Wenn die öffentliche Hand baut…

… dann kann der Bürger was erleben. Und zwar in aller Regel exorbitant höhere Kosten als ursprünglich berechnet und vereinbart.

Die Süddeutsche hat sich in einem lesenswerten Artikel diesem Phänomen gewidmet:

Nach jedem Spatenstich ist es ein Drama. Die Elbphilharmonie: 77 Millionen Euro sollte sie kosten – neuer Preis: 575 Millionen Euro. Der Berliner Flughafen: Veranschlagt auf 2,5 Milliarden Euro – mittlerweile ist man bei wohl vier Milliarden. Der Bahnhof Stuttgart 21: Erzählt hatten der damalige CDU-Ministerpräsident Erwin Teufel und die Bahn etwas von 4,9 Milliarden Mark – jetzt liegen die Schätzungen bei sechs Milliarden Euro.

Und eine mögliche Lösung aus London angepriesen:

Knipper wie auch andere entnervte Beteiligte verweisen dabei auf London: Vor Olympia 2012 hatte die Olympic Delivery Authority einen ganz detaillierten Plan ausgearbeitet. 14.000 Einzelposten umfasste das Projekt. „Das war Fleißarbeit, die sich bezahlt gemacht hat“, sagt Olympia-Gesamtkoordinator Klaus Grewe, ein Deutscher, der auch beim Gotthard-Tunnel und dem Berliner Hauptbahnhof mitgeplant hat.

Das ist alles richtig und alles gut. Es läßt nur eine wesentliche Komponente außer Acht: das geltende Recht.

Wir haben die unglückliche Situation, dass insbesondere Vergabeverfahren der öffentlichen Hand nur genau ein primäres Attribut betrachten darf: Das wirtschaftlich günstigste Angebot. Wohlgemerkt geht es dabei nur um die Höhe des Angebots und in keiner Weise um die Qualität.

Oder anders gesagt: die Öffentliche Hand muss in der Regel den billigsten Anbieter nehmen – auch wenn ein teurer Anbieter vielleicht in der Summe günstiger wäre. Und genau das ist das Problem. Denn ist der Vertrag erst mal geschlossen, hat das Projekt begonnen, gibt es kaum noch einen Ausweg. Mehrkosten sind in der Regel vorhersehbar und werden geschluckt, weil man sich einerseits nicht die Blöße geben will und andererseits weil man ja einen Vertrag hat.

Erstaunlicher Weise fehlt aber auch oft der Wille, sich ggf. juristisch durchzusetzen. Gerne mit dem Argument, dass ein solcher Rechtsstreit und ggf. Schadenersatz und Regreß in vielen Fällen das Aus des Unternehmens und damit die Vernichtung von Arbeitsplätzen bedeutet.

Es gibt natürlich Versuche, sich gegen diese Probleme abzusichern. Wie z. B. Listen mit „guten“ und „weniger guten“ Unternehmen etc. Aber zu jedem Ansatz gibt es einen Gegenansatz, der gefahren werden kann. Denn das Vergaberecht in Deutschland ist nun mal so: Es gewinnt der billigste. Wie dumm dieser Ansatz ist, wußte schon mein Opa der immer sagte: „Wer billig kauft, kauft zwei Mal“. Und Recht hatte er.

Und genau diese Phänomene werden wir in Voerde mit dem Sportpark Friedrichsfeld erleben:

Zum einen bin ich nach wie vor der Meinung, dass hier die Neubaukosten bewusst so gerechnet wurden, dass es billiger als eine Sanierung ist. Zum anderen wird sich herausstellen, dass der Neubau deutlich teurer als geplant sein wird. Mit den üblichen Argumenten wie Inflation und Nachträgen mit denen niemand rechnen konnte.

Aber Abbrechen wird das Projekt genauso niemand, wie letztlich die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen oder auch nur daraus zu lernen. Völlig losgelöst übrigens davon, dass immer wieder entweder Personen mit solchen Projekten betraut werden, die dafür nicht qualifiziert sind oder Unternehmen, die in jedem Fall viel Geld verdienen und keinerlei Haftung übernehmen müssen. Wobei mir ehrlich gesagt die erste Gruppe, Verwaltungsangestellte ohne BWL-Studium und / oder Projekterfahrung die suspektere ist. Ich erinnere da an eine Sitzung in Voerde…