das nicht, erwecken sie den Eindruck, sein Verhalten zumindest billigend in Kauf zu nehmen!

Steuern zahlt jeder. Naja fast.

Man sollte meinen, dass in etwa jeder Bürger und jedes Unternehmen nach den gleichen Grundsätzen besteuert wird. Steuergerechtigkeit könnte man das nennen.

Doch das ist mitnichten der Fall, wie man dem PDF des Finanzministeriums entnehmen kann, welches die 20 größten Steuerermäßigungen listet. Hervorragend zusammengefasst hat das Fefe:

Platz 1: die Strommafia. Platz 11: die FDP-Hoteliers. Alleine die Kolumne „Funktionsbereich“ ist spannend. Kultur taucht einmal auf, Bildung gar nicht, Arbeit und Verkehr mal zwischendurch, der Rest ist „Gewerbliche Wirtschaft“. Ich würde gerne mal erklärt bekommen, wieso eine Branche mit Milliardengewinnen wie die Energiemafia noch 2,3 Milliarden Steuergeschenk vom Bund kriegt. WTF?!

Sollte man vielleicht im Hinterkopf behalten. Wenn mal wieder über Steuern diskutiert wird…