Gib dem Deutschen eine Uniform…

… und er wird nach Menschen suchen, die er sich unterordnen kann. Über die er Macht ausüben kann. Schwächere. Ältere.

Erinnert Ihr Euch, dass ich vor ein paar Tagen von der Omi schrieb, die jetzt wegen Schwarzfahren im Knast sitzt? Das zeigte schon ganz gut, welche Prioritäten die Gesellschaft sich derzeit leistet.

Aber heute kommt ein neuer „Schwarzfahrer-Omi“-Artikel aus der Tageszeitung, der eigentlich fast noch schlimmer ist.

Betroffen diesmal? Eine Frau im zarten Alter von 82:

Mit dem Ticket 2000 der Bogestra ist Christa K. „seit Jahr und Tag“ in Bochum unterwegs. Die Kosten für die Verlängerung des Tickets werden stets automatisch von ihrem Konto abgebucht, weshalb sie sich bisher keine Sorgen machte, dass sie einmal ohne gültiges Ticket in Bus oder Bahn einsteigen würde. Vergangene Woche wurde K. (vollständiger Name der Redaktion bekannt) bei einer Kontrolle in der Straßenbahnlinie 318 jedoch vorgeworfen, ihr Ticket sei abgelaufen. Der Kundenbetreuer stellte der 82-Jährigen einen Bußgeldschein aus und nahm ihr Ticket an sich. Sie sollte 40 Euro Strafe zahlen, wegen Schwarzfahrens.

Der „Kundenbetreuer“ ist einer von diesen oft im Rudel auftretenden und selten freundlichen Fahrkartenkontrolleure. Gerne auch mal in den schwarzen Uniformen, die derzeit bei den Sicherheitsfirmen (auch DB) so beliebt sind.

Das Vergehen der guten Frau? Ihre Karte war abgelaufen. Denn auf der Rückseite(!) des Tickets steht unten Links xx/xx – ohne jede Erklärung. Offensichtlich das „Gültig bis“-Datum und offensichtlich hat die Frau rechtzeitig kein neues Ticket erhalten. Und ja, ich musste eben auf mein eigenes Ticket2000 schauen, weil ich bis dato gar nicht wußte, dass mein Ticket2000, also die Karte selbst(!) ablaufen kann.

Ich kann mir die Szene in der Bahn oder dem Bus gut vorstellen. Ich kann mir vorstellen, wie unglaublich beschämend das für die alte Frau gewesen sein muss. Wie sie sich gefühlt haben muss. Und welche Erinnerungen das geweckt haben muss.

Und auch, wenn ich vielleicht total daneben liege: ich kann mir vorstellen, wie geil sich der Kontrolleur, sorry, Kundenbetreuer gefühlt haben muss, es endlich mal einer wehrlosen alten Frau so richtig zeigen zu können!

Gesellschaft 2013. Und Merkel bekommt 4 weitere Jahre. What could possibly go wrong.

Ich weiß, wo Du letzten Sommer (Bus) gefahren bist…

Wir sind mittlerweile so abgestumpft, dass neue Überwachungsträume uns kaum noch emotional erreichen. Aktuelles Beispiel: Die Pläne des VRR.

Anders als heute zum Beispiel bei Ticket 1000 oder 2000 sollen die Karten-Inhaber dann bei jeder einzelnen Fahrt an elektronischen Erfassungsgeräten ein- und auschecken. Die VRR-Verantwortlichen wollen auf dieser Basis Fahrgästen zunächst gezielter Informationen übermitteln können, so im Fall von Verspätungen.

Langfristig sei an einen neues „gerechteres“ Preissystem gedacht – zum Beispiel mit kilometergenauen oder zeitabhängigen Abrechnungen, sagte VRR-Sprecher Johannes Bachteler unserer Mediengruppe.

Quelle: DerWesten

Das ist natürlich ausgemachter Schwachsinn: Es wird kein „gerechteres Preissystem“ geben und die „gezielten Informationen“ werden schöne Werbung sein. Tatsächlich geht es darum, betriebswirtschaftlich optimieren zu können: Minimaler Einsatz für maximalen Profit. Das ist an sich auch nicht verkehrt (aus Unternehmenssicht), aber es kann und darf ja wohl nicht mit einer Totalüberwachung einhergehen.

Denn die Geheimdienste freuen sich: Ich kann zwar demnächst mein Handy zu Hause lassen, wenn ich mich unbeobachtet bewegen will, aber die KFZ-Scanner auf der Straße und die totale Überwachung des ÖPNV werden schon dazu führen, dass man jederzeit genau weiß, wann ich wo gewesen bin. Dazu passend hat die Deutsche Bahn ja schon vor langem die Vorlage einer Kreditkarte und seit neustem auch des Personalausweises bei den Fahrkarten eingeführt.

Es gibt, abgesehen von ökonomischen Träumen, keinen Grund für den VRR, seine Fahrgäste komplett zu überwachen. Ich gehe noch weiter: Mit Abgeltung eines Pauschalpreises hat der VRR gar nicht das Recht zu kontrollieren wie oft ich von wo nach wo fahre.

Wer übrigens glaubt, dass das alles Zukunftsmusik vom VRR ist: Kennt Ihr Spyday?

Spyday ist eine App, die als Spiel daher kommt: bewegt man sich in der Nähe von Haltestellen, kann man „Aufgaben“ (kleine Kobel-Spiele) sammeln und die für Punkte lösen. Das geht natürlich auch während der Bus oder die Bahn fährt und die Reihenfolge plus Timestamp der aufgesammelten Aufgaben liefert wunderbare Bewegungsprofile, die zumindest an die eMail-Adresse des Spielers gebunden sind. Perfekt, um zum Beispiel die Pendlerbewegungen von Schülern und Arbeitnehmern aufzuzeichnen.

Und wißt Ihr was mich richtig sauer macht? Wie die Bundesregierung wartet der VRR mit seinen Plänen nicht, bis die NSA-Welle vorbei ist, sondern hofft scheinbar, zwischen all den Snowden-Veröffentlichungen nicht ernst genommen zu werden. Dabei sind es gerade auch die privaten Datentöpfe, von denen eine große Gefahr ausgeht.

Aber was schreib ich das? Regt sich außer mir doch eh keiner auf…

S2 bis Wesel?

Aus dem Bereich Kreis Wesel pendeln viele Menschen morgens in die großen Städte zur Arbeit.

Gut angebunden ist dabei die Schiene Oberhausen – Duisburg – Düsseldorf – Köln/Mönchengladbach. Das ist auch für mich schön, fahre ich doch oft morgens mit dem Zug von Voerde nach Duisburg, um dann von dort mit dem Rad wieder nach Voerde zu pendeln.

Jetzt gibt es aber vermutlich fast genau so viele Menschen, die aus unserer Region nach Essen oder Mülheim a. d. R. pendeln.

Dazu fährt man Morgens von uns bis Oberhausen Hauptbahnhof und wenn alles klappt, fällt man am selben Gleis gegenüber in die S2,die zwischen Solingen und Oberhausen pendelt und dabei über Mülheim und Essen fährt. Das ist schon recht praktisch.

Abends sieht das leider anders aus, weil da die Anschlüsse nicht unbedingt passen. Erst eilt man durch den wenig gastlichen Bahnhof Oberhausen um dann am zugigen Gleis auf den Anschluß zu warten.

Wenn man jetzt mal betrachtet, wie viele Menschen morgens von uns kommend in die S2 steigen und Abends umgekehrt wieder in den Kreis wollen, ist da nicht die logische Folgerung zu fragen, ob der VRR die S2 nicht einfach bis Wesel verlängern kann?

Die Bahn macht gerade eine Fahrgastzählung in unserem Bereich und mein Bürgermeister hat mir versprochen, die Zahlen zu besorgen. Denn die Städte entlang der Bahnstrecke könnten politisch sehr wohl auch auf den VRR einwirken, sich das mal zu überlegen und ich habe mit „meinen Grünen“ vor, hier einen Vorstoß zu wagen. Bei der SPD gibt es dafür durchaus ebenfalls Sympathien und ich glaube, die anderen Parteien dürften auch nicht abgeneigt sein.

Zudem will die Bahn ja eh mittels Blockverdichtung die Menge an Zügen erhöhen, die durch Voerde brausen. Da kann man dann eigentlich auch mal was für die Pendler machen. Ich meine, außer jedes Jahr die Preise zu erhöhen 😉 Und vielleicht kriegt man so ja noch den einen oder anderen neuen Fahrgast dazu, sein Auto mal stehen zu lassen…

ÖPNV: Manche Diskussionen

Die Benzinpreise explodieren, die Umwelt ist am Ende. Eine der Ursachen, da ist man sich einig, ist der MIV, der Motorisierte Individual Verkehr.

Entspannung könnte der ÖPNV bringen. Züge und Bahnen sind ökonomisch und ökologisch sinnvoll – sofern der Strom regenerativ erzeugt wird 😉

Die Probleme aber sind viele. Zum einen die nicht enden wollenden Gier der immer öfter als „private Gesellschaften“ organisierten Verkehrsunternehmen. Hier sei als Beispiel sowohl VRR und DB angesprochen, die auch bei hervorragenden Gewinnen dreist die Preisschraube drehen. Statt durch niedrige Preise mehr Menschen auf die Schiene zu bringen.

Ein zweites Problem ist der „Optimierungswille“, bei dem man versucht immer mehr Menschen mit immer weniger Zügen zu transportieren. Das merken vor allem Menschen >180cm. Die heute schon in den Doppelstockwagen nicht mehr richtig sitzen können, weil der Sitzabstand nicht reicht. Von Komfort rede ich schon lange nicht mehr.

Ganz kurios wird es aber wie bei der aktuellen Diskussion um die Mitnahme von Fahrrädern. Die ist hochgradig sinnvoll, wenn  z. B. dann von/zum Bahnhof nicht mit Tram oder Bus weitergefahren wird, sondern eben mit dem Rad. Das entlastet Geldbeutel und Umwelt. Manche, so wie ich, fahren dann sogar mit dem Rad abends heim.

Ich hab ja schon nicht verstanden, warum ausgerechnet beim „YoungTicket“ die Fahrradmitnahme nicht inklusive ist. Und noch viel weniger verstehe ich nicht, warum man jetzt versucht, Fahrrad-Pendler und andere Pendler gegeneinander auszuspielen. Die WAZ hat da ein schönes Beispiel:

Was ist eigentlich ein Fahrrad? Darüber streiten in diesen Tagen Verkehrsverbände, Politiker, Vertreter von Blinden und Freizeit-Radler. Sie müssen klären, welche Räder in Zügen mitfahren dürfen. Die Diskussion treibt teils absurde Blüten: Plötzlich könnten auch Bobbycars als Fahrrad durchgehen.

Tatsächlich ist die Diskussion wieder nur geeignet, Frust herauf zu beschwören. Denn wenn man sich den Artikel und die Kommentare durchliest wird schnell klar: Über das eigentliche Problem redet keiner – Kapazitätsmangel.

Ich kann z. B. verstehen wenn Pendler in überfüllten Zügen sich ärgern, wenn 4-5 Klappsitze blockiert sind, weil da ein Rad steht. Abgesehen davon, dass auf den Sitzen niemand sitzen möchte, weil sie so schmal und eng sind, dass man zwangsläufig mit dem Nachbarn kuschelt.

Auch die Radfahrer sind frustriert. Liegen oft x Fahrräder aufeinander, an manchen großen Bahnhöfen geht ein wilde sortieren los. Lackschäden inklusive.

Obwohl, hier muss ich mal eine Lanze für die Biker brechen: Keine andere Pendlergruppe geht so rücksichtsvoll miteinander um, inklusive Gutem Tag und Tschüss – ob man sich kennt oder nicht.

Das Problem verursacht die Bahn selbst. „Mehrzweckabteile“ und fehlender Platz für Gepäck sind das eine, zu wenig und zu kurze Züge das andere.

Eine Problemlösung gab es früher schon mal, die Älteren werden sich erinnern: Es gab eine Weile im Fernverkehr Züge mit Fahrradhängern. Das Vorderrad hängte man schräg zum Gang in einen Haken, das Hinterrad steckte man in eine passende Haltervorrichtung. 10 Räder sauber nebeneinander auf dem Platz, der heute nur für wenige Räder reicht.

An jedem RE ein Halbabteil so ausgerüstet und als Mehrzweckabteil für nur Fahrräder und Rollstühle eingerichtet, bitte mit entsprechend breiter Tür und ein Großteil aller Probleme wäre Geschichte.

Dazu noch Gänge, Abgänge und Sitze auf denen man vernünftig sitzen kann und von RE bis ICE die Möglichkeit, Koffer vernünftig durch die Gänge zu bekommen und gut abstellen zu können…

… und schon wäre die Laune der Pendler gehoben.

Aber so einfach werden es uns Bahn und Verkehrsverbünde nicht machen, fürchte ich.

Lieber VRR…

Können wir mal kurz über was reden? Du und ich? Ja? Super! Pass auf, es geht um folgendes:

Du hast eine Lücke in Deinem Angebot. Die ist RIIIIIIIIIIIESIG.

Wieso, fragst Du? Pass auf, deswegen:

Ich würde gerne mit dem Rad im Zug zur Arbeit und dann mit Beinkraft zurück. Nach aktueller Preisstruktur würde ich pro Fahrt 4,90€ für mich und unfassbar unverschämte 3,50€ für mein Rad zahlen. Das zu dem Preis noch nicht mal sitzen darf. Das macht insgesamt dann 8,40€. Soweit kannst Du mir folgen?

Würde ich jetzt 5 Tage die Woche fahren und das 4 Wochen in einem Monat wären das 168,00€.

Wenn ich jetzt eine Monatskarte kaufen will, die die gleiche Leistung pauschal abgilt, dann brauche ich das teurere Ticket 2000 und in meinem Fall (Preisstufe B) kostet das 99,00€. Auf den ersten Blick ist das natürlich fast 70,00€ günstiger, es hat aber trotzdem einen gewaltigen Haken:

Das Ticket2000 richtet sich an Pendler, die beide Richtungen fahren. Ich will aber konsequent nur eine Richtung fahren.

Und hier finde ich jetzt, hast Du eine Lücke im Programm: Alle Deine Monatskarten sind inzwischen RFID-Chipkarten, die ausgelesen wären. Es wäre also ohne Probleme möglich, ein reines Oneway-Biker-Ticket anzubieten. Sagen wir in meinem Fall für 60,00€.

Na, wäre das nix?

Das wäre für uns alle super: Du würdest mehr Fahrgäste wie mich kriegen, die nicht verstehen warum sie ohne Monatskarte so viel bezahlen müssen und bei einer Monatskarte die nicht genutzte Rückfahrt eingepreist haben. Die Umwelt würde davon profitieren, weil die Radler dann „gezwungen“ wären den Rückweg auch wirklich mit dem Rad anzutreten – sonst müssten sie ja wieder 8,40€ latzen. Und mir wäre geholfen, weil ich nicht 100€ jeden Monat für eine Leistung zahle, die ich nur zu 50% in Anspruch nehme. Also eine klassische Win-Win-Win-Situation 😉