Ich predige es Euch seit Jahren

Ich predige es Euch seit Jahren

Wieder und wieder und wieder predige ich, dass es viel zu kurz gedacht ist, über „die Flüchtlinge aus Afrika“ zu diskutieren. Weil ich große Flüchtlingsströme in Europa erwarte und dafür kein Genie sein muss. Hier z. B. aus Spanien:

Wenn die Menschen immer mehr in die Städte strömen, werden sie irgendwann auch in nördlichere Länder streben. Vor allem weil absehbar die Hitze zunehmen wird. Wir reden dann plötzlich nicht mehr von Flüchtlingen von außerhalb Europas, sondern von Migrationsströmen im Schengen-Raum. Ohne Grenzen, aber mit Niederlassungsfreiheit.

Oder auch, dass selbst wir nicht sicher sind:

Wir diskutieren, ob wir 1.000 oder 5.000 Flüchtlinge aus Moria aufnehmen wollen – und ignorieren, dass wir selbst zu Klimaflüchtlingen werden können, wenn wir nicht endlich anfangen, etwas zu tun!

Insbesondere ja auch wenn man sich ansieht, wie unfassbar dämlich wir uns verhalten. Zweite Welt im Keller und so. Allerdings scheint so langsam, ganz langsam auch ein Umdenken stattzufinden. Aber irgendwie auch nicht so richtig. So veröffentlicht der Spiegel heute ein spannedes Interview, das einfach nicht schlüssig ist. Denn wir lesen einerseits:

Slente: Aus der bisherigen Erfahrung wissen wir, dass klimabedingte Migration eher lokal stattfindet. Die Menschen neigen dazu, in andere Regionen ihres Heimatlandes oder in die direkten Nachbarländer zu flüchten.

und andererseits:

SPIEGEL: Auch viele europäische Länder haben mit steigendem Meeresspiegeln zu kämpfen. Könnte auch eine Migration in die andere Richtung, von Norden nach Süden, stattfinden?

Slente: Ich glaube nicht. Länder wie die Niederlande oder Dänemark, wo ich lebe, haben die Ressourcen, um sich technologisch auf die Klimakrise einzustellen. Es ist eine völlig andere Situation als in vielen Konfliktländern im Globalen Süden.

Und das ist doch völlig am Problem vorbei: Es geht ja nicht (nur) um die Frage ob nordische Länder in Europa die Ressourcen haben, mit den Folgen des Klimawandels umzugehen. Sondern eben auch um die Frage wohin Europäer aus dem zunehmend heissen und trockenen Süden flüchte. Quizfrage. Werden Menschen aus Südspanien oder Griechenland eher in Richtung Nord oder Süd migrieren?

Ich finde es spannend, wie wir die Augen fest davor verschließen, dass wir zwar problemlos versuchen können, die Außengrenzen Europas abuzuschotten – das es innereuropäisch aber nicht so einfach sein wird. Und selbst wenn wir Grenzen wieder errichten und Schengen aussetzen: Wie lange werden es die nordischen Länger aushalten, sich gegen einen Strom aus südlichen Ländern zu stemmen?

In sofern kann ich das Schlussfazit des Artikels zu 100% unterstreichen. Denn nichts wird uns so teuer zu stehen kommen, wie nichts zu tun:

Slente: (…) Wir müssen dringend die Mittel für die Klimaanpassung aufstocken, vor allem in den am meisten betroffenen Ländern. Auch die Regierungen dieser Länder müssen dem Thema Klimamigration viel mehr Beachtung schenken, es muss ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Und humanitäre Organisationen müssen sich stärker auf Klimathemen konzentrieren, um die Zahl der Vertriebenen gering zu halten. Wenn wir nicht entschieden reagieren, dann wird sich die Zahl der Menschen, die humanitäre Hilfe benötigen, bis 2050 auf mehr als 200 Millionen pro Jahr verdoppeln. Das wird sehr teuer werden.

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